25.11.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 204 / Tagesordnungspunkt III

Ewald SchurerSPD - Haushaltsgesetz 2017 (3. Beratung)

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Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalt 2017 dieser Bundesregierung hat eine innere Logik und eine Linie. Ich will dazu sagen: Der Kampf um die Deutungshoheit zwischen Opposition und Regierung lebt auch davon, dass die Opposition eine Linie findet, wie sie kritisiert.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ihre Linien sind doch flache Linien!)

Tobias Lindner, geschätzter Kollege aus dem Haushaltsausschuss, ich habe den Eindruck, dass diese Linie nicht gefunden wurde. Es gibt immer wieder ritualisierte Kritiken, die man in jeder Haushaltsdebatte anbringen könnte,

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, die tun weh!)

aber zählen und wirklich treffen tun sie selten.

Ich will Frau Hajduk hier loben, die in ihrer Analyse in der Tat einen wichtigen Punkt herausgegriffen hat, nämlich den Verteilungsschlüssel für das 5‑Milliarden-Euro-Programm. Da gab es – das muss man offen und ehrlich zugeben – in dieser Koalition zwischen CDU/CSU und SPD ausnahmsweise ein kleines Problem angesichts der Frage, wie man die Verteilungslogik verbessern könnte. Das gebe ich zu.

Ein Haushalt, der bei Bildung und Forschung gegen 18 Milliarden Euro geht; ein Haushalt, der für die Infrastruktur mehr Mittel ausweist, als – wie jetzt nachgewiesen – verplant und verbaut werden können; ein Haushalt, in dem der Etat – ich habe es gerade von dem geschätzten Kollegen gehört – für die wirtschaftliche Zusammenarbeit seit Beginn dieser Koalition, also nach der ­Niebel-Delle, um 35 Prozent in drei Jahren erhöht wurde;

(Beifall bei der SPD)

ein Haushalt, der Familien nach vorne bringt; ein Haushalt, der für den Bereich Migration und Bekämpfung der Fluchtursachen insgesamt 20 Milliarden Euro generiert – das ist ein Haushalt, der Substanz hat. Das ist ein Haushalt, der in die richtige Richtung geht. Ich muss natürlich auch konstatieren, dass es immer darauf ankommt, die vorhandenen Mittel nicht nur bereitzustellen, sondern auch für eine gute Allokation zu sorgen.

In meinem Bereich – ich habe es gestern hier vertreten – geht es darum, dass wir feststellen können: 138 Milliarden Euro haben wir künftig im Bereich Arbeit und Soziales. Das sind 42 Prozent des gesamten Budgets. Da kommt es darauf an, wieweit man zum Beispiel in den verschiedenen Bereichen Armut bekämpft, wieweit man Menschen, die benachteiligt sind, vielleicht auch mit neuen Ideen und Instrumenten aus ihrer Situation herausholt und sie aktiviert, damit sie wieder am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Da gibt es Punkte, die ich sehr kritisch sehe. Aber wir haben einen Haushalt, der sich insgesamt sehen lassen kann.

Der Haushalt lebt davon, dass wir investieren. Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, allein 36 Milliarden Euro – das ist ein Neuntel des gesamten Haushaltes – entfallen auf Investitionen, und wir wissen, dass wir schon nächste Woche wegen der Investitionen in die Schulen im nächsten Jahr über einen Nachtragshaushalt debattieren. Der Haushalt kann sich deswegen sehen lassen, weil er die investiven Aufgaben der Zukunft proaktiv aufnimmt. Es ist nicht so, wie es die Opposition behauptet, nämlich dass wir wesentliche Herausforderungen der Gesellschaft nicht aufnähmen. Das Gegenteil ist der Fall.

(Beifall bei der SPD)

Eine Regierung soll immer selbstkritisch sein – jawohl! –, eine Regierung soll sich immer verbessern – jawohl! –, aber das haben wir über vier Jahre hinweg gemacht. Es war ja nicht so, dass Union und SPD immer und überall die gleiche Meinung hatten, es war ja nicht so, dass der Koalitionsvertrag in zwei Tagen beschlossen wurde, sondern es war ein zähes Ringen um die Deutungshoheit in der Politik.

(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein Hängen und Würgen war’s!)

Auch wenn Herr Schäuble mit seiner ganzen Autorität leider nicht zu allen SPD-Projekten Ja sagen konnte – Herr Schäuble, da hätten Sie noch Spielraum und Luft nach oben gehabt –, tragen wir Sozialdemokraten den Haushalt mit; denn wir wollen einen nachhaltigen Haushalt. Das muss man neben aller feinen Ironie sagen dürfen. Wir wissen, wir können nur das finanzieren, was wir über die Wertschöpfung ökonomisch darstellen können. Da gab es schon einen Minimalkonsens, wiewohl sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in gewissen Gebieten investiv noch mehr hätten vorstellen können.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. Es geht doch bei diesem Haushalt vor dem Hintergrund einer völlig veränderten gesellschaftlichen Debatte und der Gefahr, dass Rechtspopulismus gesellschaftliche Zusammenhänge verwässert und Menschen auf die falsche Spur bringt, darum, dass die demokratischen Parteien dazu in der Lage sind, mit einem Minimalkonsens auf die Herausforderungen der Zukunft zu reagieren. Ob Verteidigung, innere Sicherheit, Bildung oder Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Wir geben die Antworten.

Man muss sich auf bestimmte Punkte beschränken und mit dem Haushalt Botschaften senden. Der Haushalt bietet die Gelegenheit, den Menschen draußen zu erklären, worum es geht. Es geht um die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in allen 16 Bundesländern und um eine faire Integration derer, die zu uns kommen und bei uns bleiben. Es geht also um mehr Miteinander, um die Sicherung einer ökonomischen Tragfähigkeit für die Zukunft. Das ist Sozialstaat, das ist soziale Marktwirtschaft, und dafür stehen wir.

Ganz herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich erteile das Wort nun dem Kollegen Reinhard Brandl für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7036143
Wahlperiode 18
Sitzung 204
Tagesordnungspunkt Haushaltsgesetz 2017 (3. Beratung)
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