01.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 206 / Tagesordnungspunkt 4

Maria MichalkCDU/CSU - Drittes Pflegestärkungsgesetz

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Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Damen und Herren! Manchmal finde ich es schon ein bisschen komisch, dass wir Menschen immer nur das laut sagen, was nicht funktioniert, was nicht geht, was wir noch haben müssen, wo es Probleme gibt.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich höre von Ihnen zu unseren Anträgen auch nichts anderes!)

Warum demotivieren Sie sich denn selber so?

Heute ist der Tag, an dem wir darüber reden, was wir für die Pflegebedürftigen, ihre Angehörigen und die Pflegekräfte in einem dreistufigen Pflegereformkonzept umgesetzt haben. Und das ist ein guter Tag für die Pflege, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Worum geht es hier eigentlich? Jeder Mensch hat Sorge, dass er pflegebedürftig wird; das ist unabhängig vom Alter. Das kann durch die Geburt, durch einen Unfall in der Kindheit oder in der Jugend, durch eine schwere Krankheit – unabhängig vom Alter – kommen, es kann aber auch im Alter passieren. Alle wünschen sich, dass sie nicht pflegebedürftig werden, aber Pflegebedürftigkeit gab es schon immer. Früher, im Familienverbund, in den Drei-Generationen-Familien, hat man sich gegenseitig geholfen, und diesen Grundgedanken enthält heute die Pflegeversicherung.

Als wir vor gut 20 Jahren, 1995, die gesetzliche Pflegeversicherung etabliert haben – damals noch im Wasserwerk in Bonn –, wussten wir, dass hier ein enormer Bedarf auf uns zukommt und dass vieles nicht im ersten Schritt geregelt werden kann. 20 Jahre lang wurde im Zusammenhang mit der Pflegeversicherung vieles aufgebaut.

Liebe Frau Zimmermann, ich kann Ihnen nur empfehlen, mit Leuten, die schon vor 30 Jahren pflegebedürftig waren und heute vielleicht Gott sei Dank noch leben, darüber zu reden, wie die Pflegeheime zu DDR-Zeiten aussahen. Wenn Sie hier behaupten, da sei nichts geschehen: Das ist eine Lüge und entspricht nicht der Wirklichkeit. Entschuldigung, aber das musste einmal gesagt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Es geht doch um heute und nicht um vor 30 Jahren! – Gegenruf des Abg. Tino Sorge [CDU/CSU])

In diesen Jahren ist infrastrukturell vieles aufgebaut worden. Ich denke zum Beispiel an die Erhöhung der Zahl der Pflegefachkräfte in ganz unterschiedlicher Form. Auch heute gibt es noch private Institute, die mit Schulgeld Pflegekräfte ausbilden. Das und vieles mehr hat sich im Laufe der Zeit entwickelt,

(Pia Zimmermann [DIE LINKE]: Es geht doch um heute!)

und es ist immer besser geworden. Aber wir haben natürlich erkannt, dass durch die Veränderungen in der Gesellschaft an vielen Stellen Korrekturen – wir sagen dazu: Reformen – notwendig sind. Diese haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart – hier waren wir uns einig –, und jetzt haben wir sie in drei Schritten konsequent umgesetzt.

Im Ersten Pflegestärkungsgesetz, das im Januar letzten Jahres in Kraft getreten ist, haben wir sehr viele einzelne Maßnahmen etabliert; sie sind von unserer Staatssekretärin heute schon genannt worden. Dafür haben wir einen Zusatzbeitrag von 0,3 Prozentpunkten ins Gesetz geschrieben. Ich will hier noch einmal feststellen, dass mich kein einziger Brief mit einem Protest erreicht hat, dass der Beitrag in der Pflegeversicherung erhöht wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf der Abg. Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Akzeptanz für diese Aufgabe ist nämlich in der Gesellschaft enorm angestiegen. Das ist ein Prozess, und darüber können wir uns freuen. Wir sind hier aber noch nicht am Ende des Tages.

Wir haben dann entschieden, dass von diesen 0,3 Prozentpunkten Beitragssatzerhöhung 0,1 Prozentpunkte in eine Rücklage fließen und somit dazu beitragen, bis zum Jahr 2033 einen Vorsorgefonds aufzubauen.

(Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])

Damit betreiben wir Vorsorge. Auch in diesem Bereich gilt, in guten Zeiten für schlechte Zeiten vorzusorgen; das macht man zu Hause genauso. Wir machen das verantwortungsvoll in einem solidarischen System. Das ist sinnvoll, um mit der steigenden Zahl an Pflegebedürftigen in späteren Jahren – das ist heute schon zu erkennen – besser umgehen zu können. Das ist eine vernünftige Maßnahme gewesen.

Ich möchte Ihnen auch in Erinnerung rufen, dass die Umstellung im PSG II von drei Pflegestufen auf fünf Pflegegrade, um den Bedürfnissen der Menschen besser gerecht zu werden, ein richtiger Schritt war. Wir befinden uns im Dezember 2016. Dieses Jahr war das sogenannte Vorbereitungsjahr. Ich will mich an dieser Stelle wirklich bei allen Fachleuten und Fachkräften in den einzelnen Einrichtungen bis runter zu denen, die in der Pflegeversicherung und in den Koordinierungskreisen arbeiten, bedanken, dass sie die Umstellungsprozesse in diesem Jahr auf den Weg gebracht haben. Dadurch können wir pünktlich am 1. Januar 2017 sagen: Niemand wird schlechtergestellt. Dafür an alle ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist für die beteiligten Menschen und die Verwaltung eine enorme Arbeit gewesen.

Im Pflegestärkungsgesetz III geht es um die Klarstellung der Schnittstellen zwischen – technisch gesagt – dem SGB XII, also der Hilfe zur Pflege, und dem eigentlichen Pflegegesetz. Damit wollen wir verhindern, dass in Zukunft Menschen von Pontius zu Pilatus geschickt werden, dass es zu weiteren Verschiebebahnhöfen kommt oder gar weitere Koordinierungskreise mit entsprechenden Bezeichnungen etabliert werden. Das ist also für alle sinnvoll.

Mit diesem Gesetz geben wir den Kommunen den Schlüssel in die Hand, um ihre Angebote vor Ort besser zu vernetzen, auch wenn es hier und da einen Bürgermeister gibt – das ist Gott sei Dank nicht flächendeckend so –, der gar nicht weiß, was in der Pflege in seinem Zuständigkeitsbereich passiert. Die Kommunen können so jedenfalls besser koordinieren und beraten und auch die aufsuchende häusliche Beratung durchführen. Diese Aufwendungen bekommen sie zwar von der Pflegeversicherung ersetzt; trotzdem bleibt es bei der kommunalen Selbstverwaltung. Auch das muss man an dieser Stelle erwähnen. Ich empfinde das als eine richtige Maßnahme, die dabei helfen wird, das Geschehen vor Ort besser zu koordinieren, und zwar um die Menschen dabei zu unterstützen, möglichst lange in ihrer häuslichen Umgebung bleiben zu können. Wenn das nicht mehr geht, werden sie sofort Unterstützung bekommen, um den Platz in einem Heim zu erhalten, den sie brauchen.

Für unvorhergesehene Situationen haben wir schon im PSG I eine Freistellung von der Arbeit für maximal zehn Tage eingeführt, damit man die Pflege für seine Lieben organisieren kann. Auch diese von uns beschlossene Maßnahme ist wichtig und richtig und muss genutzt werden. Dass dieses niedrigschwellige Angebot bisher so schlecht angenommen worden ist – in diesem Sommer gab es gerade einmal, wenn ich das richtig sehe, bundesweit knapp 500 Anträge –, liege, so habe ich erst gedacht, an einer Fehlinformation.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, es nützt nichts! Deshalb wird es nicht angenommen!)

Aber nein, es ist so: Dieses Instrument ist einfach noch nicht bekannt genug.

(Elisabeth Scharfenberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn es den Menschen nützen würde, würden sie es annehmen!)

Deshalb sind die koordinierenden Kreise vor Ort wichtig, um alle niedrigschwelligen Angebote bei den Leuten bekannt zu machen.

Ich möchte zum Schluss darauf hinweisen – diesen Punkt hat auch der Kollege Lauterbach angesprochen –, dass sich die Entlohnung der schweren Arbeit der Pflegekräfte in den Pflegesätzen widerspiegeln muss. Das darf natürlich nicht dazu führen, dass der Träger jahrelang ein Minus erwirtschaftet; denn dann müsste er ja Insolvenz anmelden. Wir haben deshalb extra im Änderungsantrag festgeklopft, dass die Entlohnung unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten erfolgen muss. Ich kann von daher nur an alle Verhandler – das sind die Pflegekassen und die Krankenkassen, aber auch die kommunale Seite – appellieren, dass sie mit diesem Instrument vernünftig umgehen; denn sonst wird es eine Wanderungsbewegung der Pflegekräfte zugunsten der Ballungsgebiete oder der Länder geben, die mehr zahlen können, zulasten der ländlich strukturierten Regionen. Das wollten wir auf keinen Fall.

Frau Kollegin, auch Sie müssen zum Schluss kommen.

Deshalb ist das ein gutes Gesetz.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Pia Zimmermann hat als nächste Rednerin das Wort für die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7038509
Wahlperiode 18
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Drittes Pflegestärkungsgesetz
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