01.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 206 / Tagesordnungspunkt 5

Stephan StrackeCDU/CSU - Rentenniveau

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte gibt einen kleinen Vorgeschmack auf die Auseinandersetzungen, die wir im nächsten Jahr erwarten dürfen. Der Rentenwahlkampf ist eröffnet. Die Oppositionsparteien und die SPD scheint ja eines bei dieser heutigen Debatte zu einen: Sie liefern sich einen Überbietungswettbewerb – einen Wettbewerb darum, wer den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern durch zusätzliche Beiträge tiefer in die Tasche greifen will.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die kriegen ja auch mehr raus!)

Das eint Sie.

Der Ansatz der Union ist in diesem Bereich ein ganz anderer. Wir wollen an dem Beschäftigungsniveau, das wir derzeit haben, festhalten. Wir sehen derzeit nicht diesen Handlungsbedarf mit Blick auf das Rentenniveau, sondern meinen, dass wir alles für die richtigen politischen Weichenstellungen für die Zukunft tun müssen. Das bedeutet vor allem, die richtige Arbeitsmarktpolitik zu machen. Und bei der Beschäftigung, bei den Arbeitslosenzahlen sind wir in den letzten Jahren sehr erfolgreich; da haben wir sehr viel erreicht. Drei von vier Frauen sind heute erwerbstätig, und auch die älteren Beschäftigten verbleiben länger im Arbeitsleben. Das ist eine sehr gute Entwicklung.

Dennoch verschließen wir natürlich auch nicht die Augen vor den demografischen Entwicklungen, die auf uns zukommen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Nichts zur Produktivität! Nichts zum Wirtschaftswachstum!)

Es wird wirklich tiefgreifende Veränderungen geben, wenn sich die Anzahl derjenigen im Erwerbstätigenalter in der Bevölkerung Mitte der 2030er-Jahre von 50 Millionen auf 36 Millionen reduzieren wird und es 40 Prozent mehr Rentner als heute geben wird.

Das bedeutet, dass wir einer stabilen Demografiebrücke bedürfen. Deswegen bedarf es eines Gesamtpakets. Und dazu gehören auch gute Löhne. Deswegen sind die Tarifbindung und die Anbindung von tariflich abgeschlossenen Lohnvereinbarungen so notwendig. Dazu trägt auch der Mindestlohn ein Stück weit bei. Natürlich müssen wir auch alles tun, damit das Beschäftigungsniveau so lange wie möglich auf dem jetzigen Stand gehalten werden kann. Deswegen tun wir auch alles, um die Arbeitslosigkeit zurückzudrängen. All das tun wir, weil die Rente letztlich das Spiegelbild des Erwerbslebens darstellt. Deswegen gehört zu einer guten Sozialpolitik, die Bildungspolitik weiter in den Mittelpunkt zu stellen – das tut Bayern beispielsweise vorbildlich –, aber auch die Gesundheitsförderung, die Prävention und die Reha. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Arbeitsplätze Menschen krank und kaputtmachen. Wir müssen dafür sorgen, dass die Menschen das Renteneintrittsalter tatsächlich erreichen können. Auch dafür hat diese Große Koalition schon sehr viel getan.

Was das Rentenniveau angeht: Wenn man sich das einmal ansieht, stellt man fest: Es ist weitaus besser, als alle Prognosen besagen. Das hat viel mit der derzeit guten wirtschaftlichen Lage und mit der Anzahl an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen zu tun. Deshalb ist es so wichtig, genau darauf den Akzent zu setzen.

Tendenziell wird ein viel zu niedriges Rentenniveau ausgewiesen. Darauf weist beispielsweise die Deutsche Bundesbank in ihrem Bericht vom August dieses Jahres hin. Zum einen wird die Erhöhung des Renteneintrittsalters nicht wirklich abgebildet. Das Rentenniveau wird also eher weit weniger sinken, als wir überall lesen. Zum anderen wird das Gesamtversorgungsniveau sehr wohl stabilisiert, und zwar durch die Riester-Rente. Auch darauf weist die Deutsche Bundesbank hin. Das gilt auch im Zeitalter der Niedrigzinspolitik.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: War das nicht Ihr Parteichef, der gesagt hat: „Riester ist gescheitert“?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir setzen vor allem da an, wo typische Armutsrisiken bestehen. Das betrifft die Erwerbsgeminderten. Derzeit sind 500 000 Erwerbsgeminderte auf Grundsicherung im Alter angewiesen; dies ist ein schwerwiegendes Thema. Es sind im Übrigen 320 000 mehr als 2003. Deswegen hat diese Große Koalition bereits in ihrem Rentenpaket mit der Erhöhung der Zurechnungszeit reagiert. Wir werden dies nochmals tun.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Was macht ihr für die, die schon in der Erwerbsminderungsrente sind? Nichts!)

Ich glaube, das ist der richtige Ansatz, um gerade in diesem Bereich zu helfen. Deswegen machen wir hier entsprechend weiter.

Bei der Rentenleistung im Alter wollen wir diejenigen, die ein Leben lang gearbeitet und auch vorgesorgt haben, besserstellen als diejenigen, die nicht gearbeitet haben und sich nicht um ihre Altersvorsorge gekümmert haben. Arbeit und Vorsorge müssen sich im Alter auszahlen. Das heißt aber auch: Die Zugangsvoraussetzung für eine Besserstellung muss ein kapitalgedecktes Standbein sein. – Das sieht der Koalitionsvertrag auch so vor.

Frau Nahles möchte mit ihrer Solidarrente bereits die langjährige Zahlung von Beiträgen in die gesetzliche Rente genügen lassen. Das ist ein zentraler Webfehler dieses Konzepts. Deswegen lehnen wir die Vorschläge in diesem Bereich ab.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ihr seid also gegen die gesetzliche Rentenversicherung? Habe ich das richtig verstanden?)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die gesamte Diskussion, die wir führen, konzentriert sich auf die Rente. Dabei spielt natürlich auch die Frage der richtigen Balance zwischen denen, die derzeit in Rente sind, und denen, die für die Rentenzahlung aufkommen, eine erhebliche Rolle. Deswegen müssen wir da ganz genau aufpassen.

Ich vermisse in dieser Debatte eines. Wir konzentrieren uns ausschließlich auf den Bereich der Rente. Wir sollten aber die Entwicklungen in der Pflege und in der gesetzlichen Krankenversicherung genauso in den Blick nehmen. Nur wenn wir alle drei Sozialversicherungssysteme in den Blick nehmen, führen wir hier eine solide Debatte über die Zukunft der sozialen Sicherungssysteme. Das darf nicht isoliert betrachtet werden, weil man sonst nur einen begrenzten Blickwinkel hat. Wir treten dafür ein, dass wir Pflegeversicherung, Krankenversicherung und Rentenversicherung zusammen in den Blick nehmen. Dafür bietet sich das an, was wir in den letzten Jahren so erfolgreich gemacht haben, nämlich eine breite gesamtgesellschaftliche Debatte, flankiert durch entsprechende Kommissionen. Das halte ich in diesem Bereich für geboten.

Ein herzliches Dankeschön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Stephan Stracke. – Nächster Redner: Dr. Martin Rosemann für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7038574
Wahlperiode 18
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Rentenniveau
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