Philipp MurmannCDU/CSU - Steuerliche Verlustrechnung bei Körperschaften
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hier liegt ein gutes Gesetz vor, auf das viele von uns schon lange gewartet haben. Ich denke, es ist auch eine gute Nachricht für den Unternehmensstandort Deutschland, dass wir heute in dieser Diskussion zum Schluss kommen und das Gesetz verabschieden.
Was ist das Ziel? Das Ziel ist die Stärkung junger und innovativer Unternehmen durch die Möglichkeit, neue Investoren aufzunehmen, ohne dadurch die steuerlich nicht genutzten Verluste zu verlieren. Es soll die Möglichkeit bestehen, Verluste, die in frühen Phasen angefallen sind, mit späteren Gewinnen zu verrechnen und dadurch Eigenkapital zu bilden. Ich denke, genau dieses Ziel können wir mit diesem Gesetz erreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der SPD)
– Genau. Ich denke auch, es lohnt sich.
Wie können wir das Ziel erreichen? Wir schaffen ein neues Instrument, nämlich § 8d Körperschaftsteuergesetz. Er eröffnet sozusagen ein neues Gebäude. Er gibt den Unternehmen die Möglichkeit, auf Antrag von dem Gebäude des bisherigen § 8c in das neue Gebäude des § 8d zu wechseln, um die Verluste, die bisher angefallen sind, mit zukünftigen Gewinnen verrechnen zu können, wie ich es eben schon ausgeführt habe. Dazu müssen die Unternehmen entweder neu sein oder seit drei Jahren denselben Geschäftsbetrieb geführt haben. Damit wollen wir verhindern, dass nicht irgendwelche alten Verluste aus Geschäftsbetrieben, die damit nichts zu tun haben, auch noch mit verrechnet werden können. Ich denke, die Möglichkeit, das mit diesem neuen Gebäude zu lösen, ist eine sehr gute Idee. Wer immer die Idee im BMF hatte, dem müssen wir herzlich dafür danken.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD) – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das war das Finanzministerium NRW! Aber wunderbar! Wir verteilen Lorbeeren an alle, die es verdienen!)
– Aus dem Finanzministerium NRW. Normalerweise sind es nicht Einzelne, die solche Ideen generieren, sondern sie werden in einem Dialog entwickelt und dann zu Papier gebracht, was dann immer noch eine besondere Leistung darstellt.
Was heißt „Geschäftsbetrieb“? Das heißt, dieser Geschäftsbetrieb muss bestimmte Anforderungen erfüllen. Er darf nicht ruhend gestellt werden, er darf keiner anderen Zweckbestimmung zugeführt werden, er darf keinen zusätzlichen Geschäftsbetrieb aufnehmen, er darf keine Beteiligung an Mitunternehmerschaften eingehen, und er darf keine Wirtschaftsgüter zu einem geringeren als dem gemeinen Wert übertragen bekommen. Warum ist das alles so? Das klingt kompliziert. Das ist so, um zu vermeiden, dass irgendwelche Verluste aus anderen Geschäften, die vielleicht vorhanden sind, in den neuen § 8d Körperschaftsteuergesetz hineinwandern. So wollen wir Steuerverluste eindämmen, die früher durch Mantelkäufe – man kauft eine GmbH, die nur Verluste, aber keinen Geschäftsbetrieb mehr hat, und nutzt die Verluste, um irgendetwas anderes zu machen – möglich waren. Das wollen wir verhindern.
Wir haben lange darüber diskutiert: Was bedeutet „Geschäftsbetrieb“, und was bedeutet es, diesen fortzuführen? Wie attraktiv ist der neue § 8d Körperschaftsteuergesetz für junge Unternehmen? Die jungen Unternehmer haben uns in der Anhörung gesagt: Es sei überfällig, dass das Gesetz kommt; denn die großen Unternehmen können Verluste aus ihrem Unternehmen schon immer innerhalb des Unternehmens mit Gewinnen verrechnen. Kleine und junge Unternehmen können das nicht. – Insofern haben wir damit ein Tor für die jungen Unternehmen geöffnet, neue Investoren aufzunehmen. Das ist der wichtigste Aspekt.
Wir haben mit dem BMF und in den Berichterstattergesprächen lange diskutiert. Natürlich ist es bei jungen Unternehmen so, dass der Geschäftsbetrieb nicht geradlinig verläuft, sondern es gibt auch Veränderungen. Am Anfang hat man eine Idee, mit der man beginnt. Diese verändert sich dann leicht. Diese Veränderung muss und wird auch möglich sein. Aber die Unternehmensidentität darf nicht geändert werden. Das ist ein wichtiges Merkmal, an das man sich halten sollte.
Die Grünen werden sich leider kraftvoll enthalten, obwohl wir lange darüber diskutiert haben. Sie sind der Meinung, diese Regelung im Gesetzentwurf sei zu eng gefasst. Darüber kann man reden. Sie meinen, man sollte sie breiter fassen. Die Linken stimmen dagegen. Ihnen ist es zu weit gefasst. Also, man sieht, die Diskussion ist durchaus unterschiedlich. Insofern haben wir einen guten Kompromiss gefunden, den wir jetzt in die Tat umsetzen wollen, um endlich zu beginnen.
Das Thema „EU-Konformität“ haben wir auch intensiv diskutiert. Wir haben keinen Comfort Letter bekommen. Das BMF und das BMWi haben keinen Comfort Letter bekommen. Insofern gibt es ein gewisses Risiko. Wir denken aber, das Risiko ist vertretbar; denn der geplante § 8d Körperschaftsteuergesetz gilt grundsätzlich für alle Unternehmen. Es ist auch ein formelles Bestreben der EU-Kommission, dass gerade junge Wachstumsunternehmen durch alle möglichen Maßnahmen gestärkt werden. Genau dem tragen wir mit diesem Gesetz Rechnung. Also setzen wir es auch ohne Vorbehalt in Kraft. Ich denke, das ist auch gut so.
Ganz zum Schluss noch vier kurze Aspekte.
Erstens: Wirkung zum 1. Januar 2016. Dies hat den Vorteil, dass alle Anteilsübertragungen schon in diesem Jahr mit eingehen.
Zweitens: Evaluierung nach drei Jahren. Nach drei Jahren werden wir uns das noch einmal ansehen und prüfen: Wie attraktiv ist das Gesetz überhaupt? Wie viele Anträge sind gestellt worden? Müssen wir vielleicht noch einmal nachjustieren?
Drittens. Die Kommunalpolitiker schauen immer besonders auf ihre Zahlen. In der kleinen Tabelle steht: 235 Millionen Euro Steuerausfälle bei den Kommunen. Dabei muss man nur immer schauen, welche Kommunen es denn trifft. Es sind natürlich die Kommunen, in denen es junge Wachstumsunternehmen gibt, die neue Investoren finden und damit in den Genuss des neuen § 8d Körperschaftsteuergesetz kommen, also nicht die Kommunen, die vielleicht sowieso finanziell extrem unter Druck stehen. Es sind in der Regel Kommunen, die Gewerbebetriebe haben, die Körperschaften haben, die überhaupt in der Lage sind, den neuen Paragrafen anzuwenden.
Der vierte und letzte Punkt: ein herzliches Dankeschön an alle, die daran mitgewirkt haben. Heinz Riesenhuber hat heute nicht nur Geburtstag, sondern ist auch einer der Väter zumindest des Antriebs dieses Gesetzes. Insbesondere gilt der Dank den Mitarbeitern des BMF, auch Ihnen, Herr Dr. Meister, aber auch den Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums sowie Helge Braun vom Bundeskanzleramt, der das Ganze positiv koordiniert hat; denn am Ende ist etwas Gutes herausgekommen. Insofern möchte ich Sie bitten, ein positives Zeichen zu setzen und diesem guten Gesetz zuzustimmen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Als nächster Redner spricht Richard Pitterle für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7038641 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Steuerliche Verlustrechnung bei Körperschaften |