Matthias IlgenSPD - Steuerliche Verlustrechnung bei Körperschaften
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dann muss ich zunächst dem Kollegen Riesenhuber gratulieren – natürlich zuerst zum Geburtstag –; denn wir haben uns in den letzten Jahren viele Male im Ausschuss über dieses Thema unterhalten.
Wie Sie wissen, hat der Erfolg sehr viele Väter. Peer Steinbrück und ich haben für unsere Fraktion einmal ein Papier mit 29 Thesen geschrieben, wie das im Steuerrecht vereinfacht werden kann, was man tun könnte, um praktische Probleme zu lösen. Einer der ganz dicken Kernpunkte war die Körperschaftsteuer – § 8c. Nun ist der Kollege Pitterle von den Linken leider schon entschwunden; er musste in einen wichtigen Untersuchungsausschuss. Das ist schade; denn ich hätte ihm gern selbst gesagt, dass er nicht verstanden hat, was wir mit diesem Gesetz tun wollen. Er hat es nämlich kritisiert und gesagt, das sei quasi ein neues Steuerschlupflochmodell und lade die Konzerne ein, neue Gestaltungsmöglichkeiten zu entwickeln. Was er aber nicht verstanden hat, ist, dass wir gerade mit diesem Gesetz versuchen, kleine junge und innovative Unternehmen – das mögen rechtlich GmbHs sein –, die am Anfang nicht in Konzernstrukturen unterwegs sind, sondern in der Regel von den Gründern, den Eigentümern geführt werden –, gleichzustellen. Wir reden in Europa und auch hier im Deutschen Bundestag immer so schön vom Level Playing Field, also von den gleichen Rahmenbedingungen, und die wollen wir hier endlich auch für die Start-up-Szene schaffen, damit sie ihre Verluste, wenn dies berechtigt ist, genauso loswerden können wie andere.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Kollege Gambke, ich finde es in Ordnung, dass wir über steuerliche Forschungsförderung reden wollen. Das braucht sicherlich ein Extragesetz. Man darf das nicht mit der Fragestellung in einen Topf werfen: Wie gehen wir mit berechtigten Verlusten um, die am Beginn eines Unternehmens entstehen, wenn investiert wird und noch kein Gewinn erzielt werden kann, weil noch keine Produkte am Markt sind, weil das Geschäftsmodell noch nicht vollständig ausgereift ist? Das darf man nicht in einen Topf werfen und sagen: Wir können dem einen nicht zustimmen, weil wir das andere auch wollen. – Stimmen Sie dem einen zu, dann machen wir gemeinsam das andere auch noch. Das wäre die Lösung an dieser Stelle.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir Wirtschaftspolitiker stellen täglich bei unseren Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern – insbesondere der jungen und innovativen Unternehmen – in diesem Land fest, dass wir viele Hemmnisse haben, die wir Politiker manchmal gar nicht sehen, weil wir all unsere Gesetze – das hat Kollege Binding so schön gesagt – in bester Absicht hier im Deutschen Bundestag machen, weil wir Lösungen und Rahmenvorschläge so zu gestalten versuchen, dass der Staat und auch die Wirtschaft funktionieren können. Auf der anderen Seite gibt es manchmal eben auch Paragrafen, die dem einen oder anderen hinderlich sind bei dem, was er tun will. Wenn man das feststellt, muss man die Ehrlichkeit aufbringen und sagen: „Wir gucken uns an, was das bedeuten würde, wenn man das machte“, und dann einen Lösungsvorschlag unterbreiten. Das ist ein Weg, den man gehen kann.
Natürlich ist Gesetzgebung auch immer Trial and Error. Das wissen wir, und deswegen begrüßt die SPD-Bundestagsfraktion eindeutig die Evaluierung nach drei Jahren. Dann werden wir nämlich Zahlen an der Hand haben und schauen können, wie sich das entwickelt hat. Aber die hier an die Wand gemalten Horrorszenarien von Milliarden und Abermilliarden werden nicht stattfinden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Horrorszenarien?)
Und das wissen Sie auch. Sie sagen das hier wider besseres Wissen.
(Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Mal sehen, was die Evaluierung bringt! – Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Ja, genau!)
Da sind wir alle miteinander gespannt.
Der Bereich Wagniskapital muss auch in den kommenden Jahren weiter genau angeschaut werden. Wir müssen aufholen. Lothar Binding hat hier die Vereinigten Staaten von Amerika genannt, die sozusagen Vorzeigeland bei dieser Entwicklung sind. Aber auch ein Blick in die europäische Nachbarschaft lohnt sich. Großbritannien ist zwar ein schlechtes Beispiel – wir hatten gerade den Brexit –, aber wir können einmal nach Holland gucken. Wenn ich sehe, dass man dort das x-Fache an Wagniskapitalinvestitionen pro Kopf wie in der Bundesrepublik Deutschland hat, weiß ich doch: Man kann da besser werden, auch ohne dass man alle Rahmenbedingungen und Gesetzgebungen in diesem Bereich aufgeben muss und sozusagen nur noch den amerikanischen Wilden Westen hat. Ich glaube nicht, dass die Holländer den haben, sondern es lohnt sich, in die Nachbarschaft zu gucken und in Deutschland in den kommenden Jahren weiter Projekte in dieser Richtung umzusetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als besonderes Geburtstagsgeschenk erhält jetzt der Kollege Professor Dr. Heinz Riesenhuber die Gelegenheit, diese Debatte abzuschließen.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber nur drei Minuten!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7038658 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Steuerliche Verlustrechnung bei Körperschaften |