Dagmar SchmidtSPD - Ermittlung von Regelbedarfen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir reden heute über Gesetze, die mehr als 8 Millionen Menschen in Deutschland betreffen, davon allein 2 Millionen Kinder und noch einmal 260 000, die über den Kinderzuschlag von dem betroffen sind, was wir hier und heute beschließen.
Wir haben uns bei der Methodik für das sogenannte Statistikmodell entschieden. Ich gebe allen Rednerinnen und Rednern recht, die heute gesagt haben: Wir müssen an dieser Stelle ganz besondere Sorgfalt walten lassen, weil es um viele Menschen geht. Es geht nicht nur um diejenigen, die im Leistungsbezug nach dem SGB II sind, die Arbeitslosengeld bekommen, die manchmal jung sind und an ihrer Situation noch etwas verändern könnten, sondern es geht auch um diejenigen, die alt und krank sind, die mit einer Behinderung leben und denen es deswegen nicht mehr möglich ist, an ihrer Situation etwas zu ändern. Genau deswegen müssen wir eine besondere Sorgfalt an den Tag legen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch müssen wir eine besondere Sorgfalt walten lassen, weil es um viele Kinder geht.
Frau Lösekrug-Möller hat es gesagt: Wir erhöhen die Regelbedarfsstufe 5 um 21 Euro. Das ist super für all diejenigen, die jetzt diese 21 Euro mehr bekommen.
(Beifall des Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD])
Aber dies ist auch ein Hinweis darauf, dass wir uns vielleicht noch einmal genau angucken müssen, ob unsere Methodik wirklich ein valides Verfahren darstellt, um gerade für die Kinder angemessene Regelsätze zu ermitteln. Ich glaube, da haben wir eine Aufgabe für die Zukunft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die SPD hat es sich zur Aufgabe gemacht, die konkreten Probleme zu lösen, die uns in unseren Bürgersprechstunden, bei Gesprächen, die wir führen, auf den Tisch gelegt werden. Das war zunächst einmal die Frage der sogenannten Erstrenten, zu denen auch die Staatssekretärin schon etwas gesagt hat. Wer Arbeitslosengeld bezieht und dann in Rente geht, der hat bislang zu Beginn des Monats sein Geld bekommen, bekommt es dann zum Ende des Monats und hat einen Zeitraum vor sich liegen, in dem er sehen muss, wie er zurechtkommt. Das wollen wir jetzt mit einem Darlehen unterstützen, das nicht vollständig abbezahlt werden muss. Ich glaube, diese Problemlösung ist mehr als angemessen angesichts einer solchen Lücke im sozialen System.
(Beifall bei der SPD – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unterdeckung!)
Wir hätten gerne dasselbe Prinzip, nämlich dass wir die Menschen nicht aus der Verantwortung lassen, ihnen aber auch nichts aufbürden, was sie am Ende des Tages nicht leisten und nicht stemmen können, auch für die sogenannte Weiße Ware oder für unerwartet steigende Stromkosten angewandt. Leider hatten wir die Kraft in dieser Koalition nicht, das auch umzusetzen.
(Kerstin Griese [SPD]: Sehr schade!)
Wir haben eine weitere Diskussion geführt. Dabei ging es um die Frage der Mobilität. Auch da haben wir im Vergleich zu der Regelbedarfsermittlung der letzten Legislatur eine deutliche Verbesserung erzielt. Aber wir haben noch immer nicht das Problem gelöst, das Menschen haben, die im ländlichen Raum leben. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist. Ich komme aus dem ländlichen Raum. Nicht alles, was man zum Leben an Mobilität haben muss, ist über den öffentlichen Personennahverkehr gewährleistet. Ab einem bestimmten Alter und auch ab einer bestimmten Steigung ist auch nicht mehr alles wirklich zwingend mit dem Fahrrad zu erledigen.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: E-Bike!)
Ich bin froh, dass wir mit einem Gesetz, das wir heute Morgen beschlossen haben, wenigstens erreichen konnten, das Schonvermögen im SGB XII so zu erhöhen, dass ein günstiger Pkw darunterfällt. Das ist zumindest ein kleiner Schritt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich bin besonders traurig darüber, dass wir Folgendes nicht geschafft haben – Ordnungspolitik hin oder her; die Debatte hätten Sie schon mit Frau von der Leyen führen müssen, als Sie das Grundprinzip eingeführt haben –: Die jetzige Situation, dass Lernförderung in Form von Nachhilfe nur für diejenigen Kinder gilt, die akut davon betroffen sind, sitzen zu bleiben, und ich keine Möglichkeit habe, denjenigen Kindern Nachhilfe zu geben, die das Potenzial, das Talent und den Willen haben, sich zu verbessern, vom B- in den A-Kurs, von der Hauptschule in die Realschule zu kommen, ist etwas, was ich schon ziemlich bitter finde und was wir uns hätten leisten müssen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ein weiterer Punkt war die Frage des Umgangsmehrbedarfs. Auch dazu haben wir eine lange Diskussion geführt. Dabei geht es darum, dass Menschen, die ihre Kinder in zwei Haushalten aufziehen, weil sie getrennt leben, einfach höhere Kosten haben, und diese an dieser Stelle auch berücksichtigt werden müssten. Dazu, das durchzusetzen, hatten wir ebenfalls nicht die Kraft – ich hoffe, dass wir auch das irgendwann wieder auf die Tagesordnung setzen können –;
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach der nächsten Bundestagswahl machen wir das!)
das ist sehr schade. Auch das wäre eine wichtige sozialpolitische Maßnahme gewesen.
(Beifall bei der SPD)
Frau Kollegin Schmidt, denken Sie bitte an die Zeit.
Ich denke an die Zeit, habe aber noch einen grundsätzlichen Punkt, den ich gerne loswerden möchte.
Da hier immer nur über die Höhe der Transferleistungen geredet wird: Es geht nicht nur um die Höhe der Transferleistungen, sondern auch um eine soziale Infrastruktur, die wir für alle Menschen ausbauen müssen. Wenn ich mir anschaue, was diese Koalition für die Kommunen auf den Weg gebracht und geleistet hat, dann kann ich nur feststellen, dass das ein wichtiger sozialpolitischer Beitrag ist.
(Beifall bei der SPD)
Wir dürfen diejenigen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, nicht vernachlässigen.
In diesem Sinne: Glück auf und noch einen schönen Abend!
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank. – Für die CDU/CSU-Fraktion hat jetzt der Kollege Tobias Zech das Wort.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7038715 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Ermittlung von Regelbedarfen |