01.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 206 / Tagesordnungspunkt 14

Sevim DağdelenDIE LINKE - Türkeipolitik

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Verehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die letzten Monate haben uns eindringlich gezeigt, dass wir eine radikale Wende in der Türkei-Politik der Bundesregierung brauchen. Es kann nicht sein, dass der türkische Staatspräsident Erdogan immer mehr Leute verhaften, entlassen und, ja, auch foltern lässt. Aber das Einzige, was der Bundesregierung und vor allem Bundeskanzlerin Merkel dazu einfällt, ist es, sich besorgt, ja bestenfalls alarmiert zu zeigen. Dass diese zur Schau gestellte Besorgnis irgendetwas bewirkt, glauben immer weniger Menschen auch in unserem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

In Umfragen wie der von Infratest dimap im August fordern 88 Prozent der Befragten Konsequenzen in der Türkei-Politik angesichts der verheerenden Entwicklungen in der Türkei.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie die Linke wollen diese 88 Prozent kein Weiter-so in der Politik gegenüber der Türkei.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben, wie wir eben auch, kein Verständnis dafür, dass die Bundesregierung außer warmen Worten praktisch nichts unternimmt, um das unterdrückerische islamistische Regime in Ankara zur Freilassung von Akademikern, von Journalisten, von Parteivorsitzenden sowie von mittlerweile über 2 000 inhaftierten Mitgliedern der prokurdischen HDP zu bewegen.

Die HDP-Vorsitzenden Demirtas und Yüksekdag sind in akuter, großer Gefahr, auch weil die türkischen Behörden durch die gemeinsame Unterbringung mit Al-Qaida-Mitgliedern im Hochsicherheitsgefängnis von Edirne auf einen Lynchmord spekulieren. Meine Damen und Herren, unternehmen Sie endlich etwas für die Freilassung von Demirtas und Yüksekdag!

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt stöhnen Sie schon wieder: Ja, was kann man denn schon machen? Ich möchte Ihnen wirklich einige Ideen hier mitgeben, was man konkret machen kann.

Beenden Sie die Waffenlieferungen an die Türkei!

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist doch wirklich ein Verbrechen, dass die Türkei im ersten Halbjahr 2016 von Platz 25 auf Platz 8 der Bestimmungsländer deutscher Rüstungsexporte aufgerückt ist, meine Damen und Herren.

Frieren Sie die EU-Beitrittsgespräche ein! Und stoppen Sie endlich auch die EU-Beitrittshilfen wie die Vorbeitrittshilfen!

(Beifall bei der LINKEN)

Ich frage mich auch: Was versprechen Sie sich denn davon, jährlich an eine Diktatur wie die Türkei 630 Millionen Euro an Vorbeitrittshilfen zu bezahlen und damit sozusagen 20 Prozent der aus deutschen Steuergeldern an die EU gezahlten Beiträge an eine Diktatur zu überweisen? Ist es, weil Sie denken, die Türkei sei ein unsinkbarer Flugzeugträger und deshalb brauchten Sie sie? Oder ist es, weil Sie meinen, die Türkei würde uns dann die Flüchtlinge vom Hals halten?

Nicht zuletzt fordern wir auch: Stoppen Sie die geplante Erweiterung der Zollunion mit der Türkei! Denn auf der einen Seite zu suggerieren, dass Sie Skepsis bezüglich der EU-Beitrittsgespräche haben, auf der anderen Seite aber durch die Hintertür die Zollunion zu erweitern und damit dieses Regime zu unterstützen, das nenne ich wirklich ein Täuschungsmanöver. Deshalb müssen Sie damit aufhören.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht aber nicht nur um die Menschen in der Türkei, meine Damen und Herren, es geht auch um die Sicherheit der Menschen hier in Deutschland. Es wird immer deutlicher: Durch Ihre Partnerschaft mit Erdogan haben Sie mit dazu beigetragen, dass sich Mordkommandos der türkischen Geheimdienste hier in Deutschland unbehelligt bewegen können. Presseberichten zufolge tummeln sich über 6 000 Agenten Erdogans hier in Deutschland. Ich finde, das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir als Linke fordern die Ausweisung dieser 6 000 Agenten aus Deutschland. Hören Sie auf, mit Erdogans Diensten zusammenzuarbeiten! Die Bundesregierung steht hier in der Verantwortung, die Menschen in Deutschland vor den Agenten und Schergen des türkischen Geheimdienstes zu schützen.

Sorgen Sie endlich für eine Wende in der Türkei-Politik! Wir sind es leid – wie die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland. Es darf kein Weiter-so mit der Türkei geben. Zeigen Sie endlich konkrete Solidarität mit den Verfolgten in der Türkei, indem Sie Ihre Kumpanei mit Erdogan beenden! Jetzt, meine Damen und Herren, ist die Zeit der Worte vorbei. Sie müssen jetzt als Regierung endlich handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die CDU/CSU spricht der Kollege Dr. Andreas Nick.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Axel Schäfer [Bochum] [SPD])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7038808
Wahlperiode 18
Sitzung 206
Tagesordnungspunkt Türkeipolitik
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