Anette Kramme - Grundsicherung für arbeitsuchende Ausländer
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Dass Menschen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu uns kommen und hier arbeiten können, das ist eine große und wichtige Errungenschaft der europäischen Einigung. Europa ist Gott sei Dank mehr als eine Freihandelszone. Nicht nur für Kapital und Handel gilt Freizügigkeit, auch die Bürger der Europäischen Union können sich in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union frei bewegen.
Meine Damen und Herren, es besteht nach europäischem Recht ein Zusammenhang zwischen dem Freizügigkeitsrecht von Erwerbstätigen und ihren Familienangehörigen einerseits und Ansprüchen auf Sozialleistungen andererseits. Diesem Willen des europäischen Gesetzgebers folgt die gesetzliche Klarstellung, die wir hier und heute beraten.
Deutschland profitiert von der Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das tun auch die anderen Staaten der Europäischen Union, vor allen Dingen aber die Menschen innerhalb von Europa; das will ich ausdrücklich festhalten. Aber es kann natürlich niemand die Augen davor verschließen, dass es große Unterschiede innerhalb der Europäischen Union gibt, was Lebensstandard, was Löhne und was Sozialleistungen angeht. Und ja, es gibt Armut innerhalb der Europäischen Union. Armutsmigration nimmt nicht nur insgesamt auf der Welt zu, auch in Europa wächst der Druck. Doch – das will ich hier noch einmal bekräftigen – Anreize für Arbeitsmigration sind an dieser Stelle keine Lösung.
Armut bekämpfen – das können wir nur gemeinsam in der Europäischen Union. Dabei sollte es unser Ziel sein, dass die jeweiligen Systeme der sozialen Sicherung in den Mitgliedstaaten leistungsfähiger werden.
(Beifall bei der SPD)
Wir brauchen eine Aufwärtskonvergenz der sozialen Verhältnisse in der Europäischen Union mit höheren Löhnen und besserem sozialen Schutz in allen EU-Mitgliedstaaten.
(Beifall bei der SPD)
Es geht nicht, dass wir die Abhängigkeit der Sozialleistungsansprüche von Erwerbstätigkeit einfach auflösen. Es geht auch nicht, dass wir diesen Personen Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch XII zulasten der Kommunen gewähren. Genau das ist aber die Konsequenz der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes vom letzten Jahr, die das vorliegende Gesetz veranlasst hat. Deshalb ist eine Reaktion des Bundesgesetzgebers notwendig. Darum debattieren wir heute über den vorliegenden Gesetzentwurf.
Konkret geht es dabei um Folgendes: Einerseits wird klargestellt, dass Personen ohne Aufenthaltsrecht aus der Freizügigkeitsrichtlinie keine Leistungen nach dem SGB II oder dem SGB XII enthalten. Zum anderen enthält der Gesetzentwurf eine Neuerung: Erstmals wird gesetzlich fixiert, wann von einer Verfestigung des tatsächlichen Aufenthalts auszugehen ist und wir aus verfassungsrechtlichen Gründen Leistungen gewähren. Das ist nach fünf Jahren der Fall.
Wir wollen, dass die Kommunen in der Lage sind, Zusammenhalt zu sichern und zu stärken. Wir wollen sozialen Fortschritt innerhalb der Europäischen Union. Wir wollen, dass nicht Armut, sondern Arbeit die Menschen in Europa zusammenführt. Dafür kämpfen wir.
In diesem Sinne herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen herzlichen Dank, Anette Kramme. – Nächste Rednerin: Sabine Zimmermann für die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7039021 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 206 |
Tagesordnungspunkt | Grundsicherung für arbeitsuchende Ausländer |