02.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 207 / Tagesordnungspunkt 30

Gustav HerzogSPD - Verkehrswegepolitik

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Dank beginnen – ich werde auch mit einem Dank enden –, und zwar an die Kolleginnen und Kollegen, die gestern Abend um 23 Uhr dem Gesetzentwurf zur Ausdehnung der Lkw-Maut auf die Bundesstraßen zugestimmt haben, weil wir damit in den nächsten Jahren 2 Milliarden Euro pro Jahr mehr im Pott haben werden, um das, was wir anschließend hier beschließen, auch wirklich realisieren zu können. Vielen Dank also an diejenigen, die auch auf der Einnahmenseite kräftig mithelfen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein Nachrichtenmagazin hat den Bundesverkehrswegeplan als das Hochamt für Verkehrspolitiker bezeichnet. Mir fehlt diese Spiritualität, aber es ist schon eine besondere Verantwortung, an einem Werk mitzuarbeiten – und heute darüber zu entscheiden –, das über die nächsten drei, vier Wahlperioden hinaus die Arbeit des Deutschen Bundestages mitbestimmen wird, wenn es darum geht, die Pläne zu realisieren.

Wir haben ja schon in der letzten Wahlperiode mit der Grundkonzeption begonnen und einen Berg von wissenschaftlichen Studien in Auftrag gegeben und auch gelesen. Wir haben den riesigen Prozess aus Anmeldungen, Bewertungen und Priorisierungen bewältigt und zu allem eine öffentliche Erörterung durchgeführt. Das war eine riesige Aufgabe.

Ich will in Bezug auf die Anmeldungen nur kurz einmal in Richtung Grüne darauf hinweisen: Über die Hälfte der von den Ländern angemeldeten Straßenbauprojekte – nicht alle Länder waren so diszipliniert wie Ihres, Herr Landesminister Pegel – haben wir zurückgewiesen. Sie sind nicht im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans gelandet, weil wir schon sehr sorgfältig auf die Vorgaben geachtet haben.

All das geschah mit Öffentlichkeitsbeteiligung, und ich will mich hier bei all denjenigen bedanken, die den Kontakt mit uns gesucht und deren Kontakt wir gesucht haben: den Verbänden, den Bürgern, den Vereinen und auch den Lobbyisten. Ich sage mal: Es wird auch dann eine gute Sitzungswoche, wenn ich am Mittwoch vor der Ausschusssitzung nicht bei einem vom BUND ausgerichteten Arbeitsfrühstück sein muss.

All das hat dazu beigetragen, dass wir als Arbeitsparlament unserer Verantwortung nachkommen konnten. In fünf Ausschusssitzungen – zusammen waren es weit über 20 Stunden – haben wir viele Tausend Projekte beraten, und es wurde auch eine öffentliche Anhörung durchgeführt. Danach kam es zum Abstimmungsmarathon.

Ich sage hier für die SPD-Fraktion und, wie ich hoffe, auch für das ganze Parlament: Lieber Martin Burkert, du hast als Ausschussvorsitzender in großer Souveränität durch die Sitzungen geführt. Herzlichen Dank dafür und auch ganz herzlichen Dank an das Sekretariat für die geleistete Arbeit. Das war hervorragend.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

Es wurden einige Tausend Seiten produziert, die heute zur Abstimmung stehen. Das alles war sehr transparent. Da wurde nicht gemauschelt. Frau Kollegin Wilms, wir gingen von einem Volumen von 270 Milliarden Euro aus; jetzt sind es 1 bis 2 Milliarden Euro mehr geworden. Ich sage Ihnen: Wenn ich mauschele, dann ist das wesentlich effektiver, als nur Zehntel Prozente draufzusatteln.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Alles, was wir da gemacht haben, war transparent. Da hat keiner seinen eigenen Wahlkreis bedient.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Warum, liebe Kolleginnen und Kollegen? Wir haben uns an die Leitplanken, die wir uns gegeben haben, gehalten. Es ist einfach, fromme Wünsche zu äußern. Wir aber halten uns an die Leitplanken. – Viel schwieriger ist es in der Realität. Ich sage offen, dass ich manchmal den Eindruck hatte, der unbeliebteste Abgeordnete meiner Fraktion zu sein, weil ich vielen, die mit Wünschen zu mir gekommen sind, sagen musste: Das geht nicht nach den Kriterien, die wir uns selbst gegeben haben.

In dem Prozess, der nach der Kabinettsbefassung kam, haben wir uns auch an die Verabredungen gehalten und weiterhin ein klares Prä für die Schiene abgegeben. Es wurde bereits mehrfach gesagt: Die Schiene bekommt ein Mehrfaches dessen, was ihrer Verkehrsleistung bei der Güter- und der Personenbeförderung entspricht.

(Zuruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist unsere Politik. Wir machen nicht viele Worte, sondern lassen Taten sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

In Richtung Linke sage ich: Wo führen Sie denn den Dialog vor Ort? Die Grünen haben mich im Zusammenhang mit drei Ortsumgehungen in meinem Wahlkreis erwähnt. Ich habe Ihren linken Abgeordneten noch bei keiner Diskussion um eine Ortsumgehung gesehen, bei der er sich vor Ort den Bürgerinnen und Bürgern hätte stellen können.

(Ralph Lenkert [DIE LINKE]: Weil Sie blind sind!)

Sie führen hier das große Wort, aber vor Ort schlagen Sie sich in die Büsche. So kann man keine Politik machen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zu den Ausschussberatungen kann ich nur sagen: Wunsch und Wolke. Man muss sich nur vor Augen führen, wie viele Anträge zur Schiene Sie zur Hochstufung aus dem Potenziellen Bedarf gestellt haben. Natürlich wollen auch wir so viel wie möglich umsetzen; aber der volkswirtschaftliche Nutzen muss zuerst nachgewiesen werden. Sie jedoch wollten pauschal eine Reihe von Projekten in den Vordringlichen Bedarf hochstufen. Wissen Sie, woran mich das erinnert hat? Dafür muss ich nun zur rechten Seite dieses Hauses schauen: 2003 haben Union und FDP ebenfalls in unverantwortlicher Weise Anträge zum Bundesverkehrswegeplan gestellt, um möglichst viele Projekte in den Vordinglichen Bedarf zu bringen. Wissen Sie, warum der Plan dann trotzdem gut war? Weil verantwortliche Sozialdemokraten – damals wie heute – solche Wunschkataloge abgelehnt haben.

(Beifall bei der SPD – Lachen der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])

Nun zu Ihrem Lippenbekenntnis, mehr Güter auf die Wasserstraße zu verlagern. Mich als Rheinland-Pfälzer treibt Folgendes um – das gilt sicherlich auch für die Hessen, die Baden-Württemberger und die Nordrhein-Westfalen –: Wie man zur Fahrrinnenanpassung im Mittelrheintal sagen kann, dass man das nicht wolle, wie man sich bei einer der wichtigsten, wenn nicht sogar bei der wichtigsten Wasserstraße in Deutschland verweigern und Nein zu einer deutlichen Erhöhung der Verlässlichkeit dieses Verkehrsträgers sagen kann, das will mir nicht in den Kopf. Damit verleugnen Sie Ihre eigene Politik.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Ulli Nissen [SPD]: Gute Ansage!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gab viele Dialoge und Diskurse, auch heftige Debatten. Aber was ich am Mittwoch in der Zeitung lesen musste, war wirklich der traurige Höhepunkt von dem, was Sie geliefert haben. Dort stand: Die Grünen sind empört. Die GroKo schiebt sich Straßenbauprojekte zu.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Wir haben von Ihnen auch heute wieder nur wenige, dünne Argumente gehört. Also greifen Sie einzelne Personen an. Da schreiben Sie, dass dem Exminister Ramsauer, dem Exminister Friedrich, dem Exminister Röttgen und dem amtierenden Minister Steinmeier Projekte zugeschoben würden. Wissen Sie, wenn ich jemanden bedienen will, dann halte ich nicht nach Exministern Ausschau, sondern nach denen, die Zukunft haben und darüber entscheiden, wie es weitergeht.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ein Weiteres: Ich kenne jetzt nicht die Feinheiten bei der CSU, aber ich bezweifle sehr, dass der Kollege Dobrindt, auch wenn bald Weihnachten ist, dem Kollegen Ramsauer auch nur einen Quadratmeter Asphalt mehr schenkt, als diesem zusteht.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein guter Plan. Ich werbe um Zustimmung. Wir werden das alles in dieser und in der nächsten Legislaturperiode umsetzen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt ist der Kollege Arnold Vaatz für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7039105
Wahlperiode 18
Sitzung 207
Tagesordnungspunkt Verkehrswegepolitik
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta