02.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 207 / Tagesordnungspunkt 33

Elvira Drobinski-WeißSPD - Änderung des Gentechnikgesetzes

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Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Tribüne! Vor etwas mehr als einem Monat habe ich hier das letzte Mal zum Thema Gentechnik gesprochen. Damals habe ich gesagt: Wir werden den Gesetzentwurf genau prüfen. – Inzwischen haben wir genau geprüft. Eines kann ich ganz sicher sagen: So wie das Gesetz jetzt aussieht, wird es mit uns nicht durchgehen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])

Wir – das gilt bestimmt auch für den Minister und den Koalitionspartner – wollen ein rechtssicheres bundesweites Verbot von Gentechnik auf den Weg bringen.

(Beifall bei der SPD)

Was wir nicht wollen, ist ein Flickenteppich, in dem einige Bundesländer Anbauverbote erlassen und andere eben nicht, sei es aus politischen Gründen, weil der Prozess zu kompliziert ist, sei es, weil die Behörden mit Klagen von Gentechnikkonzernen überzogen werden, denen sie nicht standhalten können; denn Pollen machen schließlich nicht an der Landesgrenze halt.

Herr Minister Schmidt, Sie haben immer wieder und auch gerade zu Beginn Ihrer Rede betont, dass Sie das Gesetz für die Länder und mit den Ländern machen wollen. Gegen diesen Entwurf aber laufen die Länder Sturm. Sie werden die zahllosen Änderungsanträge aus dem Bundesrat wohl kennen. Ein Gesetz, das so sehr auf die Mitwirkung der Länder baut, muss deren Bedenken berücksichtigen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bedenken Nummer eins: In Phase 1, in der das BMEL die Saatgutkonzerne bitten soll, Deutschland von Anbauanträgen auszunehmen, müssen sechs Ministerien ein Einvernehmen herstellen. Das ist kompliziert, das ist zeitaufwendig und störanfällig. Keines der Bundesländer, egal in welcher Regierungskoalition, will diese Regelung. Das Landwirtschafts- und das Umweltministerium daran zu beteiligen, das reicht völlig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Warum um Himmels willen soll zum Beispiel das Forschungsministerium eingebunden werden? Die Forschung ist doch vom Verbot überhaupt nicht betroffen. Im Gegenteil: Sie ist ausdrücklich ausgenommen. Ich finde es reichlich befremdlich, wenn so getan wird, als bedeute ein Verbot des kommerziellen Anbaus für gentechnisch verändertes Saatgut auf freiem Feld, das die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in diesem Land will, das Ende des Forschungsstandorts Deutschland. Das ist einfach Unfug. Wer so argumentiert und gleichzeitig immens hohe Hürden für Anbauverbote ins Gesetz schreibt, ist offenbar gar nicht wirklich bemüht, für gentechnikfreie Äcker zu sorgen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn in der Kabinettssitzung dem Vorsorgeprinzip dann noch mal eben ein Innovationsprinzip in der Gesetzesbegründung an die Seite gestellt wird, etwas, was sich unter anderem die großen Chemie- und Saatgutkonzerne ausgedacht haben, dann frage ich mich schon, wohin das Landwirtschaftsministerium bzw. das Forschungsministerium eigentlich will.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo es seine Texte herbekommt!)

Geht es hin zu einer Aufweichung des Vorsorgeprinzips? Das kann wohl nicht allen Ernstes das Ziel sein.

Für die SPD gilt: Der Schutz der Umwelt, der Ökosysteme und der Gesundheit der Menschen und Tiere hat oberste Priorität. Sie, Herr Minister, haben selbst immer betont, Phase 1 solle der Regelfall sein; denn sie bietet hohe Rechtssicherheit. Ich sehe es deshalb als unsere Pflicht an, Phase 1 so praktikabel zu machen, dass sie überhaupt angewendet werden kann. Wir brauchen eine schlanke, eine unbürokratische, eine klare und eine schnell umsetzbare Regelung.

(Beifall bei der SPD)

Das zweite große Problem in diesem Entwurf ist die Aufgabenverteilung bei der Formulierung der Begründungen für die Anbauverbote. Die Länder sagen ganz klar, dass sie damit überfordert sind. Ja, kein Wunder, in den Landesministerien ist in der Regel ein einziger Referent dafür zuständig, der meist auch noch andere Aufgaben hat. Der soll dann im Zweifelsfall gegen Monsanto oder Bayer antreten und darlegen, warum die Begründung nicht wasserdicht ist. Das Bundesministerium und die Bundesbehörden haben einen großen Personalstab und ganz andere Ressourcen. Deshalb muss im Gesetzestext unmissverständlich klargestellt werden: Die Länder müssen nur die wesentlichen Punkte ihrer Entscheidung zuliefern, und in Phase 2, dem gesetzlichen Verbotsverfahren, trägt der Bund die Verantwortung für die Begründung. Die Länder werden vom Bund unterstützt. Das, denke ich, ist doch in unser aller Interesse, wenn wir tatsächlich gentechnikfreie Äcker in Deutschland haben wollen.

Ich hoffe sehr, dass wir gemeinsam noch zu einer guten Lösung kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU. Ich möchte an das erinnern, was im Koalitionsvertrag steht – auch der Minister hat vorhin daran erinnert –: Wir nehmen die Bedenken der Menschen gegenüber der Grünen Gentechnik ernst.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir es wirklich ernst meinen, müssen wir jetzt auch liefern. Dazu braucht es noch ein paar Änderungen, über die wir sicher konstruktiv sprechen werden. Wie hat es unser Kollege Peter Struck früher so treffend formuliert: Kein Gesetz verlässt den Bundestag so, wie es eingebracht worden ist.

In diesem Sinne: Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat der Kollege Harald Ebner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7039351
Wahlperiode 18
Sitzung 207
Tagesordnungspunkt Änderung des Gentechnikgesetzes
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