Kees de VriesCDU/CSU - Änderung des Gentechnikgesetzes
Frau Präsidentin! Liebe Zuhörer auf den Tribünen! Meine sehr verehrten Kollegen und Kolleginnen! Ich habe hier einen wunderbaren Vortrag liegen, den ich jetzt in die Tonne kloppen kann. Ich habe mich einfach geirrt. Ich habe gedacht, dass man, wenn eine Koalition einen Gesetzentwurf beschlossen hat, darauf vertrauen kann. Offenbar ist das nicht der Fall.
(Widerspruch bei der SPD – Elvira Drobinski-Weiß [SPD]: Wir sind das Parlament!)
– Natürlich sind wir das Parlament. Aber ich kann doch davon ausgehen, dass auch die SPD in Abstimmung mit ihrem Minister ist. Aber anscheinend ist das nicht der Fall.
(Zuruf von der SPD: Das ist ja nicht unser Minister! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie können ja gleich die Koalition aufkündigen! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es spricht der Parlamentsvertreter der chemischen Industrie!)
Frau Binder hat gefragt, worüber wir hier eigentlich reden. Ich will mal versuchen, klarzustellen, worüber wir hier eigentlich reden. Wir reden hier über ein Verbot, das fachlich eigentlich nicht zu begründen ist. Ich hätte das hier in einem anderen Zusammenhang nennen wollen, aber auch Sie alle haben diesen Prospekt bekommen. Da steht: „Eine Blockade der Gentechnik ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Oh!)
Unterschrieben, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das inzwischen von mehr als 140 Nobelpreisträgern. Darin gipfelt diese Problematik jetzt. Zum Glück gibt es in Europa noch vernünftige Leute. Das, was wir eigentlich wollten, nämlich ein Totalverbot in Europa, ist nicht zu handhaben. Da haben wir es.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also Sie wollen die Gentechnik haben?)
– Ja, Herr Ebner, ich sehe die Gentechnik nicht als dieses gefährliche Schreckgespenst, das Sie immer an die Wand malen und womit Sie offenbar auch Erfolg haben. – Sogar die SPD hat sich irreführen lassen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber was ist mit Ihrem Minister?)
Was soll das hier eigentlich?
Frau Drobinski-Weiß, nehmen Sie es mir nicht übel, aber: Wenn Sie Ihren Verstand und Ihre Vernunft, die Sie, glaube ich, doch haben, genutzt hätten, dann hätten Sie hier heute etwas anderes vorgetragen. Wir müssen anscheinend damit leben, dass wir diese Diskussion heute noch nicht abschließen können. Das wollte ich eigentlich vortragen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Tun Sie das!)
Wir werden wahrscheinlich noch einmal über etwas diskutieren müssen, was nach wie vor fachlich eigentlich nicht zu begründen ist. Aber wir haben der Opt-out-Regelung zusammen zugestimmt. Lassen Sie mich das auch klar sagen: Wir haben das hier beschlossen, und zwar nicht aus fachlichen Gründen. Wir haben nur gesagt: Wenn 88 Prozent unserer Bevölkerung dagegen ist, dann müssen wir darauf eingehen. Das ist keine fachliche Begründung. Jetzt sind wir in der Verlegenheit, einen Beschluss, den wir nicht fachlich begründen können,
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie vielleicht nicht, wir schon!)
fachlich begründen zu müssen. Da kommt es. Da hat unser Minister einen sehr vernünftigen Kompromiss gefunden. Er sagt: Okay, wir übernehmen jetzt die Verantwortung. Aber ich sehe das Problem, dass wir die Begründung nicht liefern können. Liebe Länder – ich wiederhole: 88 Prozent der Bevölkerung sind dagegen –, wir müssen das aber territorial begründen. Also gebe ich Ihnen die Chance, das noch zu machen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die beschweren sich!)
Herr Ebner, Sie sagen: Affront gegen die Länder. Gleichzeitig sagen Sie: Wir bekommen die Einheitlichkeit in den Ländern nicht hin. – Was ist denn eigentlich mit den Ländern? Sind die nun für oder gegen Gentechnik?
Wenn 88 Prozent gegen Gentechnik sind, wo liegt dann das Problem mit dieser Gesetzgebung? Ich verstehe das nicht. Wenn das einmal kippt – das ist wahrscheinlich das, wovor Sie Angst haben, nämlich dass die Menschen irgendwann einmal zur Vernunft kommen und anders nachzudenken anfangen –, dann wäre es angebracht, noch einmal neu zu diskutieren.
(Mechthild Rawert [SPD]: Nichts gegen meine Berlinerinnen und Berliner!)
Wo liegt das Problem?
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einer reicht! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum machen Sie dann keinen großflächigen Versuchsanbau in Sachsen-Anhalt?)
Ich habe Ihnen immer wieder gesagt: Ich bin nicht für die Herbizidresistenz. Ich sehe zurzeit kein GVO-Produkt, das ich als Landwirt anbauen will. Aber ich sage auch: Diese Grüne Gentechnik bietet uns Chancen. Irgendwo in meinem Vortrag sage ich auch immer: Deutschland war immer führend. Über Jahrhunderte war Deutschland bei der Entwicklung moderner Landwirtschaft führend.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles altmodische Landwirtschaft aus dem letzten Jahrhundert!)
Dazu haben unter anderem Gregor Mendel und Justus von Liebig wesentlich beigetragen. Jetzt wollen Sie diese Position, diese Ausnahmeposition Deutschlands einfach hinwegfegen.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Technologiegläubig!)
Ich habe gedacht, dass wir diese eigentlich schon überholte Diskussion hier nicht mehr führen. Die konventionelle Grüne Gentechnik – so nenne ich sie jetzt einmal – ist eigentlich schon vorbei. Wir reden eigentlich schon über die neue Gentechnik und über die neuen Züchtungstechniken.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Da haben Sie ja was ins Gesetz geschmuggelt!)
– Genau. CRISPR/Cas9, ohne Artensprung, Herr Ebner! Aber auch das wollen Sie schon verbieten. Ich verstehe die Welt hier nicht mehr.
(Mechthild Rawert [SPD]: Das passiert manchmal!)
Wir leben immer noch in einer Demokratie.
(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist gut so, und das soll auch so bleiben!)
Wenn es dann notwendig ist, dass wir noch einmal diskutieren, dann soll es eben so sein. Meine Aussage ist: Das von unserem Minister vorgelegte Gesetz ist ausgewogen und sicher. Es ist das Resultat eines demokratischen Prozesses, wie er zu führen ist, wenn in diesem Hohen Hause unterschiedliche Meinungen herrschen. Ich dachte: Wir haben einen Beschluss. – Ich stehe zu diesem Beschluss.
(Dagmar Ziegler [SPD]: Es ist ein Entwurf!)
Ich bitte hier immer noch um Zustimmung zu diesem Beschluss. Alles andere muss ich jetzt abwarten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen wir fast auch noch applaudieren! Das war so schön klar pro Gentechnik!)
Das Wort hat der Kollege Matthias Miersch für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7039359 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 207 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Gentechnikgesetzes |