Fritz FelgentreuSPD - Entlastung Alleinerziehender
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Alle Fraktionen des Bundestages – wir haben es gemerkt – sind sich einig: Wir wollen nicht hinnehmen, dass Alleinerziehende und ihre Kinder ein höheres Risiko tragen, in Armut zu leben.
Für die Koalition ist die Verbesserung der Lebensbedingungen für solche Familien ein zentrales Thema. Und das beste Mittel gegen Armut ist Arbeit. Deshalb war es uns besonders wichtig, die Bedingungen zu verbessern, damit Alleinerziehende die Betreuung ihrer Kinder mit einer Berufstätigkeit vereinbaren können. Wir haben den Ländern und Kommunen zusätzliche Milliarden zur Verfügung gestellt, damit sie mehr Kitas und Horte bauen und sie besser ausstatten. Mehr und bessere Betreuung für Kinder hilft allen Eltern, aber den Alleinerziehenden natürlich am meisten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir haben den Anspruch auf Teilzeitarbeit gestärkt und erweitert, und wir haben das Elterngeld Plus eingeführt. Wir haben den Mindestlohn eingeführt und den Kinderzuschlag erhöht, damit Eltern mit niedrigem Einkommen nicht als Aufstocker zum Jobcenter gehen müssen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Die Liste ließe sich fortsetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Aber ich möchte Sie nicht mit Dingen langweilen, die Sie alle kennen. Ein bisschen Anerkennung für die vielen Fortschritte in den letzten drei Jahren stünde aber auch der Opposition einmal ganz gut zu Gesicht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Nicht geschimpft ist schon genug gelobt!)
Die Linksfraktion, lieber Herr Wunderlich, hat jetzt ein Sammelsurium von weiteren Verbesserungsvorschlägen vorgelegt. All das lässt sich so nicht umsetzen, schon gar nicht sofort. Aber es sind durchaus Denkanstöße dabei, über die wir weiter diskutieren können.
Ich möchte mich nun auf den Punkt konzentrieren, bei dem wir einen Durchbruch erreicht haben, den Unterhaltsvorschuss. Einen Unterhaltsvorschuss zahlt der Staat Alleinerziehenden – in der Regel alleinerziehenden Müttern – dann aus, wenn in der Regel die Väter aus welchen Gründen auch immer nicht zahlen, wozu sie verpflichtet sind. Der Vorschuss ist überall eine große Hilfe. Allein in meinem Wahlkreis Berlin-Neukölln profitieren davon 2 300 Kinder.
In den Fällen, in denen die Mütter ein niedriges Arbeitseinkommen haben, kann der Vorschuss der Grund sein, warum es ihnen erspart bleibt, als Aufstocker Arbeitslosengeld II zu beantragen. Deswegen wollen wir auch nicht, dass diese Leistung in das SGB II kommt.
(Beifall der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Geld ist nicht geschenkt, sondern der Staat versucht, sich den Vorschuss von den Vätern zurückzuholen. Im Schnitt können aber nur etwa ein Viertel der Kosten eingetrieben werden. Deshalb kostet der Unterhaltsvorschuss Geld, das zu einem Drittel vom Bund und zu zwei Dritteln von den Ländern kommt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sollten wir darüber neu nachdenken!)
Fachleute und Politik kritisieren schon lange, dass der Unterhaltsvorschuss bisher nur maximal sechs Jahre lang und nur bis zum zwölften Lebensjahr gezahlt wird; denn Kinder kosten nun einmal länger als sechs Jahre etwas, und Jugendliche kosten in der Regel mehr als kleine Kinder.
(Beifall bei der SPD)
Aber bisher sind sich Bund und Länder über die sinnvolle und notwendige Ausweitung nie einig geworden. Der Grund dafür: das Geld.
Umso größer die Freude, dass am 14. Oktober zusammen mit der Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern auch entschieden wurde, vom 1. Januar an ohne zeitliche Befristung bis zur Volljährigkeit Unterhaltsvorschuss zu zahlen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Da haben wir uns alle gefreut!)
Mit diesem gemeinsamen Beschluss von Bund und Ländern ist aus unserer Sicht die Entscheidung gefallen. Aber sie muss jetzt auch umgesetzt werden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Eine Formulierungshilfe des Familienministeriums liegt vor. Wir können das Gesetz also unverzüglich beschließen.
Meine Damen und Herren, lieber Herr Wunderlich, ich wundere mich, dass es in dieser Situation noch Bundesländer gibt – ich sage offen: auch SPD-geführte Bundesländer –, die jetzt die Gesetzgebung verzögern,
(Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)
weil Finanzierungs- und Verwaltungsfragen noch geklärt werden müssen.
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Wundert mich auch!)
Alle Beteiligten wussten schon am 14. Oktober, als sie die Beschlüsse gefasst haben, dass der Unterhaltsvorschuss Geld kostet und Arbeit macht.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und der Abg. Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Damals hätten die Bedenken vorgetragen werden müssen, nicht jetzt, da Tausende Familien die dringend benötigte und zugesagte Unterstützung erwarten.
Vor diesem Hintergrund habe ich noch weniger Verständnis für die Haltung der Unionsfraktion,
(Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Genau!)
die auch hier im Bundestag die Gesetzgebung blockiert.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das wird durch Wiederholen nicht richtiger! – Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Genau!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, uns steht doch nichts im Wege, das umzusetzen, was in größter Eindeutigkeit verabredet worden ist.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir haben den Alleinerziehenden in Deutschland gemeinsam ein Versprechen gegeben. Helfen Sie mit, dass wir es auch halten!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 18/10283 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7039397 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 207 |
Tagesordnungspunkt | Entlastung Alleinerziehender |