14.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 208 / Zusatzpunkt 1

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den Terroranschlägen vom vergangenen Wochenende

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Terroranschläge in Istanbul und Kairo vom vergangenen Wochenende sind geprägt von Hass, Zorn und Feigheit. Kollegin Dağdelen, die NATO hat damit ganz sicher nichts zu tun. Die NATO dafür auch noch verantwortlich zu machen, halte ich für gediegen abwegig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Brutalität und menschenverachtende Grausamkeit erfüllen uns alle mit Entsetzen. Unsere Gedanken sind bei den Opfern: Kinder, Frauen, Kranke und Alte. Natürlich stehen wir im Kampf gegen den Terror auch an der Seite der Türkei und Ägyptens, aber mit einem großen Unterschied. Wir wollen mit rechtsstaatlichen Mitteln den Terror bekämpfen und nicht mit einem Demokratieabbau, wie es in der Türkei der Fall ist. Es ist schwer, Hass und Feigheit zu begegnen. Da versagen nämlich unsere herkömmlichen Instrumente weitgehend. Dennoch gibt es keinen Grund zur Mutlosigkeit. Frust, Mutlosigkeit – das hat Kollegin Beck heute Morgen im Ausschuss gesagt – oder gar Resignation stehen nicht im Handbuch für Abgeordnete und sind keine Grundlage der Diplomatie.

Im Hinblick auf Kairo ist klar: Dieser Anschlag auf die koptischen Christen war ein Anschlag auf die Religionsfreiheit in Ägypten. Hier kann man natürlich fragen: Gibt es überhaupt Hoffnung in dieser Situation? Einen Hoffnungsschimmer will ich Ihnen nennen, weil ich ihn gut finde. Der wichtigste Vertreter der Sunniten in Ägypten und Großimam der berühmten Al-Azhar-Moschee, ­Ahmad Mohammad al-Tayyeb, verurteilte den Anschlag auf Christen am Sonntag als schweres Verbrechen gegen alle Ägypter. Es ist wichtig, dass das von der Seite kommt. Der Papst hat es verurteilt, die jüdischen Gemeinden haben es verurteilt; das ist auch wichtig. Aber wenn es aus der eigenen Community kommt, ist es natürlich noch hilfreicher.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Ute Finckh-Krämer [SPD])

Religionsfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht – das ist hier angeklungen –, und wer Religionsfreiheit verletzt, verletzt Menschen: seelisch und physisch. Was können wir tun, um dem Hass, dem Zorn der Terroristen entgegenzutreten? Dazu will ich hier einen neuen Aspekt, einen anderen als meine Kollegen, vorbringen.

Natürlich müssen die politischen, diplomatischen Bemühungen in den Krisenländern auf allen Ebenen weitergehen. Diese Spitzengespräche sind unbestritten wichtig, und Herr Steinmeier macht da einen wirklich guten und verantwortlichen Job. Aber die Spitzengespräche sind eben nicht alles. Demokratische Kräfte müssen in den Ländern gestärkt werden, wo immer demokratische Strukturen zerstört sind. Der interreligiöse Dialog kommt neben dem politischen Dialog oft zu kurz; und ich glaube, dass er sehr wichtig ist. Wir müssen den Jugend- und Studentenaustausch, den Kulturaustausch, die Städtepartnerschaften fördern.

Mein schönstes Projekt als Kulturstaatsrätin von Bremen in dieser Hinsicht war Folgendes: Wir haben das Brahms-Requiem in Izmir mit dem Domchor aus Bremen und dem Izmir State Symphony Orchestra aufgeführt; und das erste türkische Fernsehen hat es übertragen. Einen besseren Brückenbau als diesen kulturellen, von diesen beiden Gruppen, dem Chor und dem Orchester, getragenen kann ich mir gar nicht vorstellen. Heute meldet der Weser-Kurier, dass die Bremische Bürgerschaft – da habe ich mich dann doch mal gefreut – die Städtepartnerschaft mit Izmir fortsetzt.

Wir brauchen natürlich weltweit einen besseren Schutz von religiösen Minderheiten. Deshalb bin ich dankbar, dass Volker Kauder sich dieses Themas so intensiv annimmt. Die Ereignisse von Kairo zeigen erneut, wie bedroht Christen sind, auch koptische Christen aus einer der ältesten Kirchen der Welt. Wir müssen leider zur Kenntnis nehmen, dass es in vielen muslimisch geprägten Ländern erhebliche Verletzungen der Religionsfreiheit gibt. Diese Feststellung, die ehrlich ist, hat natürlich nichts damit zu tun, dass ich den Islam diffamieren wollte. Aber viele Terroristen missbrauchen den Islam als Begründung für ihre Terroranschläge. Der Kampf gegen terroristische Fundamentalisten muss natürlich auch im eigenen Land weitergehen. Meine Damen und Herren, Hassprediger haben bei uns nichts zu suchen und müssen ausgewiesen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Präsidentin mahnt mich. Deshalb möchte ich schließen, heute mal mit einem Zitat – das ist vielleicht ungewöhnlich für mich, aber ich tue es – von Nelson Mandela. Er hat gesagt:

Niemand wird mit dem Hass auf andere Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ethnischen Herkunft oder Religion geboren. Hass wird gelernt. Und wenn man Hass lernen kann, kann man auch lernen zu lieben. Denn Liebe ist ein viel natürlicheres Empfinden im Herzen eines Menschen als ihr Gegenteil.

So weit Nelson Mandela.

Ich glaube, diese Liebe und diese Freundschaft müssen wir in die Welt tragen. Dafür ist die Auswärtige Kulturpolitik ein wunderbarer Brückenbauer.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Elisabeth Motschmann. – Nächster Redner: Dr. Volker Ullrich, CDU/CSU-Fraktion – aus Augsburg.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7044821
Wahlperiode 18
Sitzung 208
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Terroranschlägen vom vergangenen Wochenende
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