14.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 208 / Zusatzpunkt 1

Volker UllrichCDU/CSU - Aktuelle Stunde zu den Terroranschlägen vom vergangenen Wochenende

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir trauern mit den Angehörigen der Opfer des schrecklichen Bombenanschlags am Rande eines Fußballspiels am vergangenen Samstag in Istanbul. Viele junge Polizeibeamte haben den Schutz der öffentlichen Ordnung mit ihrem Leben bezahlen müssen. Dieser Anschlag reiht sich ein in eine schreckliche Abfolge von Katastrophen und Anschlägen, die die Türkei und insbesondere die Stadt Istanbul im letzten Jahr erdulden mussten. Unser Mitgefühl gilt dem türkischen Volk und den Menschen, die unter diesen barbarischen Anschlägen leiden.

Richtig ist, dass wir als Bundesrepublik Deutschland zur Aufklärung von terroristischen Akten und zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus beitragen müssen – auch, indem wir die Türkei unterstützen. Aber bei dieser Zusammenarbeit muss gleichzeitig angemahnt werden, dass die Aufklärung von terroristischen Akten und der Kampf gegen Terrorismus nur im Rahmen von Augenmaß, Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit vonstattengehen können. Wenn 220 Mitglieder der HDP verhaftet werden, wie wir gerade feststellen mussten, dann ist das keine Maßnahme im Rahmen von Rechtsstaatlichkeit – das ist Willkür, die wir zu verurteilen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN und des Abg. Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Auch die Befriedigung von Rachedurst bekämpft Terrorismus nicht,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Stefan Liebich [DIE LINKE])

sondern Rache schafft das gesellschaftliche Klima, welches Terrorismus erst möglich macht. Deswegen sei klar und deutlich formuliert: Die Türkei muss den Weg der Menschenrechte, der Rechtsstaatlichkeit und der Demokratie gehen, und dort, wo sie einen falschen Weg eingeschlagen hat, hat sie umzukehren. Nur ein Klima von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie kann dauerhaft vor Extremismus und Terrorismus schützen.

Meine Damen und Herren, unsere Blicke richten sich mit traurigen Augen auch auf die Verhältnisse in Ägypten. Am vergangenen Sonntag hat wohl ein Selbstmord­attentäter in der Petruskirche in Kairo, die neben der Markuskathedrale steht, einen Sprengsatz gezündet, durch den mehrere Dutzend Menschen, insbesondere Frauen und Kinder, ums Leben kamen. Die Markuskathedrale ist nicht irgendeine Kirche; sie ist die zentrale und wichtigste Kirche der koptischen Christenheit und der Sitz des koptischen Papstes.

Dieser Anschlag war ein Stich ins Herz der koptischen Christen und ein Anschlag auf die christliche Gemeinschaft im Orient insgesamt. Auch diese Tat wird von uns auf das Schärfste verurteilt. Sie erinnert uns daran, dass in so vielen Staaten des Nahen Ostens die Situation der orientalischen Christen prekär ist, dass die Geltung der Religionsfreiheit und der Schutz der Menschenrechte oftmals nur Lippenbekenntnisse sind und dass diese Menschen um ihre Freiheit, ihren Glauben leben zu können, stark und hart kämpfen müssen.

In diesem Zusammenhang sei auch an die ägyptische Politik appelliert: Es darf nicht zu einer Spaltung der ägyptischen Gesellschaft kommen. Insbesondere der Schutz von Minderheiten in Ägypten muss auf der Tagesordnung stehen. Deswegen fordern wir, dass ein friedliches Zusammenleben der Religionen, auch in Ägypten, in der Weise gewährleistet wird, dass die Menschen frei von Angst Gottesdienste besuchen können. Das gilt für Christen, aber auch für Muslime. Es gilt für jede Religion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Lassen Sie mich bei dem Gedanken an Religionsfreiheit noch einen bangen Blick auf die Situation der Christen im Nordirak und in Syrien werfen. Die Verhältnisse dort sind so, dass Städte, in denen über mehrere Jahrhunderte hinweg Christen gelebt haben und die die Wiege der orientalischen Christen waren, mittlerweile – das ist ein zynisches Wort – „befreit“ von Christen sind, weil hier massiver Genozid an christlichen Minderheiten stattgefunden hat. Deswegen muss die Weltgemeinschaft beides sehen: Sie muss das Morden in Aleppo bekämpfen – sie muss es deutlich zur Sprache bringen –, sie ist aber auch in der Pflicht, die christlichen Minderheiten zu schützen, auch im Nordirak und in Syrien. Das muss ein wichtiger Teil der Bemühungen unserer Außenpolitik sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank, Volker Ullrich. – Der nächste und letzte Redner in dieser Debatte: Frank Heinrich für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7044822
Wahlperiode 18
Sitzung 208
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu den Terroranschlägen vom vergangenen Wochenende
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