16.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 27

Katharina LandgrafCDU/CSU - Ernährungspolitischer Bericht 2016

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute in verbundener Debatte über so viele Themen, dass es mir unmöglich ist, auf alles einzugehen. Daher nehme ich mir die Freiheit und spreche heute, am Ende dieses Jahres – wir sind ja in der Adventszeit –, über das, was mir am Herzen liegt: gesunde und ausgewogene Ernährung – von der Schwangerschaft über die Kindheit bis ins hohe Alter. Dieses Ziel erreicht man nicht mit Verboten, Maßregeln und Einschränkungen, sondern vor allen Dingen mit Freude am Kochen, beim gemeinsamen Essen und beim Genießen, vor allem in der Weihnachtszeit.

Natürlich benötigt man auch in einem gewissen Maße Fachwissen darüber, welche Lebensmittel wie zubereitet werden und wo offensichtlich und versteckt Fett-, Salz- und Zuckerfallen lauern. Aber viel wichtiger ist es, die eigene Ernährung ganz praktisch zu sehen und einfach loszulegen. Dabei können schon die kleinsten Familienmitglieder einbezogen werden und – je nach Alter – Gemüse schneiden oder auch nur die Nudeln in den Topf werfen. Der Stolz über die selbst zubereitete Mahlzeit lässt diese dann gleich noch einmal so gut schmecken. Gleichzeitig ist das gemeinsame Essen mit der Familie ein wichtiger Ruhepunkt in unserer hektischen Zeit

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Im günstigsten Fall!)

und fördert die Kommunikation ungemein, wenn man zudem die Smartphones vom Esstisch verbannt.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]:  Sehr gut!)

Das Entscheidende bei allen guten Ratschlägen und Empfehlungen ist und bleibt aber die Motivation des Einzelnen. Jeder sollte frei entscheiden, für sich, für seinen Körper das Beste zu tun – und nicht nur für seinen Körper; denn – wie heißt es so schön? –: Nur in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist. Da schlägt man sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe. Man muss sich dessen nur bewusst sein und dazu noch das nötige Wissen besitzen.

Sollte es an letzterem fehlen, habe ich eine gute Nachricht für alle, die motiviert sind, dies zu ändern. Ich arbeite seit einiger Zeit an einem neuen Projekt, und langsam ist es so weit vorangeschritten, dass ich es Ihnen vorstellen möchte: das Deutsche Kochabzeichen. Mit dem Slo­gan „Damit es mir gut geht“ werden alle Generationen angesprochen, und dieser einfache Wunsch drückt treffend das Interesse und die Motivation des Einzelnen aus am Erwerb des Kochabzeichens und an der Erreichung des Ziels einer gesunden Ernährung und bewussten Lebensführung.

Angelehnt an das Deutsche Sportabzeichen sollte es beim Erwerb des Kochabzeichens um unterschiedliche Disziplinen gehen. Es sollte einen theoretischen und einen praktischen Teil geben. Der Theorieteil sollte sich auf die Bereiche Ursprung und Herstellung konzentrieren und der Praxisteil auf die Bereiche Zubereitung, Genuss und Verbrauch. Als Praxispartner sind die Volkshochschulen, Verbraucherzentralen und Sportvereine im Gespräch, natürlich auch die Landfrauen. Auch unser Bundesministerium ist schon informiert. Und das dann später zuständige Bundeszentrum für Ernährung wird hoffentlich einer finanziellen Förderung im Rahmen von IN FORM zustimmen.

Jetzt ist bekanntlich die Zeit, in der man Wünsche äußern darf. Da wir schon bei Wünschen sind, erlaube ich mir, einen weiteren Wunsch zu äußern, nämlich den nach einer besseren und nachhaltigeren Zusammenarbeit mit den Gesundheitspolitikern. Der Zusammenhang zwischen falscher Ernährung und der Entstehung ernährungsbedingter Krankheiten ist unbestritten. Ebenso unbestritten sind die dadurch entstehenden enormen Kosten für unser Gesundheitssystem, also für die Allgemeinheit. Daher ist gesunde Ernährung die beste Prävention.

In diesem Zusammenhang ist auch das Problemfeld der Mangelernährung in unserer Wohlstandsgesellschaft zu sehen. Ja, sie tritt gehäuft bei älteren Menschen auf, zum Beispiel durch falsches Essen oder zu wenig Essen. Die Senioren werden dann schwächer, und die Muskelmasse wird abgebaut. Das wiederum führt schneller zu Stürzen und Knochenbrüchen. Die Folgen sind gehäufte und längere Krankenhausaufenthalte, im schlimmsten Fall sogar Pflegebedürftigkeit.

Ich war kürzlich bei einer Veranstaltung zu diesem Thema und sehe dringenden Handlungsbedarf. Die Folgen der Mangelernährung sind leider noch zu wenig bekannt, aber sie sind gravierend, ganz zu schweigen von den Kosten. Gesunde und ausgewogene Ernährung trägt also dazu bei, dass sich jeder länger selbstständig versorgen kann und im besten Falle nicht auf außerhäusliche Pflege angewiesen ist. Damit steigt auch die Lebenserwartung. Aber nötig sind die Aufklärung der Patienten und die Fortbildung der Hausärzte, damit die Mangelernährung frühzeitig erkannt werden kann.

Doch nicht nur den Älteren, sondern auch den ganz Jungen bzw. noch Ungeborenen gehört unsere besondere Aufmerksamkeit. Die richtige Ernährung schon in der Schwangerschaft bzw. in den ersten 1 000 Tagen nach der Geburt des Kindes ist von großer Bedeutung für die gesunde Entwicklung des Babys bzw. des Kleinkindes.

Das bundesweite Netzwerk „Gesund ins Leben – Netzwerk Junge Familie“ kümmert sich um diesen wichtigen Lebensabschnitt. Es bezieht dabei Hebammen, Frauen-, Kinder- und Jugendärzte mit ein. So werden Kompetenzen ergänzt und Synergien geschaffen. Es entwickelt einheitliche Handlungsempfehlungen in den Bereichen Ernährung, Bewegung und Allergieprävention rund um die Zeit von Geburt und früher Kindheit. So eine enge Zusammenarbeit und gemeinsame Festlegung sind national und international einmalig und verdienen unsere volle Anerkennung.

Aus den Handlungsempfehlungen und aus einem Modellprojekt entwickelte sich das „Bündnis Frühkindliche Prävention“. Hier ist das Ziel, Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes um honorierte präventive Beratungsleistungen – Beamtendeutsch – zu erweitern und sich um Ernährung und Bewegung zu kümmern. Dazu benötigen wir wieder die Kooperation mit den Gesundheitspolitikern. Ich finde, wir sollten das Netzwerk „Gesund ins Leben“ für eine weitere Zusammenarbeit mit unseren Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsbereich zum Vorbild nehmen. Damit könnten wir im neuen Jahr starten.

Zum Abschluss noch eine frohe Botschaft.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Eine frohe Botschaft? Jetzt schon?)

Wenn man alle Anträge der Debatte betrachtet, erkennt man: Es verbindet sie – ungeachtet aller Unterschiede – ein gemeinsames Ziel: Wir alle wollen, dass die Menschen in der Lage sind, sich mit sicheren und gut gekennzeichneten Produkten gesund zu ernähren, wenn sie es denn wollen. Damit es uns in den nächsten Monaten gelingt, das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und uns seltener auf der Suche nach dem richtigen Weg zu verirren, finde ich, sollten wir uns heute, gerade in adventlicher Stimmung, vornehmen, gemeinsam voranzugehen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest. Genießen Sie – in Maßen – den Festschmaus, die Plätzchen und die anderen Leckereien. Keine Sorge: Das viele Essen legt sich nicht gleich auf die Hüften; denn man nimmt bekanntlich nicht zwischen Weihnachten und Neujahr zu, sondern zwischen Neujahr und Weihnachten.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Das Letztere werde ich durch den Wissenschaftlichen Dienst prüfen lassen, bevor sich daran voreilige Schlussfolgerungen anknüpfen.

(Heiterkeit)

Nächster Redner ist der Kollege Oliver Krischer für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ein bisschen entspannt! Nicht so pädagogisch, bitte!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7046102
Wahlperiode 18
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Ernährungspolitischer Bericht 2016
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