Kirsten LühmannSPD - Bahnpolitik
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Ein Bekannter hat mir letztens gesagt: Wenn er eingeladen wird und sich als Mitarbeiter der Bahn outet, sind die Themen für den Abend gerettet. – Das kennen wir alle. Wir alle können Geschichten von Wildfremden erzählen, mit denen wir Diskussionen über Fußball oder Kochrezepte geführt haben. Ich gebe zu: Wir alle können, wie die Kollegin Leidig eben, auch Geschichten von Dingen erzählen, die nicht ganz so gut gelaufen sind. Dann ist es schön, wenn die Bahn-Mitarbeitenden mit Humor reagieren.
Dirk Fischer, ich bin sicher: Wenn du in dem Zug gesessen hättest, der folgende Durchsage gemacht hätte, dann hättest du die Notbremse gezogen. Die Durchsage an alle HSV-Fans in der ersten Klasse mit nicht entsprechenden Tickets lautete nämlich: Bitte verlassen Sie den Wagen! Schließlich ist der Punktestand Ihres Vereins auch nicht erstklassig.
(Heiterkeit bei der SPD und der CDU/CSU)
Allerdings glaube ich nicht, dass solche Durchsagen der Grund dafür sind, dass in diesem Jahr die Zahl der Personenkilometer im Schienenverkehr doppelt so stark gestiegen ist wie die Zahl der Personenkilometer im motorisierten Individualverkehr, und das trotz Fernbuskonkurrenz. Ein Grund, warum so viele Menschen mehr den Zug nutzen, liegt im Fernverkehr mit Sicherheit auch in den Initiativen der Deutschen Bahn AG zu besonderen Sparpreisen, Pünktlichkeit und Bahnhofsmanagement. Ich weiß, dass wir hier noch lange nicht am Ende sind. Aber schon die ersten Maßnahmen zeigen deutliche Verbesserungen.
Zum Nahverkehr. Die Gelder, die wir im Rahmen der Regionalisierungsmittel zur Verfügung gestellt haben, zeigen schon in diesem Jahr erste Erfolge. Es gab mehr Bestellungen. Wenn das Angebot für Pendlerinnen und Pendler größer ist, dann überlegt sich der eine oder die andere, das Auto stehen zu lassen und mit der Bahn zur Arbeit zu fahren. Das ist unser Ziel.
(Beifall bei der SPD)
Wir alle wissen aber auch: Das kann nicht das Ende sein. Wenn wir mehr Personen auf die Schiene bringen wollen, dann brauchen wir den Deutschland-Takt und ein klar definiertes Netz für Fernverkehrszüge, auf das der Nahverkehr abgestimmt ist. Wir haben die ersten Schritte dazu eingeleitet. Man kann beim Deutschland-Takt jedoch nicht einfach den Schalter umlegen, und dann funktioniert es. Wir haben im ersten Schritt Gutachten in Auftrag gegeben, in denen untersucht wird, wie ein solcher Takt auf ein Flächenland wie Deutschland – oft wird die Schweiz als Beispiel genannt; mein Bruder lebt dort; die Schweiz ist ein wunderschönes Land; aber sie ist kein Flächenland – übertragen werden kann. Im zweiten Schritt haben wir im Bundesverkehrswegeplan die Infrastrukturprojekte aufgeführt, die wir brauchen, um den Deutschland-Takt zu verwirklichen.
(Beifall bei der SPD)
Nicht zufriedenstellend ist allerdings die Entwicklung im Güterverkehr. Der Güterverkehr in Deutschland wird in diesem Jahr vermutlich um 0,4 Prozent zunehmen. Allerdings wird der Güterverkehr im Lkw-Bereich um 2,3 Prozent zunehmen. Woran liegt das? Die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn muss gesteigert werden. Wir werden dazu die Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen ausweiten. Aber das wird nicht reichen. Wir brauchen dringend eine Reduzierung der Trassenpreise; das wurde schon angesprochen. Darüber hinaus muss die Trassenbestellung für den Güterverkehr flexibler werden. Auch der Güterverkehr muss pünktlicher sein. Niemand wird auf die Bahn umsteigen, wenn er befürchten muss, dass der Zug zwei, drei Tage abgestellt wird, bevor er den Endort erreicht. Da gibt es deutlichen Optimierungsbedarf.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Bei der Cargo-Sparte der Deutschen Bahn gibt es allerdings noch eine besondere Herausforderung. Auch bei den Privaten ist nicht alles Gold, was glänzt. In meinem Wahlkreis wird die OHE, die Osthannoversche Eisenbahnen AG, den Güterverkehr Ende dieses Jahres einstellen. Aber die Entwicklung der Cargo-Sparte der Deutschen Bahn ist dramatisch. Gegen den Trend verliert sie seit Jahren Kunden und Waren. Mit kleinen Programmen an der einen oder anderen Ecke muss Schluss sein. DB Cargo braucht ein handlungsfähiges Konzept. Sie muss es mit den Menschen, die Ahnung davon haben, und den Gewerkschaften entwickeln. Die Gewerkschaften sind dazu bereit; es hat erste Gespräche gegeben. Hier muss es dringend ein vernünftiges, tragfähiges Konzept geben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Abschließend ist zu sagen: Die Eisenbahn in Deutschland ist auf einem guten Weg – nicht nur, aber auch aufgrund der Politik dieser Bundesregierung. Wir stehen vor Herausforderungen, die wir im nächsten Jahr gemeinsam bewältigen sollten. Die Forderungen in den vorliegenden vier Anträgen sind in Teilen schon umgesetzt. Anderes ist weniger geeignet, um die Herausforderungen anzugehen. Lösungen sollten genauso kreativ sein wie die Ansage in einem ICE: Der Regionalexpress nach Bamberg wartet offiziell nicht. Allerdings ist der Lokomotivführer mein Schwiegersohn, und Sie werden den Zug erreichen.
(Heiterkeit)
In diesem Sinne wünsche ich uns, dass wir heute alle unsere Züge zu unseren Schwiegersöhnen oder sonstigen Familienmitgliedern erreichen und dass wir uns im nächsten Jahr hier wiedertreffen, um kreative Lösungen für unsere Bahn zu finden.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Zum Abschluss dieser Debatte hat der Kollege Ulrich Lange für die CDU/CSU das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Sören Bartol [SPD])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7046234 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 210 |
Tagesordnungspunkt | Bahnpolitik |