16.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 30

Josip JuratovicSPD - Integrationsförderung durch Kulturpolitik

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke der Union dafür, dass wir mit dem Antrag „Kultur baut Brücken“ gemeinsam ein positives Beispiel für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft bieten können. Was mich an dem Antrag so freut, ist, dass er in seiner Anlage und Haltung einmalig ist. Noch vor wenigen Jahren herrschte die Auffassung, Multikulti sei gescheitert. Mit dem vorliegenden Antrag wird nun deutlich, dass das Bekenntnis zur multikulturellen Gesellschaft in allen Parteien unseres Parlaments angekommen ist.

(Beifall bei der SPD)

Das hat nichts, aber auch gar nichts mit der sogenannten Leitkultur zu tun, wie es eine auflagenstarke Zeitung schreibt. Ja, in unserem Antrag ist die Rede von Deutschland als Kulturnation, geprägt von den Werten der Aufklärung, von Freiheit und Humanität. Ist das richtig? Ja. Ist das schlimm? Natürlich nicht. Sind wir an einem Punkt, wo wir als demokratische Parteien nicht mehr benennen können, was Deutschland prägt? Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich, wenn ich nach Kroatien fahre, für viele nur noch „der Deutsche“ bin. Warum? Weil sie an mir deutsche Verhaltensweisen erkennen. Das ist nun einmal so. Aber das alles hat nichts mit unserem Antrag zu tun. Denn nach dieser – ich nenne es einmal so – Standortbestimmung heißt es auch, dass unser Land vom Zusammenleben verschiedener Kulturen und von unterschiedlichen Lebenswelten geprägt ist. Das hätte sich die Zeitung als Schlagzeile nehmen sollen: Union und SPD bekennen sich zur Gesellschaft der Vielfalt. – Denn das ist der Kern unseres Antrags „Kultur baut Brücken“.

Kultur baut Brücken, und mit Kultur kann man vieles zum Ausdruck bringen, das man nicht in Worte fassen kann. Kultur verbindet emotional und ermöglicht die Vision von einer Traumwelt. Vieles, was heute Realität ist, war einst ein Traum. Kulturschaffende erkennen gegenseitig ihre Fähigkeiten und gehen in der Regel respektvoll miteinander um. Das ist beispielhaft für die Gesellschaft und ein wichtiger Beitrag für das friedliche Miteinander.

An dem Kulturbegriff, der unserem Antrag zugrunde liegt, gefällt mir besonders, dass er so umfassend ist. Denn es ist die Vielfalt kultureller Initiativen, die unsere Gesellschaft ausmacht.

(Beifall bei der SPD)

Sie unterstützen und würdigen wir mit unserem Antrag. So begrüßen wir nicht nur die Einrichtung der „Initiative kulturelle Integration“, sondern auch das Engagement der Bundesagentur für Arbeit, die in zwei Jahren kurzfristig 200 000 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern Sprachkurse ermöglicht hat. Denn auch Sprache ist Kultur.

Wir möchten nicht nur Integrationskurse durch regelmäßige kulturelle Aktivitäten ergänzen, wir wollen auch digitale Teilhabe und Medienbildung für Flüchtlinge fördern. Genauso förderwürdig im Zusammenhang mit Integration ist das Programm „Fußball trifft Kultur“. Dort können Kinder nicht nur Fußballspielen und gesellschaftliche Tugenden wie Teamgeist und Zusammenhalt erlernen, sie erhalten auch Förderunterricht. Auch das ist Teil der Alltagskultur.

Kultur ist eben kein Subventionsloch, in dem Gelder für verrückte Projekte verschwinden, sondern eine wichtige Investition in die Zukunft.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Uwe Schummer [CDU/CSU])

Jede und jeder Einzelne hat täglich mit Kultur zu tun, und genauso allgegenwärtig sind ihre Möglichkeiten der Integration. Allein, es muss der Wille der Gesellschaft sein.

Diesen Willen konnten wir in den vergangenen zwei Jahren deutlich erkennen. 8 Millionen Menschen haben sich im vergangenen Jahr ehrenamtlich engagiert. Viele der Freiwilligen haben auch kulturelle Angebote gemacht, zum Beispiel die Banda Internationale in Dresden oder das Projekt „Brücken der Kulturen“ von Guy Ramon in meinem Wahlkreis Heilbronn. Sie sind die stillen Helden hierzulande und helfen kaum hörbar. Die 800 000 Schreihälse hingegen, die rechte Parolen brüllen, werden von allen gehört. Lassen Sie uns dafür sorgen, dass den Engagierten unseres Landes mit diesem Antrag signalisiert wird, dass wir ihre Arbeit richtig und wichtig finden und uns nicht an den Bedenkenträgern orientieren

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und dass wir ein gemeinsames Ziel haben: eine starke, widerstandsfähige Gesellschaft der Vielfalt mit einer lebendigen, abwechslungsreichen Kunst- und Kulturszene als unverzichtbarem Bestandteil.

Ich bitte Sie, diesem Antrag zuzustimmen.

Danke schön für die Aufmerksamkeit.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7046264
Wahlperiode 18
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Integrationsförderung durch Kulturpolitik
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine