16.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 31

Stefan KaufmannCDU/CSU - Forschung und Innovation für Europas Zukunft

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Ralph Lenkert, ich bin katholisch, und ich kann auch etwas mit Weihrauch anfangen; ich war Ministrant. Ihre Anwürfe prallen an mir völlig ab.

Mit dem vorliegenden Antrag beteiligen sich die Koalitionsfraktionen sehr frühzeitig am Diskussionsprozess zum nächsten Forschungsrahmenprogramm. Indem wir heute diesen Antrag beschließen, leistet der Deutsche Bundestag als erstes und bislang auch einziges nationales Parlament seinen Beitrag zu diesem wichtigen Vorhaben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Gerade vor dem Hintergrund der anstehenden Zwischen­evaluierung des aktuell laufenden Programms „Horizont 2020“ sowie mit Blick auf das künftige Nachfolgeprogramm muss sich nach unserer Auffassung der Deutsche Bundestag schon jetzt in die Debatte auf europäischer Ebene einbringen und so dazu beitragen, dass die Leitplanken der künftigen EU-Forschungs- und Innovationspolitik auch richtig gesetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

So haben wir es im Übrigen auch schon bei unserem 8. Forschungsrahmenprogramm gemacht.

Mit dem Antrag geben wir der Kommission einen Leitfaden an die Hand, den diese bei der Erarbeitung des neuen Rahmenprogramms nutzen kann und – da bin ich mir sehr sicher – auch nutzen wird. Ich danke ausdrücklich dem Kollegen René Röspel und auch den Kolleginnen und Kollegen aus den mitberatenden Fachausschüssen für ihre konstruktiven Beiträge, die diesen Antrag aus unserer Sicht zu einem sehr gelungenen, einem sehr substanziellen Beitrag des Deutschen Bundestages in dieser Debatte machen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Angesichts vielfältiger politischer, wirtschaftlicher und auch gesellschaftlicher Krisen und Umbrüche – das wurde angesprochen – ist die Europäische Union heute mehr denn je gefordert, sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen. Spätestens seit dem 23. Juni, dem Brexit-Votum der Briten, hat auch in Deutschland eine umfassende Debatte über Europas Zukunft begonnen. Die jüngsten Entwicklungen in Italien und Österreich, aber auch die bevorstehenden Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich beobachten wir nicht nur als Nachbarn, sondern vor allem als Europäer mit ganz besonderer Aufmerksamkeit.

Klar ist – das wurde schon betont –: Nur gemeinsam kann Europa angesichts eines immer härter werdenden internationalen Wissens- und Innovationswettbewerbs seine Rolle als ein Kontinent der Ideen mit einer führenden Rolle in Wissenschaft, Forschung und Technologie behaupten. Hierfür müssen wir bereits heute in diversen politischen Handlungsfeldern, aber auch und gerade auf dem wichtigen Feld der Forschungs- und Innovationspolitik die richtigen Weichen stellen.

Was genau wollen wir als Parlament in diesem Prozess erreichen? Warum dieser Antrag? Was soll die Bundesregierung – Thomas Rachel hat ja schon gesprochen – auf europäischer Ebene einbringen? Ich freue mich, dass wir hier in einem großen Gleichklang arbeiten.

Beispiel „Europäischer Forschungsraum“. Es geht uns darum, bei der weiteren Gestaltung des Europäischen Forschungsraums sowohl die nationale wie auch die gemeinsame europäische Roadmap zum Europäischen Forschungsraum weiter konsequent umzusetzen und miteinander zu verzahnen. Es geht darum, dass der Europäische Forschungsraum zudem unverändert mitgliedstaatengetrieben und unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips weiterentwickelt wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vor allem soll die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass die für das laufende EU-Rahmenprogramm „Horizont 2020“ vorgesehenen Finanzmittel auch tatsächlich in vollem Umfang für die bisher bestimmten Zwecke zur Verfügung stehen.

(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])

Bei der Ausrichtung des Nachfolgeprogramms von „Horizont 2020“ – jetzt blicken wir in die Zukunft – sind uns insbesondere folgende Punkte wichtig – jetzt möchte ich doch, lieber Kollege René Röspel noch etwas zum Antrag sagen –

(René Röspel [SPD]: Gerne! Ich habe darauf gehofft!)

– du hattest darauf gehofft, dass ich das mache; genau –:

Ganz wichtig ist für uns die finanzielle Ausstattung des Nachfolgeprogramms, das ab 2021 laufen soll. Es soll mindestens denselben Umfang haben wie der ursprüngliche Haushaltsansatz für „Horizont 2020“, das heißt ein Haushaltsansatz ohne die gegenüber der Ausgangsplanung faktischen Kürzungen der letzten Jahre.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Die Exzellenz muss bei der Vergabe von Fördermitteln weiter höchste Priorität haben. Das haben alle Redner hier noch einmal betont.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Die Verbundforschung muss auch in Zukunft Kern der europäischen Forschungsförderung bleiben. René Röspel hat ausgeführt, was das heißt. Die Verbundforschung ermöglicht seit vielen Jahren erfolgreich grenzüberschreitende Zusammenarbeit der besten Forschungsakteure aus öffentlichem und privatem Sektor und bietet auch den KMU einen Einstieg in europäische Kooperationsnetzwerke. Deshalb ist dieses Instrument gerade für Deutschland so wichtig.

(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])

Außerdem schafft es für Europa einen Mehrwert, um den es uns gerade bei der europäischen Forschungsförderung immer wieder geht und der sich auch in den letzten Jahren gerade im Bereich der Verbundforschung bestätigt hat.

Noch ein Punkt, der uns sehr wichtig ist: Die zuwendungsbasierte Forschungs- und Innovationsförderung darf nicht weiter durch Kreditfinanzierungen ersetzt werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. Bernhard Kaster [CDU/CSU])

Ich sage es an dieser Stelle noch einmal deutlich: Wir halten den EFSI in seiner bestehenden Form nach wie vor für keine besonders gute Idee.

Gleichzeitig müssen wir die Rahmenbedingungen für den Wagniskapitalmarkt in Europa und vor allem den Zugang von Start-ups und innovativen KMU zu Wagniskapital weiter verbessern. Da hat Europa noch eine große Herausforderung zu bewältigen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir fordern darüber hinaus als weitere Leitmotive des künftigen Programms Mut zur Prioritätensetzung, das heißt auch zur Bildung kritischer Massen bei gleichzeitiger Flexibilität in den Forschungsbereichen. Wir fordern Klarheit der Struktur, vor allem Transparenz. Wir fordern eine Kontinuität bei den bestehenden Instrumenten, und wir fordern – ganz wichtig für die Antragstellung – eine konsequente Fortführung der Bemühungen um die Vereinfachung bei der Antragstellung.

Es wurde bereits gesagt: Der Europäische Forschungsrat als Flaggschiff der europäischen Spitzenforschung muss auch in der künftigen EU-Forschungsförderung eine herausgehobene Stellung einnehmen. Wir wollen ihn weiter stärken. Ich bin dafür dankbar – Thomas Rachel hat dazu einige Zahlen genannt –, wie Deutschland von diesem Instrument profitiert.

Ich möchte noch etwas zu dem sehr wichtigen Punkt „Innovationskluft in Europa“ sagen – Thomas Rachel hat es angesprochen –: Vor dem Hintergrund der anhaltend großen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bei der Beteiligung und erfolgreichen Einwerbung von Forschungsmitteln sollte das durch „Horizont 2020“ neu eingeführte Förderformat „Verbreitung von Exzellenz und Ausweitung der Beteiligung“ – so heißt es dort –, das wir unter anderem mit Teaming- und Twinning-Maßnahmen auf den Weg gebracht haben und das der Verringerung der Forschungsinnovationskluft in Europa dienen soll, spürbar ausgeweitet werden und – das ist eine neue Idee, die ich eingebracht habe – als Querschnittsmaßnahme in allen Programmlinien etabliert werden,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

sozusagen als ein Mainstreaming über alle Programmlinien hinweg.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie hilft das jetzt Rumänien und Griechenland konkret?)

Dieser Vorschlag wurde im Übrigen auf der Konferenz im Oktober dieses Jahres in Berlin, von der Thomas Rachel vorhin berichtet hat, insbesondere von den osteuropäischen Partnern begrüßt.

Das künftige Forschungsrahmenprogramm muss weiterhin ausschließlich für zivile Zwecke und Anwendungen gelten. Deshalb – das ist auch unsere Auffassung; hier sind wir d’accord mit dem Ministerium – muss ein künftiges europäisches Programm zur Verteidigungsforschung separat vom Forschungsrahmenprogramm eta­bliert werden.

(Beifall des Abg. René Röspel [SPD] – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man es überhaupt braucht!)

Ein letzter Punkt: Um das Potenzial und die Chancen der Digitalisierung in Wissenschaft und Forschung optimal nutzen zu können, unterstützen wir den Aufbau einer European-Open-Science-Cloud auf Basis der von der Europäischen Kommission aus unserer Sicht zu Recht vorgeschlagenen europäischen Cloudinitiative. Das ist aus unserer Sicht ein guter und richtiger Ansatz.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir, die Unionsfraktion, sind der festen Überzeugung, dass Europas Zukunft maßgeblich davon abhängen wird, dass Forschung und Innovation eine wichtige Rolle spielen; das wurde schon mehrfach betont. Nur so kann auch in Zukunft wirtschaftliches Wachstum generiert werden. Nur mit größtmöglicher Innovationskraft werden wir die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts für die Menschen bewältigen. Kai Gehring und andere Redner vor mir haben ja schon einige Aufgaben benannt. In der Hoffnung, dass diese Erkenntnis dazu beitragen wird, den europäischen Gedanken weiterzutragen und das Projekt „Europäische Union“ langfristig zu einem Erfolgsmodell zu machen, werden wir unseren heutigen Beschluss, so wir ihn nachher fassen werden, zeitnah dem zuständigen EU-Forschungskommissar in Brüssel zur Kenntnis bringen und damit diese Position des Deutschen Bundestages dort auch verankern.

Ich danke allen Beteiligten für die gute Zusammenarbeit und darf Ihnen allen frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr wünschen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit in 2017.

Danke sehr.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat die Kollegin Elfi Scho-Antwerpes für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7046301
Wahlperiode 18
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Forschung und Innovation für Europas Zukunft
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