16.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 210 / Tagesordnungspunkt 32

Stephan MayerCDU/CSU - Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan

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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Meine sehr verehrten Kollegen von der Opposition, Sie werden überrascht sein, aber ich bin Ihnen wirklich dankbar, dass Sie die beiden Anträge gestellt haben, die heute zur Debatte stehen. Diese Debatte gibt uns die Gelegenheit, manches zurechtzurücken, was aus meiner Sicht in den letzten beiden Tagen vollkommen fehl dargestellt wurde. Es gibt uns auch die Gelegenheit, damit aufzuräumen, dass Sie einen Umstand skandalisieren, nämlich die Sammelabschiebung, die am Mittwoch stattgefunden hat, die überhaupt kein Skandal ist.

(Beifall bei der CDU/CSU – Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Ach nee!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der eigentliche Skandal liegt in anderen Dingen. Schauen Sie sich in Berlin um. Schauen Sie sich den neuen Koalitionsvertrag der rot-rot-grünen Landesregierung an.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Ja, der ist super!)

Hier setzt sich die Landesregierung ganz klar dafür ein, Abschiebegewahrsam, Abschiebehaft auf die Bundesebene zu schieben, obwohl es täglich vorkommt, dass abzuschiebende Personen sich verflüchtigen und am Tag der Abschiebung nicht aufzufinden sind. Sie haben nach wie vor in Berlin über 3 000 Flüchtlinge in Schulturnhallen untergebracht. Damit ist es Kindern und Jugendlichen nach wie vor nicht möglich, dem Sportunterricht nachzugehen. Hier wäre Handlungsbedarf gegeben. Das ist der eigentliche Skandal, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Thema!)

Abschiebungen sind ein wesentlicher Bestandteil einer konsequenten Durchführung des Asyl- und Flüchtlingsrechts.

(Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Christdemokraten kurz vor Weihnachten! – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Sozialsenator war für die Unterbringung zuständig!)

Die Rechtsfolge kann doch nicht die gleiche sein, Frau Kollegin Künast. Gerade Sie als Vorsitzende des Rechtsausschusses müssten doch ein Interesse daran haben,

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und wie!)

dass es eine unterschiedliche Behandlung der Personen gibt, die ausreisepflichtig sind, gegenüber den Personen, die ein Bleiberecht haben. Es kann doch nicht sein, dass Personengruppen in der Rechtsfolge gleichbehandelt werden, unabhängig davon, ob sie als Flüchtlinge anerkannt werden oder nicht.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die werden nicht gleichbehandelt!)

Das ist der entscheidende Punkt. Deswegen gehört die Ausreise derer, die ausreisepflichtig sind, die kein Bleiberecht bekommen, zum Gesamtpaket des Asylrechts. Ich möchte einem deutlich entgegentreten, weil vonseiten der Opposition in den letzten beiden Tagen immer wieder der Vorwurf insinuiert wurde, Deutschland wäre herzlos, Deutschland wäre inhuman,

(Beifall der Abg. Ulla Jelpke [DIE LINKE])

wenn diese Sammelabschiebung stattfindet.

Ich möchte ohne Überhebung ganz klar sagen:

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Weihnachten!)

Bei der Flüchtlingskrise hat sich neben Schweden kein Land in den letzten 15 Monaten so humanitär gezeigt wie Deutschland.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen ist dieser Vorwurf vollkommen verfehlt. Es muss dazugehören, dass wir uns offen gegenüber denjenigen zeigen, die schutzbedürftig sind, die Verfolgung erlitten haben, die malträtiert wurden, die geknechtet wurden, die vergewaltigt wurden. Gegenüber denjenigen muss Deutschland immer offen und aufgeschlossen sein. Aber zum Gesamtkonzept gehört auch, dass diejenigen, die kein Bleiberecht haben, unser Land konsequent verlassen müssen.

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zum Thema, Herr Mayer! Afghanistan!)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, derzeit befinden sich ungefähr 250 000 afghanische Flüchtlinge in Deutschland. Afghanistan steht nach wie vor auf Platz zwei der Herkunftsländer. Im Jahr 2015 sind über 32 000 Asylanträge von afghanischen Staatsangehörigen gestellt worden. Allein in diesem Jahr sind es bislang über 115 000. Die Anerkennungsquote liegt derzeit bei rund 50 Prozent. Das bedeutet, dass ungefähr die Hälfte der afghanischen Antragsteller abgelehnt wird.

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, das ist politisch gewollt!)

Ihnen wird also weder ein Flüchtlingsstatus zuerkannt noch der Status des Asylbewerbers.

Wir haben derzeit über 12 500 ausreisepflichtige Afghanen in Deutschland. Ich finde es deshalb sehr konsequent und ich bin der Bundesregierung und vor allem dem Bundesinnenminister sehr dankbar, dass in den letzten Monaten sehr massiv die freiwillige Ausreise gefördert wurde. Es haben – das ist in der Debatte bislang leider untergegangen – allein schon in diesem Jahr über 3 200 freiwillige Ausreisen von afghanischen Staatsangehörigen in ihr Heimatland stattgefunden. Das bedeutet eine Verzehnfachung der freiwilligen Ausreisen im Vergleich zum Jahr 2015. Die Bundesregierung und die Große Koalition unterstützen diese freiwilligen Ausreisen richtigerweise.

Wir haben allein im Bundeshaushalt 2017  90 Millionen Euro zusätzlich für die Förderung der freiwilligen Ausreise und vor allem auch für die Förderung der Reintegration zur Verfügung gestellt. Es geht doch ganz entscheidend darum, dass man den Heimreisenden die Integration im Heimatland erleichtert. Dafür stellen wir entsprechend Mittel zur Verfügung. Es wird bei freiwilliger Ausreise nicht nur die Heimreise bezahlt; es werden auch 500 Euro pro Person für die Reintegration im Heimatland zur Verfügung gestellt und Beihilfen für die Reise innerhalb des Heimatlandes gewährt. Ich glaube, Deutschland zeigt sich hier wirklich sehr human und auch sehr unterstützend.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, nun konkret zum angeblichen Skandal, der vorgestern stattgefunden haben soll. Was ist passiert? Es sind 34 Personen abgeschoben worden, davon 10 einschlägig vorbestrafte Straftäter, die sich Delikte wie Totschlag, Vergewaltigung, Raub und Diebstahl schuldig gemacht haben. Ich bin der Meinung, es ist gut, dass sie mittlerweile außer Landes sind.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte auch in aller Deutlichkeit sagen: Es ist bei jedem Einzelnen der 34 eine umfangreiche Einzelfallprüfung durchgeführt worden,

(Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selber nicht! Das kann ich Ihnen gleich erzählen!)

ob die Rückführung ins Heimatland zumutbar ist. Natürlich ist die Sicherheitslage in Afghanistan problematisch; aber es gibt durchaus auch Gegenden und Städte, in denen man mittlerweile wieder gefahrlos und sicher leben kann.

Ich möchte hier für die CDU/CSU-Fraktion ganz deutlich sagen: Wir unterstützen unseren Bundesinnenminister Thomas de Maizière weiterhin nachdrücklich in dem Bestreben, dass nach dem Sammelflug vom Mittwoch im nächsten Jahr weitere Sammelrückführungen stattfinden werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin auch dem Bundesinnenminister sehr dankbar, dass er persönlich mit dazu beigetragen hat, dass ein Rückführungsabkommen zwischen Deutschland und Afghanistan zustande gekommen ist.

Abschließend geht mein klarer Appell an die Adresse der Länder, sich intensiver zu beteiligen. Es haben nur sechs Länder afghanische Staatsangehörige für diesen Sammelflug vom vergangenen Mittwoch gemeldet. Wir haben derzeit über 210 000 ausreisepflichtige Personen. Die Befürchtung ist, dass diese Zahl deutlich ansteigt und sich vielleicht bis zum Ende nächsten Jahres sogar mehr als verdoppelt. Damit dies verhindert wird, müssen Abschiebungen weiterhin konsequent durchgeführt werden, weil damit auch der Anreiz reduziert wird, sich weiterhin auf den gefahrvollen Weg nach Deutschland zu machen, und – das ist für mich ein ganz entscheidender Punkt – weil damit auch das Verständnis und die Akzeptanz in der deutschen Bevölkerung für unser Asylrecht, das sehr human ist, wieder gestärkt werden.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7046488
Wahlperiode 18
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Schutz für Flüchtlinge aus Afghanistan
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