Stephan HarbarthCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum CDU-Parteitagsbeschluss zum Optionszwang
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Häufig war in den letzten Jahren die Rede davon, die politischen Parteien würden sich gar nicht mehr unterscheiden; es sei praktisch alles eins. Wir sehen heute: Das Gegenteil ist der Fall. Wir in CDU und CSU sind in puncto Integration und Staatsangehörigkeit ganz anderer Auffassung als der Rest dieses Hauses, und das ist auch gut so.
Wir haben für diese Legislaturperiode eine Koalitionsvereinbarung mit der SPD geschlossen. Die gilt. Aber es ist nicht Aufgabe einer Partei, nachzuplappern, was in einer Koalitionsvereinbarung steht, sondern die Aufgabe ist, eigene Positionen zu entwickeln.
(Dr. Katarina Barley [SPD]: Genau!)
Deshalb hat meine Partei auf dem Bundesparteitag einen Beschluss gefasst, mit dem sie sich für eine Rückkehr zur Optionspflicht ausspricht.
Es geht in diesem Beschluss – Frau Barley, wenn Sie den Beschluss gelesen hätten, dann hätten Sie das in Ihrer Rede auch anders darstellen können – nicht um die Beseitigung der doppelten Staatsangehörigkeit;
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Aber um die Brüskierung der Kanzlerin!)
es geht in diesem Beschluss einzig und allein um die Frage: Sollen junge Erwachsene, die in Deutschland als Kinder zweier ausländischer Eltern geboren worden und in Deutschland aufgewachsen sind, eine Wahl zwischen der deutschen Staatsangehörigkeit und der ihrer Eltern treffen? Das ist die Frage.
Es war ein Beschluss, der mit knapper Mehrheit gefasst wurde. Schon das zeigt: Es gibt gute Gründe, die für die eine wie für die andere Auffassung sprechen. Die Folgen sind nicht trivial. Deshalb sollten wir über diese Fragen sachlich diskutieren und Andersdenkende nicht dämonisieren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sollten Sie einmal in die Reihen der CDU/CSU sagen!)
Wer in den Tagen nach unserem Bundesparteitag den Grünen zugehört hat – auch heute wieder –, der musste sich fürchten und bekam es fast mit der Angst zu tun, wenn manches nicht so lächerlich gewesen wäre.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie schüren Angst und Ressentiments!)
Da war die Rede von schlimmem Populismus. Da war die Rede von einem bösen Rechtsruck. Meine Damen und Herren von den Grünen, Sie haben ein kurzes Gedächtnis.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt passt Ihr geschriebener Text nicht zu meiner Rede! Das ist aber dumm!)
Deshalb helfe ich Ihnen gerne. Das, was Sie als schlimmen Populismus schmähen, war bis vor genau zwei Jahren geltendes deutsches Recht.
(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zu Recht aufgeweicht! – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das ist zum Glück geändert worden!)
Dieses geschmähte Recht ist im Jahr 1999 von niemand anderem gemacht worden als von SPD und Grünen selbst.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Mit Ihren überzogenen Kommentaren treffen Sie deshalb nicht die Union, sondern Sie ballern in Ihrem Fanatismus auf den eigenen Laden, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon einmal etwas von der Funktion des Bundesrates gehört? – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er kennt unseren Ursprungsentwurf!)
Gerade von den Grünen braucht sich die Union in der Integrations- und Staatsangehörigkeitspolitik nicht belehren zu lassen.
Wir, nicht Sie, haben den Integrationsgipfel ins Leben gerufen. Wir, nicht Sie, haben einen Nationalen Integrationsplan vorgelegt. Wir, nicht Sie, haben in diesem Jahr ein Integrationsgesetz verabschiedet. Während wir gehandelt haben, haben Sie in der Opposition Ihre Multikultikonzepte gepflegt. Das ist die Wahrheit und der zentrale Unterschied zwischen Ihnen und uns.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn die Integrationskurse erfunden? Sie oder wir?)
Die Grünen empfehlen in Gestalt der Kollegin Künast der Polizei, bei Einsätzen in Moscheen die Schuhe auszuziehen. Wir in der Union sagen: Wenn die Polizei vor der Tür steht, dann klopft nicht ein unerwünschter Hausierer, sondern der deutsche Rechtsstaat. Und der deutsche Rechtsstaat kommt nicht auf Socken daher, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind jetzt auch Fake News, Herr Harbarth! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zitieren Sie doch nicht ständig die AfD!)
Die Grünen raten in Gestalt des Kollegen Beck einem Deutschen, der darüber klagt, dass er die Menschen in seiner Straße nicht mehr versteht, die fremde Sprache zu lernen. Wir in der Union sagen: Das Erlernen der deutschen Sprache ist das Mindeste, was wir als Voraussetzung für gelungene Integration brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das habe ich davor ausführlich gesagt!)
Wer in diesem Land als Kind ausländischer Eltern aufwächst, macht das in einem Land, das ihm unendlich viele Chancen bietet.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aus einem Kind ausländischer Eltern kann in Deutschland alles werden. Es kann eine gute Schule besuchen. Es kann jeden Beruf ergreifen. Es kann an einer unserer besten Universitäten studieren. Alles in Freiheit, alles in Sicherheit und alles unter dem Schutz dieses Landes. Wenn dieses Land am Ende dieses Prozesses den jungen Erwachsenen bitten würde, sich bei der Wahl seiner Staatsangehörigkeit zu entscheiden, dann wäre das kein schlimmer Populismus, dann wäre das kein schlimmer und böser Rechtsruck, sondern dann wäre das nur recht und billig, meine Damen und Herren.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Katarina Barley [SPD]: Warum? Aus welchem Grund?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir, bevor ich in der Debatte wieder das Wort erteile, einen Hinweis an die erfreulicherweise so zahlreichen Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich beispielsweise fragen, warum die Meldung der Kollegin Künast nicht zum Erfolg geführt hat. Wir sind in einer Aktuellen Stunde. In diesem Format ist es nicht wie sonst in unseren Debatten möglich, Fragen zu stellen, Bemerkungen zu machen oder Dinge bilateral zu diskutieren. Dieser Austausch muss auf anderem Wege erfolgen. – Das nur zur Erklärung, damit wir hinterher nicht die entsprechenden Nachfragen bearbeiten müssen.
Wir fahren fort in der Debatte zur Aktuellen Stunde. Das Wort hat die Kollegin Ulla Jelpke für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7046529 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 210 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum CDU-Parteitagsbeschluss zum Optionszwang |