16.12.2016 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 210 / Zusatzpunkt 10

Stephan MayerCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum CDU-Parteitagsbeschluss zum Optionszwang

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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr geehrte Kollegen! Ich habe gehofft, dass diese letzte Debatte vor der Weihnachtspause in einer vorweihnachtlichen, ruhigen, sachlichen, unaufgeregten Form abläuft. Diese Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Kollege Krings hat das verursacht!)

Wenn man sich als objektiver Beobachter der Debatte die Reden der Opposition und leider auch der SPD angehört hat mit den Vorwürfen, die uns als CDU/CSU gemacht wurden, dann ist man, glaube ich, erstaunt. Da kamen die Vorwürfe: Hetze, Populismus, Ideologie, Rassismus, Türkenfeindlichkeit. Kein Vorwurf, den Sie uns gemacht haben, war Ihnen zu billig.

(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Schlimme ist ja, dass das alles zutrifft!)

Ich sage Ihnen eines ganz deutlich, weil Sie uns, der CDU/CSU, jetzt mehrmals den Vorwurf gemacht haben, wir würden mit der Debatte zur Spaltung der Nation, zur Spaltung unseres Volkes, beitragen:

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun Sie!)

Das Gegenteil ist der Fall. Sie tragen mit Ihrer Rhetorik und Ihren unerhörten Vorwürfen zur Spaltung und zur Polarisierung unserer Gesellschaft bei.

(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie spalten!)

Ein verständiger und neutraler Beobachter dieser Debatte muss doch den Eindruck haben, dass Sie an der Realität in unserem Land vollkommen vorbeidiskutieren.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn den Beschluss gefasst? Das wart ihr in der CDU!)

Ich möchte eines klarstellen: Frau Kollegin Künast, Ihr Kollege Mutlu hat behauptet, mein Kollege Harbarth hätte Ihnen ein falsches Zitat in den Mund gelegt. Sie wissen, ich bin Ihnen zur Seite gesprungen und habe viel Verständnis für Ihren Unmut über die jüngste Fake News, die Ihnen zugeschrieben wurde. Aber mein Kollege Harbarth hat vollkommen recht: Sie haben dieses Zitat bezüglich der Vorgehensweise von Polizisten in Moscheen in einer Sendung von Maischberger gebracht, und zwar am Dienstag, den 6. Oktober 2015.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe sie nicht aufgefordert, sondern auf die Frage, ob ich das gut fand, geantwortet! Ich habe gesagt, das finde ich respektvoll!)

Ich wollte das hier nur richtigstellen, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Passen Sie auf! Die rufen gleich den Ältestenrat an!)

Ich möchte deutlich machen: Ich habe Sympathie für den Parteitagsbeschluss der CDU, was die Rückkehr zur früheren Rechtslage anbelangt. Ich möchte auch hervorheben: Worüber regen Sie sich von den Grünen und von der SPD auf, wenn die CDU oder auch die CSU in einem Beschluss die Rückkehr zur früheren Rechtslage fordert?

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen wir den Ältestenrat anrufen?)

Genau Sie haben diese Rechtslage 1999 herbeigeführt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie wenden sich gegen etwas, wofür Sie 1999 selbst waren.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir haben in dieser Legislaturperiode das Staatsangehörigkeitsrecht verändert. Wir haben die Optionspflicht nicht abgeschafft, sondern nur eingeschränkt. Ich möchte auch keinen Hehl daraus machen: Das war nicht unser Wunsch, das war der Wunsch unseres Koalitionspartners. Wir haben uns insofern koalitionsvertragstreu verhalten.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Sie haben zugestimmt!)

Wir haben die Optionspflicht unter bestimmten Voraussetzungen für die Menschen aufgehoben – sie konnten also beide Staatsbürgerschaften behalten –, bei denen es klare Indizien dafür gibt, dass sie in die deutsche Gesellschaft integriert sind. Die Voraussetzungen dafür sind, dass sie bis zu ihrem 21. Lebensjahr mindestens acht Jahre in Deutschland gelebt haben, sechs Jahre zur Schule gegangen sind oder einen erfolgreichen Schulabschluss oder einen erfolgreichen Berufsschulabschluss gemacht haben. Das sind klare Indizien.

Ich bin auch der Überzeugung, es wäre jetzt falsch, in gesetzgeberischen Aktionismus zu verfallen

(Dagmar Ziegler [SPD]: Vor allen Dingen erfolglos!)

und in der laufenden Legislaturperiode noch einmal Hand an das Staatsangehörigkeitsrecht zu legen. Ich möchte aber auch die Frage stellen, ob wir nicht vielleicht vorschnell gehandelt haben. Führen wir uns die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate vor Augen: den Putschversuch in der Türkei am 15. Juli dieses Jahres, in der Folge davon die innerstaatlichen Konflikte in der Türkei, die auch klare Auswirkungen in Deutschland haben.

Auch in Deutschland gab es Demonstrationen von türkischen Staatsangehörigen und von deutschen Staatsangehörigen türkischer Herkunft für Erdogan und gegen Erdogan. Wir haben doch klar gesehen, dass diese Vorkommnisse in der Türkei, auch die bilateralen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland, auf unser Land nicht ohne Auswirkungen geblieben sind und nicht ohne Auswirkungen bleiben.

Deswegen ist die Frage vollkommen berechtigt: Wem gilt die Loyalität eines türkischen Staatsangehörigen oder eines deutschen Staatsangehörigen türkischer Herkunft, wenn er in Deutschland demonstriert? Gehört die Loyalität dem Volk mit einer Bundeskanzlerin Angela Merkel oder dem Volk mit einem Präsidenten Erdogan? Das ist doch eine berechtigte Frage, Herr Kollege Lischka.

(Beifall bei der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Wenn sich die Bayern zwischen Bayern und Deutschland entscheiden müssten, wären sie immer für den Freistaat! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie treiben mit Ihrer Politik die Leute in seine Arme! Kapieren Sie es doch!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind klar der Auffassung: Es muss beim Grundsatz bleiben, dass man nur eine Staatsangehörigkeit hat, die Mehrstaatigkeit muss die Ausnahme bleiben. Es ist ein Irrglaube, meine Kolleginnen und Kollegen von der Opposition und von der SPD, zu denken, dass man Integration über einen Ausweis erreicht.

(Dr. Eva Högl [SPD]: Aber auch! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat hier keiner behauptet!)

Man erreicht Integration über tatsächliche Maßnahmen.

Eines möchte ich Ihnen zum Abschluss ins Stammbuch schreiben. Erst seit Angela Merkel im Bundeskanzleramt sitzt, ist Integration ganz oben auf der politischen Agenda angekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. René Röspel [SPD])

Sie haben immer nur geschwätzt und geredet.

(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat denn die Integration ins Aufenthaltsgesetz geschrieben?)

Aber Sie haben für Integration nichts getan. – Ich möchte zu meiner Hoffnung zurückkehren, dass wir die weitere Debatte in der erforderlichen Sachlichkeit und auch in der erforderlichen Ruhe führen können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin der festen Überzeugung, dass es richtig ist, in der verbleibenden Zeit der Legislaturperiode das Staatsangehörigkeitsrecht so zu belassen, wie es ist.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Das geht ja auch gar nicht anders!)

Aber im Wahlkampf werden wir mit Sicherheit mit unseren Wählerinnen und Wählern über dieses gesellschaftspolitisch wichtige Thema sehr intensiv diskutieren. Das werden wir von der CDU und von der CSU machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das Wort hat der Kollege Helmut Brandt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7046563
Wahlperiode 18
Sitzung 210
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zum CDU-Parteitagsbeschluss zum Optionszwang
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