18.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 211 / Zusatzpunkt 1

Eva HöglSPD - Aktuelle Stunde zu Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19. Dezember 2016 ist der internationale Terror ganz nah an uns herangerückt. Schon die Anschläge in Paris, in Istanbul und in Brüssel fanden in unserer Nähe und an Orten statt, die wir alle kennen und wo wir uns oft aufhalten. Aber mitten in Berlin, auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, das war ganz nah. Und das sage ich nicht nur als Berlinerin.

Unmittelbar nach dem Anschlag, als wir alle noch schockiert waren – wir sind es ja bis heute – und getrauert haben, erreichten uns die ersten markigen Sprüche. Absurder konnten die Forderungen nicht sein. Viele wussten direkt, was zu tun ist und woran es gelegen hat. Ich sage es hier ganz deutlich: Wir dürfen nicht zulassen, dass Populisten und Scharfmacher an den Rändern unserer Demokratie versuchen, diesen Anschlag vom 19. Dezember 2016 zu instrumentalisieren, um die rechtsstaatlichen Errungenschaften und unsere grundgesetzlich verankerten demokratischen Werte infrage zu stellen.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich finde es auch falsch und gefährlich, wenn den Bürgerinnen und Bürgern ständig und nach jedem Anschlag oder Amoklauf – nach jedem noch so schrecklichen Ereignis – signalisiert wird, unsere Sicherheitsgesetze seien unzureichend. Das stimmt nämlich nicht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Zu den Fehlern kommen wir natürlich noch; aber ich möchte heute auch sehr deutlich sagen: Bei aller Kritik im Detail – das werden wir sorgfältig analysieren – leisten unsere Behörden in den Bundesländern und im Bund eine ganz hervorragende Arbeit. Das gehört bei einer solchen Debatte heute auch in die Diskussion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volker Kauder [CDU/CSU]: Unterschiedlich!)

Herr Harbarth, genau in diesem Duktus wollte ich heute hier sprechen. Ich will Ihnen offen sagen, dass es mir schwerfällt, das so deutlich zu artikulieren; aber das, was Sie hier eben vorgetragen haben, war wirklich niveaulos.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das gehört nicht in eine so wichtige Debatte. Herr de Maizière hat zu Recht gesagt: Schuldzuweisungen sind hier fehl am Platz.

(Beifall bei der SPD)

Herr Harbarth, ich muss darauf reagieren und will einmal daran erinnern, wer hier in Berlin fünf Jahre lang Verantwortung für den Innen- und den Justizbereich getragen hat. Beide Ressorts wurden hier in Berlin fünf Jahre lang von der CDU verantwortet.

(Thomas Oppermann [SPD]: In der fraglichen Zeit!)

Wenn Sie sich die Chronologie angucken, die wir heute in einer aktualisierten Fassung auf den Tisch bekommen haben, dann sehen Sie, dass es dort um Berlin geht: um das Landeskriminalamt Berlin und um die Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Ein Staatsanwalt in Berlin hat am 21. September 2016 die Maßnahmen eingestellt. – Ich will so eigentlich nicht diskutieren;

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Da gibt es viel aufzuklären!)

ich lasse es dabei auch bewenden. Aber die Debatte in der Form zu führen, wie Sie es getan haben, führt nicht zu einem Ergebnis.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Fall Amri ist deshalb so tragisch, weil die Behörden wohl selten so viel über einen Gefährder wussten, wie sie über Amri gewusst haben. Deswegen muss natürlich schonungslos analysiert werden, wo, an welcher Stelle, Fehler gemacht worden sind. Das alles müssen wir schonungslos aufklären. Für die SPD-Bundestagsfraktion sage ich: Wir werden uns mit jedem geeigneten Instrument an der Aufklärung beteiligen. Das betrifft den Bund, die Bundesländer und alle Behörden.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen ehrlicherweise sagen: Der Fall Amri zeigt, dass bereits bestehende Gesetze viel besser hätten angewandt werden müssen;

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Richtig!)

denn wir haben ein Instrumentarium in diesem Land. Wir haben scharfe Gesetze. Viele haben wir in dieser Legislaturperiode noch verschärft. Diese Gesetze hätten im Fall Amri angewandt werden müssen. Dafür hätte es an der einen oder anderen Stelle die Möglichkeit gegeben.

(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch wir als Gesetzgeber sind gefragt. Die SPD-Bundestagsfraktion unterstützt ganz ausdrücklich, was Bundesminister Maas und Bundesminister de Maizière vereinbart haben und uns vorlegen werden. Wir werden das im parlamentarischen Verfahren beraten; denn wenn wir schon jetzt feststellen, dass wir Optimierungsbedarf haben – der Fall Amri gibt genügend Anlass, zu sagen: wir haben Optimierungsbedarf im Bereich der Gefährder, bei der Zusammenarbeit der Behörden, im Bereich Europa und auch im ausländerrechtlichen Bereich –,

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beim Waffenrecht!)

dann sind wir als Gesetzgeber hier und jetzt gefordert, Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Als letztes Stichwort dürfen wir die Prävention nicht vergessen. Auch da müssen wir noch eine Schippe drauflegen. Wir müssen die 100 Millionen Euro, die wir zur Verfügung gestellt haben, gut einsetzen, damit wir eine solche Radikalisierung schon im Ansatz verhindern.

Eine allerletzte, gute Nachricht – das ist ein Auftrag an uns als Gesetzgeber –: Die letzte Umfrage hat gezeigt, dass sich rund 75 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sicher fühlen.

(Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]: Genau!)

Das können gerne noch ein paar mehr werden; aber bei dieser Zahl soll es auf jeden Fall bleiben. Daran arbeiten wir gemeinsam sehr konzentriert.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Hans-Christian Ströbele, Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7060363
Wahlperiode 18
Sitzung 211
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit
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