Nicole MaischDIE GRÜNEN - Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die zentrale Agrardebatte in diesem Jahr führen wir jetzt zum Auftakt der Grünen Woche. Und was macht die Koalition mit all ihrer Redezeit? Sie redet an allem, was beim Thema Landwirtschaft strittig ist, vorbei,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
etwa an der Grünen Gentechnik. Warum habe ich hier nichts zu Ihrem „Gentechnik-Ermöglichungsgesetz“ gehört, das Sie so kompliziert gestrickt haben, dass nationale Verbote zum Anbau von Gentechpflanzen so gut wie unmöglich sind. Das mag vielleicht im Sinne von Kees de Vries sein – er gibt ja auch immer offen zu: er ist für die Grüne Gentechnik –; aber es ist gegen den Willen von 80 Prozent der Menschen in diesem Land.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren von der SPD, wenn Sie dem so zustimmen, dann haben Sie die Menschen in diesem Land belogen; denn Sie haben versprochen: Wir bekommen nationale Anbauverbote, die auch durchsetzbar sind.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir zählen hier auf Sie: Dem können Sie so nicht zustimmen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])
Ich finde, man merkt diesem parlamentarischen Verfahren an, dass es in diesem Land nur eine politische Kraft gibt, die ganz klar gegen die Agrogentechnik steht,
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Gegen die Bauern steht! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Für die Bauern!)
und diese Kraft, meine Damen und Herren, ist Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich möchte den Minister – er ist jetzt leider nicht mehr da – an ein Versprechen erinnern. Herr Schmidt hat an diesem Pult versprochen, am Ende seiner Amtszeit soll es den Tieren besser gehen. Man kann nur sagen: Dieses Versprechen wurde gebrochen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Karin Binder [DIE LINKE])
„Freiwillige Verbindlichkeit“ – das war sein Konzept, und das ist krachend gescheitert. Es hat sich für die Tiere in unseren Ställen doch nichts verändert. Amputationen, Qualzuchten, Kükenschreddern: Bei allem hat er versprochen: Das soll ein Ende haben. – Aber es geht in den Ställen genauso weiter wie zuvor. 2017, hat er versprochen, soll das Kükenschreddern beendet werden, aber es geht weiter wie bisher. Er präsentiert auf der Grünen Woche einen Wunderapparat zur Geschlechtserkennung im Ei, aber er muss uns hier mal erklären: Wenn es kein Verbot des Kükenschredderns gibt, wer schafft sich denn dann so einen teuren Apparat überhaupt an? Der Minister regt sich über vegane Würstchen auf. Aber ich bin der Meinung: Die größte Mogelpackung in diesem Land ist, dass er sich Tierschutzminister nennen darf.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Daran wird auch das Tierschutz-Label nichts ändern, das auf der Grünen Woche präsentiert werden soll. Freiwilligkeit hilft der Masse der Tiere nichts. Wir brauchen, wie Minister Backhaus gesagt hat, eine klare, gesetzlich verpflichtende Kennzeichnung – 0, 1, 2, 3 – wie bei den Eiern. Das ist gelernt bei den Konsumenten, und das zeigt wirklich über die Preise der Produkte, wie das Tier gehalten wurde.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde es ganz erstaunlich, dass der Minister zwar kein Konzept für sein Label hat, aber jetzt schon weiß, dass er 70 Millionen Euro in Berliner Werbeagenturen investieren will, um es zu promoten. Ich finde auch, Sie müssen beantworten, wo die 3 bis 5 Milliarden Euro herkommen sollen, die der Umbau der Tierhaltung in diesem Land laut Aussage Ihrer eigenen Agrarexperten kosten soll.
Meine Damen und Herren, im Ernährungsbereich sieht es doch nicht besser aus. Der Minister sagt immer: Ich möchte den Leuten nicht auf den Teller regieren. – Gut. Aber das heißt ja nicht, dass man das Regieren überhaupt ganz einstellen soll.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)
Wir erwarten, dass dieser Minister seine Verantwortung wahrnimmt, dass er die Verbraucher schützt vor Mineralöl und anderem Krempel im Essen, der da nicht reingehört, dass er endlich, wie er es versprochen hat, dafür sorgt, dass die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen öffentlich gemacht werden, und dass er einsieht, dass sich die Lebensmittelverschwendung nicht mit Pressemitteilungen beenden lässt. Wir finden: Es ist jetzt, 2017, nicht mehr an der Zeit, Grünbücher zu veröffentlichen. Sie als CSU sind seit 2005 im Agrarministerium in der Verantwortung. Sie müssen jetzt damit anfangen, zu arbeiten, und nicht damit, sich über irgendwelche Themen zu unterhalten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das wird die letzte Grüne Woche – hoffentlich – dieses Ministers sein. Ich frage: Was bleibt von diesem Minister?
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Noch ist er ja da!)
Wir haben ja ganz viele schöne Sachen darüber gehört, was angeblich so toll ist auf dem Land. Aber was ist denn mit dem Höfesterben? Von den Milchbauern, die es am Anfang Ihrer Regierungszeit gab, ist doch nur noch ein Drittel übrig geblieben. Es haben doch 90 Prozent der Sauenhalter ihre Höfe aufgegeben. Ich finde, das ist ein Punkt. Sie regen sich über Herrn Hofreiter auf, Frau Connemann,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Nein!)
so nach dem Motto „Pippi Langstrumpf“. Der eigentliche Skandal ist doch, dass Sie nicht in der Lage sind, Ihre eigene Klientel zu schützen, dass Sie nicht in der Lage sind, die Bauern vor dem Konkurs zu retten. Das, finde ich, ist der Skandal.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Frau Kollegin Maisch.
Ich habe die Zeit im Blick. Ich komme zum Ende.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Lange zehn Minuten!)
Was bleibt von diesem Landwirtschaftsminister? Wirklich nicht viel: die Greußener Salami, Höfesterben, nitratbelastetes Grundwasser und hier, in der Mitte von Berlin, mehr Vögel und Insekten als in vielen ländlichen Räumen. Ich finde das enttäuschend, und deshalb gehe ich, wie viele Tausend andere Leute, diesen Samstag bei „Wir haben es satt!“ auf die Straße. Im Moment haben Sie noch das Ministeramt, aber wir haben, was die Landwirtschaft angeht, die gesellschaftlichen Mehrheiten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE] – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ihr habt es aber noch nicht geschafft, das verbal umzusetzen! Aktuell 9 Prozent Mehrheit in Deutschland!)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Marlene Mortler, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7060857 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik |