19.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 212 / Tagesordnungspunkt 5

Johannes Singhammer - 13. Sportbericht der Bundesregierung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute den 13. Sportbericht der Bundesregierung. Dieser Bericht macht deutlich, dass der Sport in unserem Land nicht mehr wegzudenken ist. Er zeigt, was Sport in unserer Gesellschaft bewirkt.

Ohne die finanzielle Unterstützung der Bundesregierung wären der Spitzensport und auch in Teilen der Breitensport in ihrer bisherigen Form nicht möglich. Unsere Spitzensportlerinnen und Spitzensportler können sich mit dieser Förderung intensiv auf ihre Wettkämpfe vorbereiten. Das zeigt: Sport muss langfristig gedacht werden.

(Beifall bei der SPD)

Basis für den Spitzensport ist der Breitensport; denn ohne Breite keine Spitze. In den mehr als 90 000 Sportvereinen in Deutschland sind über 27 Millionen Mitglieder organisiert.

Damit die Menschen auch zukünftig ihren Sport treiben können, sind Investitionen in die Sportanlagen dringend notwendig und von existenzieller Bedeutung. Sportanlagen bringen aber nicht immer nur Freude, sondern auch Konflikte. In dichter werdenden Städten müssen wir immer auch für Akzeptanz bei den Anwohnern von Sportanlagen werben. Zu häufig kann der Sport nicht stattfinden, weil entweder die Anwohner gegen den Sportlärm klagen oder die Anlagen marode sind. Der Sport fällt bei finanzieller Not der Kommunen fast immer als Erstes einer Sparwelle zum Opfer.

Dabei übernimmt der Sport auf vielfältige Art und Weise und in vielen Lebensbereichen eine wichtige soziale Funktion. Der Sport mit seinem integrativen Charakter hilft dabei, Vorurteile abzubauen, Werte zu vermitteln und zu integrieren. Sport baut Brücken zwischen Menschen unterschiedlichster sozialer und kultureller Herkunft.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Gerade für Kinder und Jugendliche trägt der Sport wesentlich zum Erlernen von sozialer Kompetenz bei. Daher ist es auch in Zukunft notwendig, dass wohnortnahe Sportstätten flächendeckend in Deutschland vorhanden sind. Der Sport darf nicht aus den Innenstädten verdrängt werden.

Der Modernisierungs- und Sanierungsbedarf für Sportstätten in Deutschland ist enorm. Viele Anlagen sind mehrere Jahrzehnte alt und ähnlich wie Schulen entsprechend marode. Umso erfreulicher ist es, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns in den aktuellen Haushaltsverhandlungen damit durchsetzen konnten, dass es ein 100-Millionen-Euro-Investitionsprogramm geben wird.

(Beifall bei der SPD)

Sportvereine haben die Möglichkeit, sich um einen Zuschuss für solche Investitionen zu bewerben.

Nicht nur der Zustand der Sportstätten schafft Probleme, sondern auch der sogenannte Sportlärm. Wir haben Verständnis für die Anwohner von Sportanlagen. Nur haben auch die Sportler ein Recht auf Ausübung ihrer Aktivitäten. Für beide Seiten des Zauns werden wir noch in dieser Legislaturperiode klare Regeln schaffen. Die Berücksichtigung von spielenden Kindern und die Akzeptanz von Kinderlärm müssen ein Teil der Verordnung sein.

An dieser Stelle möchte ich den rund 2 Millionen Menschen in Deutschland danken, die sich in ihren Sportvereinen freiwillig engagieren; denn ohne sie hat der Sport und haben die Vereine keine Chance, zu überleben. Sie leisten mit ihrem Engagement einen unentbehrlichen Beitrag für unser funktionierendes Gemeinwesen. Viele Bereiche des öffentlichen und sozialen Lebens würden ohne die insgesamt 30 Millionen Ehrenamtlichen in diesem Land kaum mehr existieren.

Der Sportbericht endet mit dem Jahr 2013. Seitdem hat sich vieles in diesem Land verändert. In den letzten Jahren ist es in Deutschland leider wieder salonfähig geworden, mit Stammtischparolen über Minderheiten zu urteilen und zu hetzen. Der Schutz aller Menschen vor Rassismus und Diskriminierung ist für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten und für die Bundesregierung ein Ziel von herausragender Bedeutung.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Für uns auch! – Beifall bei der SPD und der LINKEN)

– Für die Linke und für die Grünen garantiert auch. Danke, André.

Akzeptanz und Respekt sind die Grundbedingungen für ein friedliches Zusammenleben. Daher begrüßen wir es außerordentlich, dass das Bundesfamilienministerium und unsere Ministerin Manuela Schwesig die Mittel für das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ auf über 100 Millionen Euro aufgestockt haben. Mit diesen Mitteln sollen auch soziale Projekte des Amateursports unterstützt werden. Ich finde es wichtig, den braunen Hetzern aus der rechten Ecke die rote Karte zu zeigen. Deutlich wurde dies im Fall des FC Ostelbien Dornburg aus Sachsen-Anhalt, der überregional für Aufsehen sorgte. Die Spieler nutzten das Spielfeld, um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten, die sie auch unter Anwendung von körperlicher Gewalt verteidigten. Zum Glück hat der Landessportbund den Naziverein vom Spielbetrieb ausgeschlossen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie des Abg. Eberhard Gienger [CDU/CSU])

Ein weiteres trauriges Beispiel stammt hier aus Berlin. Im August 2015 musste ein Spiel mit dem jüdischen Fußballverein TuS Makkabi aufgrund von antisemitischen Äußerungen abgebrochen werden. Das, meine Damen und Herren, ist ein echtes Trauerspiel.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Leider sind in den letzten Jahren nicht nur braune Hetzer wieder am Spielfeldrand aufgetaucht, sondern auch der Sport selbst hat für negative Nachrichten gesorgt: Doping, Korruption und Wettbetrug. Neben den unzähligen Korruptionsvorwürfen im Fußball war es wieder einmal das Thema Doping, das den Sport nicht losgelassen hat. Meine Fraktion hat fast ein Vierteljahrhundert für ein Anti-Doping-Gesetz gekämpft. In dieser Wahlperiode haben wir dieses Gesetz in der Großen Koalition beschlossen. Seit über einem Jahr machen sich deutsche Sportler nun strafbar, wenn sie verbotene Substanzen einnehmen oder besitzen. An den ersten Strafbefehlen gegen zwei Ringer zeigt sich, dass bei uns leider weiterhin gedopt wird und die Schaffung einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft in Deutschland vielleicht nötig ist.

Ein weiteres dunkles Kapitel im Sport ist das Ausmaß von sexualisierter Gewalt. Ein Drittel der im Rahmen einer in Deutschland durchgeführten Studie befragten Sportlerinnen und Sportler hat schon einmal eine Form von sexualisierter Gewalt im organisierten Sport erfahren. Daher ist es dringend notwendig, an den bestehenden Regelungen zum erweiterten Führungszeugnis zum Schutz von Kindern und Jugendlichen festzuhalten.

(Beifall bei der SPD – Eberhard Gienger [CDU/CSU]: Aber unbürokratisch!)

Damit machen wir uns nicht nur Freunde. Ein Aufweichen der Vorschriften, wie es von vielen Vereinen und Verbänden mit Hinweis auf zu viel Bürokratie gefordert wird, kommt für mich, kommt für uns aber nicht infrage. Ich sage Ihnen eines: Der Schutz der Kinder sollte über allem stehen. Die Abfrage eines erweiterten Führungszeugnisses sollte landesweit zur verpflichtenden Personalpolitik der Vereine gehören.

Am Ende meiner Rede möchte ich ganz kurz auf die wunderbaren Schulsportwettbewerbe „Jugend trainiert für Olympia“ und „Jugend trainiert für Paralympics“ kommen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die wollten Sie als GroKo wegstreichen!)

– Nein, wir nicht, lieber Özcan.

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Ja, ja! Aber eure Regierung!)

Das ist falsch, wie du weißt.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich! Bleiben wir mal bei der Wahrheit! Gestrichen habt ihr sie!)

Wir Sozialdemokraten haben, wie übrigens auch die Union, daran mitgewirkt, dass sie erhalten bleiben. Betreiben wir hier mal keine Geschichtsklitterung!

„Jugend trainiert für Olympia“ feiert bald sein 50-jähriges Bestehen. Bis heute haben über 800 000 Schülerinnen und Schüler an diesem Wettbewerb teilgenommen. Das ist ein riesiger Erfolg, den es auch in Zukunft zu unterstützen gilt. Das Gleiche gilt übrigens für die Förderung von nichtolympischen Sportverbänden. Die Entscheidung, die fünf nichtolympischen Sportarten Base­ball/Softball, Karate, Skateboard, Surfen sowie Sportklettern ins Programm der Olympischen Spiele 2020 in Tokio aufzunehmen, unterstreicht die Sportvielfalt und die möglichst breite Förderung in Deutschland. Es zeigt sich also: Sport muss langfristig gedacht werden, Sport bewegt, und Sport verbindet.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eberhard Gienger [CDU/CSU])

Der Kollege Özcan Mutlu spricht jetzt für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7061129
Wahlperiode 18
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt 13. Sportbericht der Bundesregierung
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