Jürgen KlimkeCDU/CSU - Faire Textilproduktion
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich noch einmal bei dem anfangen, was auch der Kollege Hirte gesagt hat. Aus unserer Sicht ist der Antrag eine gute, vernünftige Basis, um die Verbesserung der Situation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Textilindustrie in Entwicklungsländern anzugehen. Aber auch wenn wir in den Zielen übereinstimmen, gibt es Defizite und unterschiedliche Bewertungen, gerade durch meine Fraktion, was den vorgeschlagenen Weg betrifft.
Zunächst vermisse ich in dem Antrag ein zentrales Projekt der deutschen Entwicklungspolitik – das ist hier zwar mehrfach genannt worden, aber es steht nicht darin –, nämlich das 2014 gegründete Textilbündnis. Dieses Textilbündnis greift die Thematik aus meiner Sicht in vorbildlicher Weise auf
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es passiert nur nichts!)
und arbeitet bereits in der Praxis an der Verringerung von Missständen und Benachteiligungen. Mit dem Projekt kommen Verbraucher, Wirtschaft und Politik auf freiwilliger Basis zusammen.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das klappt ja gut!)
Ich habe nicht den Eindruck, dass Sie das richtig verstanden haben, Frau Künast.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Och! Das hatte ich schon verstanden, bevor Sie es gelesen hatten!)
– Nun schreien Sie nicht! Sie haben gerade genug geschrien.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja wenn Sie mich ansprechen!)
Der vorliegende Antrag geht nämlich nicht auf das Vorhaben ein, das wir im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in der letzten Legislaturperiode kontinuierlich betreut haben. Das deutsche Textilbündnis arbeitet an einer spürbaren Veränderung entlang der textilen Lieferkette, um die Arbeitsbedingungen in der Textilwirtschaft international zu verbessern, existenzsichernde Löhne zu gewährleisten und Umweltstandards einzuhalten. Die 188 Mitglieder des Bündnisses – davon 133 mittelständische Unternehmen und Großkonzerne aus der Textilindustrie und dem Handel – haben bereits 2016 mit konkreten Umsetzungsplänen mit dem Ziel von mehr Nachhaltigkeit in der Textilindustrie begonnen.
Herr Klimke, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?
Nein, jetzt nicht. Frau Künast hat ihre Zeit sowieso überzogen.
(Zurufe von der CDU/CSU: Genau! – Richtig!)
Wir haben inzwischen – auch das ist ganz wichtig – einen Marktanteil von 55 Prozent erreicht; er hat sozusagen einen abdeckenden Charakter. Ich bin im Übrigen überzeugt, dass das Textilbündnis Vorbild für andere Wirtschaftszweige sein kann, zum Beispiel für den Rohstoffsektor oder die Fischereiindustrie, und dass deutlich wird, dass sich faire Herstellung lohnt. Viele Forderungen der Grünen werden von Teilen der Branche ja schon umgesetzt. Dies sollte man anerkennen, bevor man dieses Thema vorantreibt und es von der nationalen auf die europäische Ebene bringt.
Meine Damen und Herren, auf ein verändertes Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher im Nachgang zum tödlichen Einsturz in Rana Plaza, Bangladesch, wird immer wieder gerne hingewiesen. Dies ist jedoch ein sehr langsamer Prozess. Hier müssen wir weiter sensibilisieren. Das kommt in Ihrem Antrag zu kurz. Auch hier geht das BMZ mit Taten voran; das müssen wir festhalten.
Mit dem Portal „Siegelklarheit“ hat die Bundesregierung ein erstes Angebot für Verbraucher und Unternehmen auf den Weg gebracht, um nachhaltiges Handeln zu stärken. Dieses Portal ist vom BMZ initiiert und finanziert worden. Das Projekt trägt dazu bei, dass Umwelt- und Sozialsiegel eingeführt und besser verstanden werden, die Marktdurchdringung anspruchsvoller Siegel und die internationale Umsetzung hoher Umwelt- und Sozialstandards vorangetrieben werden; das muss man festhalten. Zudem darf nicht aus dem Fokus geraten, meine Damen und Herren, dass die Hauptverantwortung für den Schutz von Menschenrechten und der Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards bei den Regierungen der Produktionsländer liegt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese Verantwortung wird in Ihrem Antrag benannt. Dieses Argument wird jedoch schnell beiseitegeschoben, und die Verantwortung wird dem europäischen Markt und den dort agierenden Textilunternehmen zugewiesen. Da wird der Bock zum Gärtner gemacht. In bilateralen Verhandlungen mit Produktionsländern dürfen wir eben nicht davor zurückschrecken, Missstände in diesen Ländern zu benennen und zu konditionieren: Ihr bekommt nur Geld von uns, wenn ihr die sozialen Grundlagen in eurem Land verändert; wenn nichts passiert, dann gibt es kein Geld. – Das müssen wir eindeutig sagen und da konsequenter sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Metin Hakverdi [SPD]: Ich denke, der Verbraucher macht das schon! Wenn der das macht, brauchen wir das doch nicht!)
Meine Damen und Herren, wir sind mit dem Textilbündnis auf einem sehr guten Weg. Das gilt insbesondere für die Agenda 2030. Menschenwürdige Arbeit und wirtschaftliches Wachstum, nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum sowie Förderung von Partnerschaften, das sind Ziele, die dort genannt werden.
Zusammenfassend:
Erstens. Für mich liegen die Erfolge und Ziele der deutschen Entwicklungspolitik im Textilsektor auf der Hand. Denn in Deutschland haben wir es geschafft, die Textilindustrie auf freiwilliger Basis in den Prozess einzubeziehen, ohne dass dabei ein ungeheurer Verwaltungsaufwand für die Unternehmen entsteht. Das hat Vorbildcharakter.
Zweitens. Die Bundesregierung setzt auf einen aufgeklärten Verbraucher, auf einen aufgeklärten Käufer. Ich persönlich wünsche mir, dass im weiteren Prozess für den Verbraucher ein Siegel entworfen wird, an dem er auf den ersten Blick erkennen kann, ob es sich um „Fairtrade“ oder „Social-made“ handelt,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wieder nur freiwillig, nicht? – Gegenruf von der CDU/CSU: Der Markt setzt sich durch! – Gegenruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach ja? Der Markt setzt sich da durch? Ich bin gespannt!)
dass seine Kleidung also unter Einhaltung der Vorgaben des Textilbündnisses produziert worden ist.
Drittens – last, but not least –: Wir müssen die Regierungen der Produktionsländer – ich sage es noch einmal – stärker in die Verantwortung nehmen, Entwicklungsgelder als Mittel einsetzen und sagen: Sie werden nur gezahlt, wenn ihr in diesem Bereich auch bei euch soziale Standards umsetzt. – Dann arbeiten wir vernünftig zusammen – Geberländer, Entwicklungsländer, Verbraucher und die Wirtschaft –, und zwar auf freier Basis. Das ist ein Erfolgsfaktor, vor allen Dingen im Hinblick auf die soziale Sicherheit in den Entwicklungsländern.
Danke sehr.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als letzter Redner in dieser Aussprache hat Dr. Volker Ullrich von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7061234 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Faire Textilproduktion |