19.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 212 / Tagesordnungspunkt 9

Oswin VeithCDU/CSU - Änderung des Vereinsgesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf, den wir heute in zweiter und dritter Lesung abschließend beraten, setzt die Koalition die Maßnahmen zur Verbesserung der inneren Sicherheit in unserem Lande und damit zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger fort. Gleichzeitig sagen wir damit den Verbrechern, den Kriminellen und der organisierten Kriminalität den Kampf an.

Heute geht es zwar nur um eine kleine, aber in der Praxis sehr hilfreiche Änderung des Vereinsrechtes. Nur zwei Vorschriften wollen wir ändern. Wir schaffen damit keine Lex Rocker oder Lex specialis Rocker, und es geht auch nicht, wie Sie insinuieren wollten, um unsere Gesangs-, Musik- und Sportvereine; darum geht es überhaupt nicht. Die beiden Vorschriften, die wir ändern wollen, richten sich gegen alle, die unter dem Schutzmantel des Vereinsrechtes schwerste Verbrechen begehen und die innere Sicherheit und Ordnung gefährden. Die Verschärfung des Vereinsrechts ist dazu genau der richtige Weg.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Eva Högl [SPD])

Gleichzeitig sind die vorgelegten zwei Verschärfungstatbestände im Vereinsgesetz überaus praxistauglich, wie die auf Wunsch der Opposition durchgeführte Anhörung am 12. Dezember letzten Jahres eindrucksvoll dargelegt hat. Wenn es ein Gesetzesvorhaben gab, das bereits in so frühem Beratungsstadium von Experten als praxistauglich anerkannt wurde, dann ist es dieser Gesetzentwurf. Alle Praktiker waren voll des Lobes; so jedenfalls habe ich sie in Erinnerung.

Worum geht es also? Die Bundesregierung beabsichtigt, mit dem Gesetzentwurf das Kennzeichenverbot in § 9 Vereinsgesetz praxistauglich auszugestalten und eine Schwachstelle des bestehenden Vereinsrechts auszumerzen. Mit der Streichung des subjektiven Merkmals des Teilens der Zielrichtung des verbotenen Vereins und der zusätzlich eingeführten Erläuterung, wann ein Kennzeichen „in im Wesentlichen gleicher Form“ verwendet wird, wird das bestehende Kennzeichenverbot nunmehr praxistauglich ausgestaltet, da die Polizei in Bund und Ländern künftig allein anhand objektiver Kriterien feststellen kann, ob ein Verein ein Kennzeichen in wesentlich gleicher Form verwendet wie der verbotene Verein. Die angestrebte Gesetzesänderung zielt vor allem auf solche Fälle der Verwendung von Kennzeichen verbotener Vereine durch selbstständige Schwestervereine ab, bei denen lediglich jeweilige Orts- und Untergliederungsbezeichnungen einfach nur ausgetauscht wurden.

Ein Vereinsverbot kann ausgesprochen werden, wenn eine schwerwiegende Gefährdung der Allgemeinheit oder eine Straftat nachgewiesen wird. Mit dem Verbot wird dann auch das Tragen aller Abzeichen eines solchen Vereins strafbar. Wenn das Verbot allerdings eine Ortsgruppe einer Dachorganisation betrifft, dann gilt es nicht gleichsam für die Gesamtorganisation. Deshalb durfte man zum Beispiel bis jetzt ungestraft Kutten, Fahnen und Uniformstücke oder Abzeichen, die auf strafbare Aktivitäten oder verfassungsfeindliche Bestrebungen hindeuten, weiter verwenden.

Diese Lücke zu schließen, hatten wir im Koalitionsvertrag vereinbart, und auf diese Schwachstelle wies uns auch der bereits zuvor genannte BGH in seinem Urteil vom vorletzten Jahr hin. Damals ging es um das Tragen von Rockerkutten, die verschiedene Ortsbezeichnungen, aber das gleiche Kennzeichen hatten. Diese Lücke schließt der heute zu verabschiedende Gesetzentwurf.

Richtig an der Kritik ist, dass die Gesetzesinitiative kein Allheilmittel ist und wir auch nicht alles verhindern können.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Sie tun aber so!)

Aber ich sage: Es ist ein vernünftiger und praxistauglicher Beitrag zur Bekämpfung von Schwerverbrechern und von Kriminalität in unserem Lande. Deshalb streite ich für diesen Entwurf, und deshalb werden wir ihn heute auch mit den Stimmen unserer Koalition in Kraft setzen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Uli Grötsch [SPD])

Künftig stellt § 9 des Vereinsgesetzes klare und objektive Kriterien auf, mithilfe derer unsere Polizei feststellen kann, ob ein im Wesentlichen gleiches Kennzeichen verwendet wird, das bereits verboten ist. Warum wollen wir diese Verschärfung? Wir wissen, dass Rockergruppen, darunter die hier schon erwähnten sogenannten Outlaw Motorcycle Gangs, die Organisationsfreiheit unseres Vereinsrechtes ausnutzen. Sie segeln unter der Tarnung und dem Schutz der Freiheit, sich zu versammeln und zusammenzuschließen. Sie nennen sich harmlos Motorradklub, fahren augenscheinlich mit ihren benzinbetriebenen Feuerstühlen brav über unsere Straßen, lassen sich den Wind freudig unters Näschen wehen, genießen die Sonne bei der Ausfahrt, sind stolz darauf und tragen mit Überzeugung ihre zum Teil bedrohlich aussehenden uniformähnlichen Monturen.

Klingt alles so weit harmlos und hört sich gut an. Doch weit gefehlt! Dieses gestellt verharmlosende Bild ist natürlich nicht die Realität. In der Realität handelt es sich um Klubs, die für schwerste Verbrechen und eine ganze Reihe von Straftaten der organisierten Kriminalität stehen. Sie betreiben Drogen- und Menschenhandel, sind in Zuhälterei und Prostitution verwickelt, verüben Gewalttaten bis hin zu Mord und Totschlag. Sie sind damit der organisierten Kriminalität zuzurechnen. Die Kutten sind ihr Heiligtum, und da wollen wir ran.

Natürlich ist nicht jeder Motorradfahrer schwerstkriminell; das wissen wir auch. Darum geht es ja auch gar nicht. Aber es gilt, allen Kriminellen darunter beherzt den Kampf anzusagen, sie dingfest zu machen und ihnen die volle Härte des Gesetzes entgegenzubringen. Dem dient der vorgelegte Gesetzentwurf. Er ist ein praxistaugliches Mittel für unsere Polizeibehörden. Deshalb verdient er unsere Zustimmung, und deshalb sollte er heute auch mit klarem Votum in Kraft gesetzt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unsere Polizei hat große Herausforderungen zu bestehen, gerade auch – wir wissen das – in diesen Zeiten.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Das macht es nur schwieriger!)

Geben wir ihr die nötige Unterstützung. Die braucht sie. Das Gesetz hilft ihr dabei, und deshalb werden wir es heute auf den Weg bringen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin spricht Susanne Mittag für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7061255
Wahlperiode 18
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Änderung des Vereinsgesetzes
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