Johannes KahrsSPD - Dragoner-Areal in Berlin
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin jetzt seit 19 Jahren im Deutschen Bundestag, und ich habe noch nie eine solche Debatte über ein Grundstück hier im Plenum des Deutschen Bundestages geführt. Solch ein Thema ist in der Vergangenheit auch noch nie mit einer namentlichen Abstimmung geadelt worden.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Es ist gut, dass es das endlich einmal gibt!)
Ich finde, vielleicht sollte man alles einmal eine Nummer kleiner sehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich habe, als ich meine Rede heute vorbereitet habe, gedacht, wir könnten die Debatte vielleicht zielführender nutzen – man muss ja auch über etwas Intelligentes sprechen – und über die gelungene Wohnungsbaupolitik reden, die diese Koalition in den letzten drei Jahren betrieben hat. Der Haushaltsausschuss hat Wesentliches dazu beigetragen. Die entsprechenden Fachminister, Frau Hendricks und Herr Maas, haben Wunderbares dazu beigetragen. Ich könnte jetzt viel über die von den Kollegen der CDU und der CSU sowie von uns geliebten Mietpreisbremse erzählen und über all die schönen Dinge, die wir hier gemeinschaftlich beschlossen haben. Ich sehe, wie Kollege Gröhler sich noch über den Beschluss freut, den wir alle gemeinsam gefasst haben.
Ich möchte, da es so viel Aufregung gegeben hat, doch kurz auf dieses Grundstück eingehen. Im Ergebnis ist es so, dass es mehr mit Landespolitik als mit Bundespolitik zu tun hat. Das BMF hält sich an die Gesetze, die wir hier im Deutschen Bundestag beschlossen haben. Es gibt ein Gesetz, das vorsieht, dass die BImA – sie ist für den Bund zuständig und hat sich daran zu halten – nach Höchstgebot zu verkaufen hat. Das ist die Rechtslage. Ich kann nicht feststellen, dass es hier heute einen Gesetzentwurf der Opposition gibt, die Rechtslage zu ändern.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Sie haben es hier schon zweimal abgewiesen!)
– Gnädige Frau, lassen Sie doch auch mich einmal reden.
Im Ergebnis ist es so, dass wir hier einen Antrag haben, bei dem es ein bisschen um Empörung und Stimmungsmache geht. Die Frage ist, warum man das mit einer namentlichen Abstimmung verbindet. Damit will man uns ärgern. Das werden wir auch noch überleben.
Wenn Sie sich das auf der Sachebene anschauen, dann sehen Sie, dass der rot-schwarze Senat in Berlin dieses Grundstück gerne preiswerter gehabt hätte. Dann hat der rot-schwarze Senat das probiert. Dann hat es lange Diskussionen gegeben. Man hat auf Betreiben Berlins auch im Haushaltsausschuss ein Dreivierteljahr lang das Thema rauf und runter diskutiert und geschaut, ob man sich einigen kann. Am Ende war jeder in seiner Diskussionslage gefangen.
Dann haben wir den Verkauf – um es auch wieder sehr freundlich zu formulieren – hier zum Thema gehabt, und im Bundesrat hat es eine Entscheidung – bei zwei Enthaltungen – gegeben. Das ist interessant, aber man kann es, glaube ich, parteipolitisch gar nicht nutzen. Ich finde Empörung auch immer gut, wenn sie zielführend ist.
Man muss sich die Abstimmung einmal ansehen. Der Finanzsenator Berlins, Matthias Kollatz-Ahnen, ein sehr guter Mann, hat es geschafft, alle Parteien und alle Landesregierungen in Deutschland hinter seiner Idee zu versammeln, Berlin möge doch günstiger als alle anderen ein Grundstück bekommen. Ehrlicherweise hätte man sich das in Hamburg oder München auch überlegen können. Im Ergebnis stimmten zehn Länder – Berlin, rot-grün regierte Länder und Ähnliches – gegen den Verkauf an den Investor. Gleichzeitig war das Land Hessen, schwarz-grün, für den Verkauf. Die Grünen haben also dafür gestimmt, dass wir dieses Grundstück an den Investor geben.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Im Finanzausschuss!)
Enthalten haben sich Baden-Württemberg, rot-grün – die haben auch nicht so tapfer mit den Berlinern gekämpft –, und Niedersachsen, auch rot-grün.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war der Finanzausschuss, Herr Kahrs!)
Das heißt, es hat CDU-regierte – –
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Herr Schmid!)
– Ganz entspannt bleiben. Wenn man das einmal durchdekliniert, dann kommt man dazu, dass alle, die sich hier so ein bisschen erregen, bei der Veranstaltung auf unterschiedlichen Seiten waren.
(Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die grünen Finanzminister haben alle gegen den Verkauf gestimmt!)
Am Ende hatte es etwas damit zu tun, dass all die betroffenen Bundesländer gerne günstige Grundstücke vom Bund hätten. Ich kann das, ehrlich gesagt, verstehen; ich bin Haushälter.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie nehmen aber auch das Geld direkt!)
Ich bekomme auch gerne mal etwas günstig. Allerdings gibt es auf der anderen Seite auch ein Bundesinteresse. Wir, die wir die Länder unterstützen, den sozialen Wohnungsbau unterstützen, viel Geld an die Kommunen geben, müssen das Geld erst einmal einnehmen.
Schauen Sie sich die Interessenlage an. Der Bund diskutiert zurzeit – deswegen kann man da sehr entspannt sein – über verschiedene Dinge mit Berlin. Es geht ja nicht nur um das Dragoner-Areal, worüber wir hier lustigerweise sprechen, sondern es sollen auch 4 500 Wohnungen an die Berliner Wohnungsbaugesellschaften gehen. Es gibt Gespräche zum neuen Hauptstadtfinanzierungsvertrag, zum Flughafen in Tegel, zu vielen Museen. Natürlich wird es für alles zusammen eine gemeinschaftliche Lösung geben.
Jetzt frage ich mich, wie schlau es ist, hier im Bundestag all diejenigen, die darüber diskutieren, auf eine Art und Weise vorzuführen, die auf einen selbst zurückfällt; denn man hat ja über seine Länder auch anders und seltsam abgestimmt. Das betrifft übrigens auch die CDU, die in Berlin alles mitgetrieben hat.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Was haben die gemacht!)
Am Ende hat man dann ein Problem, wenn das BMF mit dem Land Berlin über die wirklich wichtigen Dinge spricht.
Ernsthafterweise möchte ich meine Rede mit dem Appell beenden, im Deutschen Bundestag künftig wichtige Dinge zu diskutieren, eine namentliche Abstimmung für wirklich wichtige Dinge aufzuheben. Das könnte am Ende den Bürger beeindrucken und dazu führen, dass er glaubt, dass das, worüber wir diskutiert haben, wichtig war.
(Beifall bei der SPD)
Wichtig für Berlin sind der Verkauf der 4 500 Wohnungen und all die anderen Dinge, die dazugehören.
Ich finde, Partner, die miteinander einen Vertrag schließen wollen, in dem es um sehr viel Geld geht, in dem die Berechnungsgrundlage unklar ist, müssen einander gegenseitig nett und charmant behandeln, damit beide als Sieger aus diesen Verhandlungen gehen. Solche etwas unwürdigen Schmierenkomödien im Deutschen Bundestag sind komplett überflüssig. Deswegen fordere ich die Opposition auf, die namentliche Abstimmung zurückzuziehen und uns allen diese Peinlichkeit zu ersparen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Als letzte Rednerin in dieser Aussprache hat Lisa Paus für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7061444 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Dragoner-Areal in Berlin |