19.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 212 / Tagesordnungspunkt 11

Edelgard Bulmahn - Änderung reiserechtlicher Vorschriften

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die europäische Richtlinie über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen in nationales Recht umgesetzt werden.

Der Reisemarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten massiv verändert. Billigairlines, ein stärker individualisiertes Buchungsverhalten und vor allem die Digitalisierung haben zu einem grundlegenden Wandel geführt. Deswegen hat die EU-Kommission die Pauschalreiserichtlinie aus dem Jahr 1990 novelliert.

Die Richtlinie und damit gezwungenermaßen auch der Gesetzentwurf, der sie in nationales Recht umsetzt, haben in den letzten Wochen eher wenig Lob und viel öffentliche Kritik erfahren müssen. Ich glaube trotzdem, dass man erst einmal sagen kann, dass die 28 Mitgliedstaaten – so viele sind wir ja noch – zusammen mit dem Europaparlament im Großen und Ganzen einen tragfähigen Kompromiss ausgehandelt haben.

Wir hätten uns gefreut, wenn wir mehr nationalen Spielraum gehabt hätten, um zum Beispiel auf Besonderheiten des deutschen Reisemarktes mit einer Reisebürostruktur aus vielen unabhängigen Büros einzugehen und Verbesserungen beim Verbraucherschutz zu erreichen. Dies ließ sich nicht erreichen. Wenn wir das nächste Mal die abstrakte Diskussion über Vollharmonisierung oder Mindestharmonisierung in der Europäischen Union führen, dann sollte sich der eine oder andere an seine konkrete Kritik bei dieser Richtlinie erinnern und mit uns für das Ziel der Mindestharmonisierung kämpfen.

(Beifall bei der SPD)

Ein paar Details: Positiv ist vor allem, dass wir erreichen konnten, dass viele Dinge, die sich in Deutschland im Verbraucherschutz bewährt haben und die den Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt sind, jetzt europaweit gültig sein werden. Bei erheblichen Leistungsänderungen durch den Reiseveranstalter steht ein kostenloses Rücktrittsrecht zur Verfügung. In Bezug auf erhebliche Preisänderungen gibt es jedoch einen kleinen Wermutstropfen. Wir konnten nicht gegenüber allen Staaten unsere deutsche Regelung durchsetzen, dass bei einer Preisänderung von mehr als 5 Prozent das kostenlose Rücktrittsrecht gilt. Europaweit gilt jetzt, dass diese Möglichkeit existiert, wenn die Preisänderung mehr als 8 Prozent beträgt.

Es wird weiterhin die Möglichkeit einer allgemeinen Beratung im Vorfeld einer Buchung bestehen. Das hilft vor allem den unabhängigen Büros. Diese sind wichtig für einen weiterhin guten Wettbewerb.

Unabhängig davon, dass wir heute den Gesetzentwurf einbringen, steht auf unserer To-do-Liste immer noch eine praktikable und rechtssichere Lösung für kleine Reisebüros, damit getrennte Leistungen trotzdem gemeinsam bezahlt werden können, ohne dass daraus eine Pauschalreise entsteht.

Die Bundesregierung ist in engem Kontakt mit der Kommission. Ich war selber letzten Dienstag in Brüssel, um noch einmal mit der entsprechenden Generaldirektion zu sprechen. Ich glaube, wir finden Gehör. Die EU-Kommission hat das Problem verstanden und ist auch zu der Auffassung gekommen, dass es auch in anderen Ländern – zum Beispiel in der Tourist Information – genau dieses Problem geben kann. Sie hat uns gebeten, das Problem auf dem Umsetzungsworkshop im nächsten Monat vorzutragen. Wir werden dort einen konkreten Umsetzungsvorschlag formulieren und hoffen, dass ein guter Umsetzungsvorschlag beschlossen wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Markus Tressel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Was natürlich nicht funktionierte, war, alle Ansprüche von Anbieter- und Verbraucherseite gleichzeitig zu bedienen. Deswegen wird es häufiger zu der Situation kommen, dass etwas als verbundene Reiseleistung oder Pauschalreise gilt. Das ist aber durchaus im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher.

Wir werden auch beobachten müssen, ob die Möglichkeit einer stärkeren Verteuerung der Reise nach Buchung missbraucht wird. Dann müssen wir eingreifen; denn wir wollen, dass die Bedingungen im Verbraucherschutz so bleiben. Das wollen wir vor allem durch einen harten Wettbewerb erreichen. Deswegen haben wir uns für eine gute Lösung eingesetzt.

Wir wollen die Richtlinie bis zum 1. Januar 2018 umsetzen. In einem Wahljahr heißt das, dass dies bis zur Sommerpause geschehen muss. Es wäre nett, wenn Sie uns dabei unterstützten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat Kerstin Kassner von der Fraktion Die Linke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7061455
Wahlperiode 18
Sitzung 212
Tagesordnungspunkt Änderung reiserechtlicher Vorschriften
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