Matthias BartkeSPD - Bekämpfung von Diskriminierung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin ein Mann. Ich bin weiß, sä kular, nicht behindert und nicht schwul. Menschen wie ich werden selten diskriminiert. Doch für viele andere gehört Diskriminierung leider immer noch zum Alltag.
Jede dritte Bürgerin und jeder dritte Bürger in Deutschland gibt an, dass er oder sie in den vergangenen zwei Jahren diskriminiert worden ist.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, AGG, will an dieser Stelle Abhilfe schaffen. Es hat das Ziel, Benachteiligungen zu verhindern.
Das bezieht sich auf Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft und des Geschlechts. Auch Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexuelle Identität sind Gründe fü r Benachteiligungen nach dem AGG.
Im August vergangenen Jahres wurde das Gesetz zehn Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläums hat die Antidiskriminierungsstelle einen Spot veröffentlicht. In diesem Spot lesen verschiedene Leute aus Zeitungsanzeigen vor. „ Gesucht wird ein Geschäftsführer, der eine verantwortungsvolle, selbstständige Persönlichkeit ist. Es sollen sich nur Herren melden.“ Oder: „Folgende Wohnungsinteressenten werden nicht berücksichtigt: Rentner, kinderreiche islamistische Familien, Auslä nder, Afrikaner sowieso nicht.“
Bis 2006 gab es kein Gesetz gegen solche Diskriminierung. Dann wurde sie mit dem AGG endlich verboten. Seitdem ist viel passiert. Klagen gegen Altersdiskriminierung führten zur Änderung von Tarifverträgen. Schwule und Lesben in Lebenspartnerschaften erkämpften sich ihr Recht auf Gleichbehandlung in der betrieblichen Altersvorsorge. Das Bundesarbeitsgericht stellte klar, dass auch chronische Krankheiten unter den Behinderungsbegriff des AGG fallen. Türkeistämmige Familien klagten erfolgreich gegen ihren Vermieter wegen diskriminierender Mieterhöhungen. Einer jungen Frau wurde aufgrund ihres Kopftuchs ein Ausbildungsplatz verwehrt. Auch sie klagte erfolgreich vor dem Arbeitsgericht.
Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen: Das AGG ist ein Riesenerfolg.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
– Herr Hoppenstedt ist mein Zeuge.
Das AGG befördert immer wieder die Debatte über Alltagsdiskriminierung und Teilhabegerechtigkeit. Das Bewusstsein für Diskriminierung hat sich in den letzten zehn Jahren geschärft. Es gibt aber immer noch viel zu tun; denn es haben in der Tat nicht alle Diskriminierten die Zeit und das Geld und auch nicht die emotionale Stabilität, um den Klageweg zu gehen. Niemand will als „AGG-Hopper“ diffamiert werden. Frau Möhring, eine Alternative wäre hier auch aus unserer Sicht in der Tat das Verbandsklagerecht, dem wir offen gegenüberstehen.
Im letzten Jahr haben wir das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen weiterentwickelt. Dieses Gesetz verpflichtet in erster Linie Träger der öffentlichen Gewalt. Bei einer Reform des AGG wird es daher darauf ankommen, nun auch für die Privatwirtschaft verbindliche Regelungen zu schaffen, wonach sie angemessene Vorkehrungen für Barrierefreiheit zu treffen haben.
Liebe Oppositionsfraktionen, ich habe hier nur wenige Punkte angesprochen. Wir sehen an verschiedenen Stellen noch Änderungsbedarf. Sie haben ebenfalls eine ganze Liste an Forderungen aufgestellt, zu denen wir gerne in die Beratung einsteigen.
Liebe Bündnisgrüne, eines muss ich Ihnen aber jetzt schon sagen: Ihre Einschätzung zum Entgeltgleichheitsgesetz teilen wir nicht – die Antidiskriminierungsstelle übrigens auch nicht. Ganz im Gegenteil: Sie hat im letzten Jahr die rasche Verabschiedung des Entgeltgleichheitsgesetzes angemahnt, und das ist auch richtig so.
Seit fast sieben Jahrzehnten gilt das Gebot der Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Grundgesetz. In der Praxis klafft aber noch immer eine deutliche Lohnlücke von 21 Prozent. Ja, Frauen arbeiten häufiger im Niedriglohnsektor, und ja, Sie arbeiten seltener in Führungspositionen. Die Lohnlücke hat aber auch noch andere Ursachen.
Fakt ist: Selbst wenn Frauen die gleiche Arbeit machen und die gleiche Qualifikation mitbringen, werden sie nicht gleich bezahlt. Daher gilt: Ein Entgeltgleichheitsgesetz tut dringend not.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist einfach zu wenig!)
Der Kollege Dr. Volker Ullrich hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7061496 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Diskriminierung |