Volker UllrichCDU/CSU - Bekämpfung von Diskriminierung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bereits die Rechts- und Werteordnung des Grundgesetzes verbietet Diskriminierungen und verlangt Rechtsgleichheit. Um diesen Gedanken zu unterstreichen, hat die Große Koalition vor zehn Jahren das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz erlassen.
Ich gebe zu, dass dieses Gesetz zu Beginn umstritten war. Mittlerweile ist es aber in der Praxis angekommen. Es hat zu einer Änderung der Kultur im Bereich des Arbeitsrechts – beispielsweise bei den Ausschreibungen – geführt und ist in der Praxis gut handhabbar.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Es sind jetzt Vorschläge dafür auf dem Tisch, dieses Gesetz zu ändern. Wir müssen uns die Frage stellen, ob diese Vorschläge notwendig, geboten und auch gut sind. Das ist im Ergebnis zu verneinen. Wir sollten am bewährten und guten Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nichts ändern, sondern diesen Rechtszustand belassen. Ich will Ihnen das an zwei Beispielen erklären:
Sie verlangen eine Ausdehnung der sogenannten Drittwirkung auf alle schuldrechtlichen Verhältnisse. Das würde im Ergebnis bedeuten, dass überall im alltäglichen Rechtsbereich – an der Kinokasse, im Supermarkt, im Mietshaus – ein Dritter – der Vermieter, der Inhaber des Supermarktes – letzten Endes dafür haften würde, wenn ein Fremder eine sexuelle Belästigung begeht.
Die besondere Brisanz entsteht dabei dadurch, dass das AGG bislang eine Beweislastumkehr vorsieht.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beweislastverschärfung!)
Der Arbeitgeber muss zum Beispiel im Augenblick beweisen – § 22 AGG –, dass eine sexuelle Belästigung nicht vorlag. Das ist im Bereich des Arbeitsrechtes angemessen, weil dort ein besonderes Rechtsverhältnis besteht. Aber wenn wir diese Regelung auf die gesamte Rechtsordnung ausdehnen würden, würden wir ein systemfremdes Element einführen und damit eine Haftung von Unbeteiligten erreichen. Das können wir nicht wollen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich bin auch skeptisch bei der Einführung eines Verbandsklagerechts. Ein solches ist wesensfremd, und wir brauchen es im Ergebnis nicht. Die Behauptung und die Geltendmachung einer Rechtsverletzung liegen zunächst immer in der Verantwortung des Einzelnen, des Opfers. Es gibt in Deutschland Opferschutzverbände, Pflichtverteidiger, Prozesskostenhilfe – viele Punkte der Unterstützung, die es Menschen, die diskriminiert worden sind, möglich machen, zu klagen und zu ihrem Recht zu kommen. Selbst die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann nach dem geltenden Recht Unterstützungsleistungen geben, wenn es um ein Verfahren geht.
Aus diesem Grund bin ich sehr zurückhaltend, wenn es darum geht, ein Verbandsklagerecht einzuführen; denn hier haben wir tatsächlich ein Einfallstor für Missbrauch und für fach- und sachfremde Verfolgung. Deswegen sollten wir den Weg des Verbandsklagerechts nicht gehen, sondern Opfer darin bestärken, ihre eigenen Rechte wahrzunehmen. Ich glaube, das wäre auf alle Fälle der bessere Weg.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die Regelungen, die die Linke und die Grünen heute vorschlagen, machen das Gesetz wesentlich bürokratischer. Die Folge davon wird sein, dass die Akzeptanz dieses Gesetzes in der Gesellschaft sinken wird,
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Quatsch!)
dass ein gut eingeführtes System ad absurdum geführt wird und wir durch mehr Bürokratie im Endeffekt nicht weniger Diskriminierung, sondern mehr Ärger bekommen.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie schon mal gesagt! – Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist alles Quatsch!)
Ich warne davor, das Zusammenleben in unserer Gesellschaft unter den Generalverdacht der Diskriminierung zu stellen. Natürlich kommt Diskriminierung vor. Das ist nicht schön. Aber ich glaube, dass die Bürger weiter sind als die Grünen.
(Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiter als Sie!)
Das hat sich beispielsweise Silvester gezeigt. Sie haben bei unserer Polizei als Allererstes Diskriminierung gesehen, während wir Sicherheit und Ordnung und Tausende Frauen, die geschützt wurden, gesehen haben. Das ist der Unterschied zwischen Ihnen und uns.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich darf im Ergebnis sagen, dass sich dieses Gesetz bewährt hat. Es wird keine Verschärfung und keine Änderung geben, sondern wir werden dieses Gesetz beibehalten, weil es insgesamt zu einem wichtigen Gut beiträgt: zu Rechtsfrieden in dieser Gesellschaft.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Dorothee Schlegel für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7061503 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 212 |
Tagesordnungspunkt | Bekämpfung von Diskriminierung |