20.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 21

Uwe FeilerCDU/CSU - Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2017

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste auf den Tribünen, insbesondere aus Oberhavel, Havelland, Potsdam-Mittelmark und Potsdam! Ich freue mich, dass Sie an der heutigen Europadebatte hier teilnehmen.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Und alle anderen! – Heiterkeit bei der CDU/CSU)

–  A lle anderen natürlich auch.

Meine Damen und Herren, eine Kommission, die sich auf die wichtigen Dinge konzentriert, eine Kommission, die sich darauf konzentriert, die Dinge besser zu machen, das sind die zwei Leitprinzipien, unter die die Europäische Kommission ihr Arbeitsprogramm für das Jahr 2017 stellt. Sie benennt dabei Prioritäten ihrer künftigen Arbeit und listet parallel auf, welche Rechtsvorschriften einer Evaluierung und Überprüfung unterzogen werden sollten. Die Kommission bekräftigt im Arbeitsprogramm ihren Standpunkt, dass die Schwerpunktlegung beim Europäischen Semester auf drei Feldern liegen muss: Investitionen, gesunde Staatsfinanzen und Strukturreformen.

Das kann ich nur unterstreichen. Wir brauchen eine zukunftsorientierte, weitsichtige Politik.

(Beifall der Abg. Ursula Groden-Kranich [CDU/CSU])

Strukturreformen bringen mehr Wettbewerbsfähigkeit. Gesunde Staatsfinanzen sind eine unabdingbare Voraussetzung für Wachstum und Stabilität; sie sorgen dafür, dass unsere Kinder nicht unsere Schulden bezahlen müssen. Investitionen bringen dabei den Fortschritt und sichern den Wohlstand.

Die Kommission will ihren Vorschlag zur Überprüfung des mehrjährigen Finanzrahmens mit dem Europäischen Parlament und dem Rat erörtern. Sie strebt einen überarbeiteten, stärker an den Prioritäten der Union ausgerichteten Haushalt an, mit dem wir rascher auf unvorhergesehene Umstände reagieren können, der einfachere Regeln für Finanzhilfeempfänger bereithält und stärker ergebnisorientiert funktioniert. Die Europäische Union muss – das ist mir wichtig – besser auf Veränderungen mit einer finanziell unterfütterten Politik reagieren können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir benötigen eine europäische Politik, die ein Gesamtkonzept darstellt. Der Haushalt muss eng mit den Prioritäten der europäischen Politik verbunden sein. Wir müssen diese Prioritäten benennen und dann auch nachhaltig umsetzen. Deswegen ist der Ansatz der Kommission, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und dabei die Umsetzung sowie die Wirkung der beschlossenen Maßnahmen zu überprüfen, sehr wichtig. Dabei muss der Fokus – das sage ich hier im Plenum nicht zum ersten Mal – auf Politikfelder gerichtet werden, die die gesamteuropäischen Interessen vertreten.

Meine Damen und Herren, eine Diskussion über falsche und richtige Prioritäten im EU-Haushalt ist für mich unabdingbar. Notwendig ist dabei, dass man die Ergebnisse endlich in die Tat umsetzt. Die Lösung des Problems ist nach wie vor, den Schwerpunkt auf Ausgaben mit einem europäischen Mehrwert zu legen. Gemeinsame Grenzsicherung, Bekämpfung des globalen Terrorismus, Informationsaustausch, grenzüberschreitende Transport­infrastruktur, Energie- und digitale Netze, europäische Forschung und Entwicklung – da muss das Geld hin. Davon profitieren dann alle Mitgliedstaaten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch wenn die rechtzeitige Entwicklung der Wertschätzung für gesunde Ernährung ganz sicher wichtig ist, ist es zweifelhaft, ob die millionenschweren Obst-in-die-Schule-Programme aus EU-Geldern finanziert werden müssen oder ob die Mitgliedstaaten hier nicht eigenständig tätig werden sollten. Ein weiteres Problem sind beispielsweise verfehlte Infrastrukturprojekte: vom Fahrradweg ins Niemandsland bis hin zur sinnlos verlaufenden Autobahn. Es werden EU-Gelder zum Teil gesetzeswidrig ausgezahlt und aufgrund des hohen Verwaltungsaufwandes dann nicht zurückgefordert.

Stichwort „Better Spending“, Beachtung des Subsidiaritätsprinzips sowie laufende Kontrolle der Effizienz und der Wirksamkeit der EU-Mittel bis hin zum Finanzierungsstopp für ihre Wirkung verfehlende Projekte – das sind die entscheidenden Grundsätze, die bei der europäischen Ausgabenpolitik beachtet werden müssen.

(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Von den Mitgliedsländern! – Dr. Katarina Barley [SPD]: Da gibt es eine Wortmeldung!)

– Nein, danke. – Das Subsidiaritätsprinzip muss stärker auf die EU-Ausgaben angewandt werden, um dadurch auch den europäischen Mehrwert der EU-Ausgaben zu erreichen.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein. Lassen Sie mich erst einmal fertig werden. – Auch die Effizienz und die Wirksamkeit der EU-Mittel sollten – am besten laufend – überprüft werden. Ein Finanzierungsstopp für die ihre Wirkung verfehlenden Projekte könnte dann die letzte Konsequenz sein.

Die Kommission will einen umfassenden Vorschlag für die Zeit nach 2020 in Bezug auf die Eigenmittel vorlegen. Sehr positiv zu bewerten ist die Tatsache, dass die Kommission diesen Vorschlag mit den Ergebnissen der Initiative für einen ergebnisorientierten EU-Haushalt verbinden möchte. Die im Jahr 2015 gestartete EU-Initiative, die dafür sorgen soll, dass die EU-Mittel sinnvoll zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger eingesetzt werden und dass alle Projekte, die die Union fördert, einen klar erkennbaren Nutzen haben und ihr Geld wert sind, ist ein nützliches Instrument.

Der Eigenmittelvorschlag soll laut dem Arbeitsprogramm auch mit der Abwägung der künftigen Herausforderungen und Bedürfnisse der Union nach 2020 im Lichte der Erfahrungen mit der bisherigen Ausgabenpolitik und ihren Instrumenten verbunden werden. Das ist ein sehr vernünftiger Vorschlag.

Wir sollten die Quellen der Haushaltsfinanzierung reformieren; keine Frage. Hier wird der Bericht der sogenannten Monti-Gruppe eine gute Grundlage für die anstehenden Verhandlungen bieten. Ich würde aber noch einen Schritt weitergehen und sagen: Die Diskussion über Einnahmen muss nicht nur im Lichte der Erfahrungen mit der bisherigen Ausgabenpolitik verbunden, sondern auch zwingend grundsätzlich zusammen mit der Diskussion über Ausgaben geführt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was wir brauchen, ist zum Beispiel eine haushaltspolitische Gesamtstrategie für den Umgang mit Krisen, damit wir nicht immer neue Ad-hoc-Instrumente benötigen.

Ein Ausdruck der Gesamtstrategie wäre ebenfalls, wenn die EU-Mittel so weit wie möglich mit der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen verbunden wären. Die länderspezifischen Empfehlungen sollten meiner Ansicht nach ausschlaggebend für die Auswahl der aus den Kohäsionsmitteln finanzierten Projekte sein.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Davon wäre Deutschland immer besonders betroffen! Denn die Deutschen kürzen die fast nie!)

Projekte, die für den konkreten Mitgliedstaat Sinn machen, die ihn voranbringen, die seine Strukturreformen umsetzen, verdienen die europäische Unterstützung und stellen einen sogenannten Marshallplan, wie er von Herrn Gysi gefordert wurde, dar. Es gibt ihn eigentlich schon.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)

Die Kommission will den Binnenmarkt vertiefen und gerechter gestalten. Dazu sollen die Binnenmarktstrategie, die Weltraumstrategie für Europa sowie der Aktionsplan für eine Kapitalmarktstrategie umgesetzt werden.

Auch auf die Vorschläge für eine faire Unternehmensbesteuerung und für die Bekämpfung des Steuerbetruges geht die Kommission ein, was ich für essenziell halte. Die Kommission betont, dass ein solider steuerrechtlicher Rahmen für grenzüberschreitend tätige Unternehmen einfach und effizient sein muss, aber auch gewährleisten soll, dass diese Unternehmen einen fairen, tatsächlichen Steuerbeitrag dort zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Erlauben Sie mir zum Schluss ein kurzes Plädoyer. Das Motto des diesjährigen Programmes der Europäischen Kommission lautet: „Für ein Europa, das schützt, stärkt und verteidigt“. Auch wenn das Motto sicherlich im Hinblick auf die neuen Herausforderungen gewählt wurde, die auf die Massenmigration und auf die Gefährdung durch den internationalen Terrorismus zurückzuführen sind, möchte ich eines anmerken: Sich derart großen Herausforderungen im Alleingang stellen zu wollen, wozu die Populisten europaweit aufrufen, ist irrsinnig.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Europäischen Union, dem Zusammenschluss von 28, leider wohl bald nur noch 27 Staaten, dem gemeinsamen Dialog, der Zusammenarbeit in politischer und in wirtschaftlicher Hinsicht haben wir es zu verdanken, dass wir das große Glück haben, seit Jahrzehnten in Frieden zu leben sowie unseren Wohlstand sichern und ausbauen zu können. Diese Aussage mag zwar banal klingen, kann jedoch meiner Ansicht nach aktuell nicht oft genug wiederholt werden.

(Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Sehr wahr!)

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Nächster Redner ist der Kollege Joachim Poß für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7061577
Wahlperiode 18
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2017
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