20.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 213 / Tagesordnungspunkt 24

Christian PetrySPD - Zulassungspflicht für Finanzprodukte

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst einmal habe ich mich gefragt, was der Anlass war, dass wir zum heutigen Zeitpunkt, da Donald Trump Präsident wird, über den Finanz-TÜV reden. Vielleicht ist das Zufall; ich weiß es nicht genau. Ich habe darauf noch keine Antwort gefunden.

Die Kritik, dass es dubiose Praktiken bei der Finanz­anlagevermittlung und undurchsichtige Finanzvehikel gibt, ist absolut berechtigt. Der Graue Kapitalmarkt hat uns hier schon oft in Debatten beschäftigt. Wir hatten Produkte, die tatsächlich kritisch waren. In Ihrem Antrag wird auch Prokon genannt. Das war jetzt nicht unbedingt ein klassisches Produkt des Grauen Kapitalmarkts. Die Hinweise waren alle da. Es wollte sie nur niemand lesen; denn 10 Prozent Zinsen sind so verführerisch, dass man das Kleingedruckte oder auch das größer Gedruckte nicht mehr liest. Von daher muss man immer aufpassen, wie man argumentiert. Das passt also als Beispiel nicht, das Thema als solches letztlich aber schon.

Wir haben hier im Bundestag in vielfältiger Weise Regularien beschlossen. Das Kleinanlegerschutzgesetz, durch das wir Finanzprodukte transparenter gemacht haben, ist genannt worden. Wir haben auch bezüglich des Wertpapiergeschäfts Regelungen und Gesetze geschaffen. Wir haben die Pflicht, ein Protokoll über das Beratungsgespräch zu verfassen, eingeführt bzw. verbessert; das war ein wesentlicher Schritt. Wir haben hinsichtlich der Honoraranlagenberatung seit 2014 ein Gesetz, durch das die unabhängige Finanzberatung, die Vermittlung von Wertpapieren und Vermögensanlagen geregelt wird. Ich glaube, seit der Finanzkrise ist es Daueraufgabe des Deutschen Bundestages, hier Regelungen zu implementieren.

Ziel dieser Regelungen sind die Stärkung der Integrität der Finanzmärkte und die Verbesserung der Transparenz für Anlegerinnen und Anleger. In der kommenden Woche – es ist hier genannt worden – fällt der Startschuss für die Beratungen zum Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz, dem FiMaNoG 2. Das ist ein Mammutwerk; die Vorlage umfasst 500 Seiten. Darin sollen, wenn man es genau betrachtet, über 80 Rechtsfelder neu geregelt bzw. verbessert werden. Die Finanzmarktrichtlinie MiFID und die Durchführungen dazu in der MiFIR werden die Märkte grundlegend noch transparenter und noch kon­trollierter machen. Das ist ein ganz wesentlicher Schritt. Wir werden sehr intensiv beraten müssen, wie weit wir da gehen.

Es ist in der Tat so, dass wir die Märkte nicht überregulieren wollen, sodass sie nicht mehr funktionieren. Ein Spannungsfeld muss es geben. Die Verbraucher haben selbstverständlich auch Verantwortung; das ist ganz klar. Hier ist niemand blauäugig. Wir wissen: Egal, was wir an Regelungen einbringen, wenn jemand hohe Zinsversprechen macht, wird es immer wieder welche geben, die darauf hineinfallen. Zins ist Ausfluss von Risiko; das ist eine Binsenweisheit. Aber es ist sehr verführerisch, wenn jemand sagt: Statt 0,1 Prozent auf eurem Sparbuch bekommt ihr 8 Prozent bei der Anlage, und alles ist sicher. – Herr Dr. Meister wird mir zustimmen können, dass es immer wieder solche Fälle gibt und dass es immer wieder Risiken gibt. Die BaFin hat ja tagtäglich damit zu tun.

Ich denke, dass die Geeignetheitsprüfung für jedes Produkt durch die FiMaNoG-2-Novelle letztlich deutlich gestärkt wird. Wir werden bessere Beratungsprotokolle haben. Zielmärkte werden definiert werden. Zu den Anforderungen an die Finanzvermittler werden umfassende Produktinformationen gehören. Die Qualität der Anlageberatung wird deutlich erhöht. Wir werden letztlich die Honorarberatung auf europäischer Ebene einführen. Die Möglichkeit von unabhängigen Finanzvermittlern, Provisionen anzunehmen, wird eingeschränkt. Solche Zuwendungen dürfen in Zukunft nur noch unter ganz bestimmten Bedingungen erhoben und einbehalten werden. Durch diese Regelungen wird es stärkere Offenlegungspflichten geben, und der Markt wird für den Anleger transparenter und damit auch sicherer.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Die Kolleginnen und Kollegen der Linken fordern eine Ausweitung der Kompetenzen auf europäischer Ebene, auf europäische Aufsichtsbehörden. Die Wertpapieraufsicht ESMA wird genannt. Sie soll zusammen mit der Bankenaufsicht EBA und der Versicherungsaufsicht EIOPA Produkte zulassen. Das wird technisch ganz schwer. Das ist ein Vorschlag, über den man reden kann. Aber angesichts des Geflechts, das dahintersteht, halte ich es für sehr schwierig, solche Produkte spontan – im Crowdfunding muss es eben schnell gehen – effektiv und effizient zu regeln. Gleichwohl ist natürlich die Idee eines Finanz-TÜVs nicht ganz abwegig. Darüber kann man reden. Es waren die Verbraucherschützer, die diesen Begriff zum ersten Mal verwendet haben und vorgeschlagen haben, das auf europäischer Ebene zu tun. Wir werden im Verfahren darüber diskutieren. Die Diskussion ist durchaus offen. Aber ich halte das, was wir auf der Ebene der Bundesrepublik Deutschland schon alles gemacht haben und machen werden, durchaus für effektiv. Ich würde zunächst abwarten wollen, wie sich das auswirkt. Es wirkt sich sehr positiv aus. Trotzdem stehen spannende Gespräche im Fachausschuss an. Darauf freuen wir uns alle.

Glück auf!


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7061814
Wahlperiode 18
Sitzung 213
Tagesordnungspunkt Zulassungspflicht für Finanzprodukte
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