Michaela Noll - Regierungserklärung: Inklusives Wachstum
Frau Präsidentin! Ich darf Ihnen ganz herzlich zu Ihrer ersten Sitzungsleitung gratulieren und wünsche Ihnen große Erfolge und dass Sie das Haus immer im Griff behalten – auch bei hitzigen Debatten.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Vielen Dank, Herr Kollege.
Meine Damen und Herren! Es geht heute um den Jahreswirtschaftsbericht. Herr Kollege Heil, Ihre Rede war ja eine Huldigungsrede für unseren Wirtschaftsminister. Ich hatte es eigentlich nicht so verstanden, dass er das Haus verlässt, sondern er wird weiterhin auf der Regierungsbank sitzen.
Herr Kollege Heil, eines muss ich Ihnen schon noch einmal sagen, weil Sie das Thema Energiepolitik angesprochen haben, das ich jetzt aber nicht zum Mittelpunkt meiner Rede machen will: Ich möchte Sie bitten, noch einmal ein paar Jahre weiter als nur die letzten vier Jahre zurückzudenken.
Der Kollege Gabriel war ja mal Umweltminister,
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Frau Merkel auch!)
und während dieser Zeit sind zum Beispiel die Fundamente für die Probleme, die wir heute bewältigen, mit gelegt worden. Dass der Herr Gabriel in seinem Amt als Wirtschaftsminister zu neuen Erkenntnissen gekommen ist und dass wir gemeinsam einige Dinge verrichten konnten, halte ich für sehr positiv. Hier kann ich Sie auch nur unterstützen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, dass es Deutschland gut geht, haben heute schon alle Redner beschrieben. Man kann es aber eben nicht oft genug sagen, weil die Kollegen der Linken und der Grünen immer dazu neigen, die Situation trotzdem schlechtzureden.
Acht Jahre Wirtschaftswachstum hintereinander! Es muss mir einmal jemand in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland Zeiten zeigen, in denen wir acht Jahre hintereinander kontinuierlich ein Wirtschaftswachstum hatten,
(Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 60er-Jahre!)
und die Projektion für 2017 sieht ein weiteres Wirtschaftswachstum voraus. Das finde ich sehr gut.
Für die gute Gesamtsituation ist nicht nur der gute Zustand der deutschen Wirtschaft verantwortlich, sondern hinter der deutschen Wirtschaft stehen die Menschen; auch das wurde heute schon gesagt. Das sind die Unternehmer, die Selbstständigen, die Handwerker, die Angehörigen der freien Berufe und natürlich die Arbeitnehmer, die alle gemeinsam diesen großen Erfolg für sich verbuchen können. Ich glaube, wenn man diese Dinge immer schlechtredet, macht man auch die Menschen schlecht, die dahinterstehen.
Meine Damen und Herren, Herr Ernst fing ja wieder mit dem Thema Handelsüberschüsse an. Das ist sein Lieblingsthema, und die Linken können offensichtlich überhaupt keine anderen Einlassungen zur Wirtschaftspolitik mehr machen. Deutschland ist eine Exportnation.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Ach was!)
Ein wesentlicher Pfeiler des wirtschaftlichen Erfolges sind die Exporte. Sie selbst wissen ganz genau, dass die Handelsüberschüsse nicht nur deswegen entstehen, weil Deutschland im Ausland zu wenig kauft, sondern das hat auch viel mit den Ölpreisen zu tun. In den Jahren des hohen Ölpreises gab es in der Leistungsbilanz große Defizite. Heute verzeichnen wir Überschüsse.
Deutsche Exporte sind auch für die Entwicklung vieler Nationen in der Welt sehr wichtig. Im Jahreswirtschaftsbericht steht, dass der Anteil von Exporten in die mittel- und osteuropäischen Staaten überdurchschnittlich gewachsen ist. Die mittel- und osteuropäischen Staaten haben mittlerweile einen größeren Anteil am Exportvolumen Deutschlands als China. Es ist doch sehr positiv, dass deutsche Exporte in vielen Teilen Europas einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung leisten, weil es letztendlich – darauf hat der Kollege Fuchs hingewiesen – um die Verknüpfung der Lieferketten geht. Export bedeutet ja nicht nur, Waren in Länder zu exportieren, sondern er bedeutet auch, Teile und Leistungen für die Zulieferung zu importieren.
Deutschland braucht den freien Handel. Herr Özdemir, ich habe sehr darüber gestaunt, dass die Grünen jetzt plötzlich zur Freihandelspartei werden.
(Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was erstaunt Sie daran?)
Was ist denn das? Das ist ja etwas ganz Neues bei Ihnen. Sie sind doch in der Allianz der Gegner von TTIP und von allen anderen Abkommen gewesen.
(Dieter Janecek [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fairer Handel! Darum geht es!)
Genauso wie die Linken: Sie haben es bis heute noch nicht begriffen. Bei Herrn Özdemir scheint zumindest ein Umdenken eingesetzt zu haben, was erst einmal ein Fortschritt ist.
(Cem Özdemir [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich musste gar nicht umdenken!)
Wir werden unter den neuen globalen Gegebenheiten wesentlich mehr darum kämpfen müssen, den freien Handel zu erhalten. Herr Ernst, Sie haben gesagt: Wir brauchen keinen freien Handel, sondern fairen Handel. – Erklären Sie mir den Unterschied. Das müssen Sie wirklich einmal machen.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das mache ich gern! – Lachen bei Abgeordneten der LINKEN)
Sie diskreditieren mit diesem Satz jede Art von freiem Handel als nicht fairen Handel.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das sagt kein Mensch!)
Das ist einfach Quatsch, das ist blanker Unfug. Freier Handel ist im Prinzip genau das, was wir in Deutschland wollen.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Wir wollen fairen Handel! Das ist der Unterschied!)
Trotzdem handelt Deutschland fair. Ihr Satz ist reine Polemik und entbehrt jeglicher Grundlage.
Wir brauchen das CETA-Abkommen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat uns mit Blick auf dieses Abkommen recht gegeben. Ich weiß gar nicht, warum Sie morgen noch einmal diese uralte Debatte darüber führen wollen.
(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das werden Sie dann schon hören!)
Aber gut, das ist Ihre Sache.
Wir brauchen aber auch die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika. Ich kann überhaupt nicht verstehen, dass jetzt wieder darüber diskutiert wird, dass man diese Abkommen nicht schließen solle oder dass man sie umschreiben müsse. Wir brauchen mit Afrika Nachfolgeabkommen, die WTO-gerecht sind. Deshalb kann ich hier nur noch einmal dafür plädieren, diese Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Afrika endlich zu ratifizieren, um sie in Kraft setzen zu können.
Meine Damen und Herren, wenn es darum geht, die Globalisierung zu gestalten, die Globalisierung weiterzuentwickeln, dann bietet sich dieses Jahr dafür eine hervorragende Chance. Deutschland hat die Präsidentschaft der G 20: In Hamburg wird der G‑20‑Gipfel stattfinden. Die deutsche G‑20‑Präsidentschaft hat sich das Ziel gesetzt, über die Chancen und Risiken der Globalisierung einen neuen Diskussionsprozess anzustoßen. Das finde ich sehr wichtig, gerade angesichts der aktuellen Politik in den Vereinigten Staaten.
Im Jahreswirtschaftsbericht gibt es ein paar Punkte, auf die ich kurz eingehen möchte: Es drohen Gefahren für die weitere Entwicklung. Ein Beispiel ist das Thema Bankenregulierung. Banken sind ja der Hauptgegner der Linken. Banken sind aber für die Entwicklung der Wirtschaft wichtig. Vor allem der Mittelstand braucht ein funktionierendes Bankensystem. Wir dürfen daher den Bankensektor nicht überregulieren.
Wir müssen die Investitionsquote des Staates stärken. Wir müssen gemeinsam mit den Unternehmen an einer Stärkung der Investitionsquote arbeiten. Es ist sehr bedenklich, dass selbst die Mittel der Wirtschaftsförderung nicht mehr ausgeschöpft werden, wenn es darum geht, in Deutschland zu investieren.
Wir müssen vor allen Dingen – das ist für mich ein wichtiger Punkt – den deutlichen Anstieg des Staatskonsums bremsen. Investitionen des Staates müssen aus meiner Sicht gefördert werden. Aber der Staatskonsum kann nicht der Gradmesser einer positiven Entwicklung sein; denn konsumtive Ausgaben rentieren sich nicht unbedingt, wie wir alle wissen. Wir müssen zudem die Staatsquote im Blick behalten. Auch das ist in den letzten Jahren mehr oder weniger gut gelungen.
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, der mir besonders wichtig ist, weil es um das Einkommen der Menschen geht. Der Jahreswirtschaftsbericht weist aus, dass die Schere zwischen Brutto- und Nettoeinkommen der Menschen weiter auseinandergeht. Das heißt, die Bruttoeinkommen sind deutlich stärker gestiegen als die Nettoeinkommen. Hier sehe ich ein großes Problem; denn höhere Bruttoeinkommen helfen den Menschen nicht, wenn nicht mehr Geld in der Tasche bleibt, das sie für sich verwenden können. Die Entwicklung ist insgesamt aber erst einmal positiv.
Herr Gabriel, wir wünschen Ihnen in Ihrem neuen Amt alles Gute. Das Thema Afrika habe ich jetzt nicht so dezidiert angesprochen. Aber wir werden, wenn Sie Ihr neues Amt angetreten haben, sicherlich noch viele Berührungspunkte haben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Das Wort hat jetzt Thomas Lutze, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung: Inklusives Wachstum |