Gabriele KatzmarekSPD - Regierungserklärung: Inklusives Wachstum
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Jahreswirtschaftsbericht zeigt: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat in den letzten drei Jahren richtige Akzente für eine wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland gesetzt. Er hat dabei die Menschen in diesem Land in den Mittelpunkt gestellt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Manfred Grund [CDU/CSU]: Schade, dass er jetzt gehen muss!)
Der Grundsatz sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik – das wurde heute schon einmal erwähnt – heißt: wirtschaftlicher Erfolg, soziale Gerechtigkeit und ökologische Vernunft.
(Beifall bei der SPD)
Das sind keine Gegensätze, meine Damen und Herren, sondern sie bedingen sich gegenseitig; denn sie sind der Garant für Wohlstand und für eine bessere Zukunft für uns alle.
Soziale Sicherung, Teilhabe und gute Arbeit bei fairem Lohn sind zentrale Voraussetzungen für wirtschaftlichen Fortschritt, keine Hindernisse; denn Wirtschaftspolitik – auch das sagte Sigmar Gabriel – ist auch immer Gesellschaftspolitik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD)
Der Jahreswirtschaftsbericht macht es deutlich: Die wirtschaftliche Entwicklung ist bei den Menschen angekommen. Die Arbeitslosigkeit ist gesunken, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist gestiegen, der Trend zu immer mehr prekärer Beschäftigung ist gebremst. Das sind Themen, die heute schon angesprochen worden sind, die ich nicht wiederholen will. Aber es zeigt, dass gute Wirtschaftspolitik Positives für die Menschen bewirken kann. Dieser Erfolg – auch das wurde heute schon angesprochen – reicht jedoch nicht aus. Wir müssen weiter daran arbeiten; denn wir wissen: Wer stehen bleibt, fällt zurück.
Der deutschen Wirtschaft geht es gut. Dennoch nimmt die Ungleichheit zu. Sozialer Aufstieg und gleiche Teilhabe für alle sind noch nicht realisiert. Uns muss es darum gehen, dass die Wirtschaft stabil bleibt, nicht um ihrer selbst willen, sondern für die Menschen in diesem Land.
(Beifall bei der SPD)
Gute Wirtschaftspolitik hat viele Facetten, und dies zeigt der Jahreswirtschaftsbericht. Investitionen, auch des Staates, sind der Schlüssel dazu. Gute Wirtschaftspolitik investiert jetzt in Bildung. Investitionen in Bildung fangen an bei den Schultoiletten, vor denen man sich nicht ekeln muss, und bei dem dichten Dach
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja, dann rufen Sie doch bei den Ländern an, damit sie endlich anfangen!)
– eigentlich Selbstverständlichkeiten –,
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Wir sind hier doch nicht für jede Schultoilette zuständig!)
sie gehen weiter bis zur Ausstattung der IT-Infrastruktur.
Sie haben vorhin schon einmal in Ihrem Zuruf gesagt: Das ist Ländersache.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja!)
Ich glaube, wir haben uns darauf verständigt, dass es bei dieser Frage nicht alleine reicht, wenn der Bund sagt: „Es ist Ländersache“, sondern es ist unser aller Aufgabe, dort zu handeln. Ich komme noch darauf zurück.
(Beifall bei der SPD)
Es gibt einen Überschuss im Haushalt. Was spricht dagegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesen Überschuss zu investieren?
Sehr geehrte Frau Katzmarek, erlauben Sie eine Zwischenfrage?
Sofort. Ich will nur zu Ende reden. Dann darf er gerne fragen. – Was spricht dagegen, diesen Überschuss zu investieren? Oder glauben Sie, dass die Menschen in diesem Land, was marode Schulen und Berufsschulen angeht, mit der Antwort zufrieden sind, das sei Ländersache?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das können Sie bei der Landtagswahl dann sagen!)
Das geht doch gar nicht.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Doch!)
– Natürlich nicht. – Jetzt dürfen Sie fragen.
(Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Super Koalition! – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: So ist Demokratie!)
Vielen Dank für das Zulassen der Zwischenfrage, Frau Kollegin Katzmarek. In der Tat interessiert es mich, dass sich an den von Ihnen beschriebenen Zuständen etwas ändert. Aber meine Frage ist: Könnte es sein, dass die Länder angesichts ihrer finanziellen und steuerlichen Rekordeinnahmen selbst in der Lage sind, solche Missstände in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich zu beheben? Würden Sie mir auch zustimmen, dass es möglicherweise gerade mit Blick auf die Wahlentscheidung bei Landtagswahlen und Bundestagswahlen für die Menschen von Vorteil ist, wenn jeder sich um seinen Kompetenz- und Zuständigkeitsbereich kümmert?
(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Gemeinsame Kraftanstrengung!)
Dann kann man nämlich politisch entscheiden, welches Land im Rahmen des Wettbewerbsföderalismus in der Lage ist, erfolgreich die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen, und wer dabei permanent auf die Hilfe des Bundes angewiesen ist, weil er möglicherweise vor Ort falsche politische Entscheidungen trifft. Also macht es sowohl unter demokratischen als auch unter steuer- und finanzpolitischen Gesichtspunkten Sinn, dass die Länder die Aufgaben in ihrer Zuständigkeit selbst erfüllen, anstatt permanent die Forderung zu erheben, dass alles in die Zuständigkeit des Bundes fallen muss, der im Übrigen, was Verteidigungs- und Sozialausgaben betrifft, auch über ganz wichtige Punkte selbst zu entscheiden hat.
(Beifall bei der CDU/CSU – Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Nehmen Sie doch Redezeit, wenn Sie etwas sagen wollen!)
– Ich weiß, das war eine schwierige Frage.
Das ist keine schwierige Frage. –
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Nein, der Kollege Heil meinte das!)
Selbstverständlich sind auch die Länder dafür verantwortlich; das ist doch keine Frage, das stellt doch auch niemand in Abrede. Aber selbstverständlich tragen auch wir Verantwortung für dieses Land und für die Menschen, die in diesem Land leben.
(Beifall bei der SPD)
Wir müssen doch dort eingreifen und unterstützen, wo es im Interesse der Menschen in diesem Land ist,
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Dann schafft doch die Länder ab! Das spart Geld!)
und können uns nicht hinsetzen – das will ich noch mal sagen –,
(Beifall bei der SPD)
die Augen zumachen und auf die Länder verweisen. So geht es nicht. Genau deshalb ist es richtig, dass wir sagen: Wenn die Gelder vorhanden sind, müssen sie im Interesse der Menschen in diesem Land investiert werden.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ja, von den Ländern! – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Sind die Länder denn nicht vorhanden?)
Wir müssen Zukunft gestalten und dürfen uns nicht hinsetzen, uns in Formalitäten ergießen und die Zuständigkeit von den Ländern zum Bund und vom Bund zu den Ländern schieben. Denn damit ist den Menschen nicht geholfen,
(Beifall bei der SPD)
und sie verlieren jeden Glauben, aber wirklich jeden Glauben, an die Politik.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Zuständigkeiten stehen in der Verfassung!)
Dann dürfen wir uns nicht wundern, wenn andere Gruppierungen Zulauf erhalten. – So.
(Beifall bei der SPD)
Ich glaube, das war die richtige Antwort auf Ihre Frage. Hier zu investieren, ist im Interesse dieses Landes.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die verfassungsrechtlichen Zuständigkeiten gelten nicht mehr? – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das stimmt doch nicht! Es gibt Gemeinschaftsaufgaben im Grundgesetz! – Gegenruf des Abg. Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Für Schultoiletten? – Gegenruf des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das heißt Bildungsinfrastruktur!)
– Herr Grosse-Brömer, das ist doch Unsinn. Aber ich will jetzt nicht mehr darauf eingehen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Antwort hat deutlich gemacht, dass es wichtig ist, nicht nur die Antwort zu geben, dass wir sparen, sondern den Menschen auch die Antwort auf die Frage zu geben, wie wir die Zukunft gestalten. Sigmar Gabriel hat da etwas vorgelegt, mit dem wir alle uns mal intensiver beschäftigen sollten: Es geht um die Frage, wie wir die Zukunft für die Menschen in diesem Land gestalten – für mehr Arbeit, mit Investitionen in die Zukunft. Denn dann brauchen wir uns über manch populistische Worte, die immer wieder draußen fallen und mit denen Zukunftsängste geschürt werden, keine Gedanken mehr zu machen. Deshalb fordere ich alle in diesem Haus auf: Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft für die Menschen in unserem Land gestalten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Als letzter Redner in dieser Aussprache spricht jetzt Axel Knoerig für die CDU/CSU-Fraktion zu uns.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7063806 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Regierungserklärung: Inklusives Wachstum |