Antje TillmannCDU/CSU - Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Im letzten Jahr erreichten viele von uns Zuschriften von jungen Familien und Senioren. Der Tenor war immer derselbe: Meine Bank hat mir den Kredit für den Kauf oder den Umbau meiner Immobilie verweigert.
Was ist passiert? Seit März 2016 gilt in Deutschland eine neue EU-Richtlinie, die die Vergabe von Wohnimmobilienkrediten verschärft. Die Richtlinie wurde in der EU als Reaktion auf die spanische Immobilienkrise beschlossen, die durch zahlreiche leichtfertig vergebene Kredite verursacht wurde. Banken müssen seither ihre Kreditnehmer vor Vertragsabschluss besser informieren. Außerdem wurden undurchsichtige Kopplungsgeschäfte, bei denen ein Darlehen nur in Verbindung mit anderen Finanzprodukten ausgegeben wurde, eingeschränkt. Diese Neuerungen waren gut und richtig, und sie dienten dem Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher. Neben dem Wert der Immobilie müssen Banken künftig auch andere Faktoren, wie etwa das Einkommen des Kreditnehmers oder die Verschuldungsquote, verstärkt berücksichtigen.
Leider hat die zu weit gehende Umsetzung in deutsches Recht durch Bundesjustizminister Maas zur Folge
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Sie haben doch zugestimmt!)
– das stimmt –, dass gerade Altersgruppen mit weniger berechenbarem Einkommen zunehmend Schwierigkeiten haben, einen Hauskredit zu bekommen. Herr Staatssekretär Kelber, wenn Sie sagen: „Das war ja alles so nicht gemeint“, dann kann ich nur sagen: In einem Rechtsstaat ist es eigentlich üblich, dass man das, was man meint, ins Gesetz schreibt. Und ja, wir haben dem zugestimmt; wir haben einen Fehler gemacht, und wir werden das korrigieren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wir behaupten ja nicht, dass die bisherige Regelung richtig ist. Dann brauchten wir das Gesetzgebungsverfahren nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wollen, dass junge Familien und ältere Menschen Kredite für den Umbau oder die Renovierung ihres Gebäudes bekommen, und wir wollen – das meint Herr Staatssekretär Kelber offensichtlich auch –, dass das so im Gesetz steht, um Rechtssicherheit für Banken und Verbraucherinnen und Verbraucher herzustellen.
(Beifall des Abg. Olav Gutting [CDU/CSU])
Wie Herr Dr. Schick sind auch wir noch nicht zufrieden mit diesem Gesetzentwurf. Wir glauben nämlich, dass darin auch die Anschlussfinanzierungen geregelt werden müssen. Es kann nicht sein, dass, sollte es zu einer Krise kommen, wir diese bei einer anstehenden Anschlussfinanzierung dadurch verschärfen, dass Veräußerungen notwendig sind. Auch hier haben wir erheblichen Diskussionsbedarf. Dazu dient dieses Gesetzgebungsverfahren ja auch; wir stehen heute erst am Anfang.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Was ist der zweite Teil dieses Gesetzentwurfs, der Teil, der dem Gesetz seinen Namen gibt? Der Ausschuss für Finanzstabilität, dem auch Vertreter von BaFin und Bundesbank angehören, ist der Meinung, dass es hinsichtlich der Aufsicht Handlungsbedarf gibt, falls es irgendwann – rein theoretisch – zu einer Immobilienkrise kommt. Um es deutlich zu sagen: Weder die Bundesbank noch die BaFin sieht aktuell eine solche Krise. Beide empfehlen aber, Instrumente einzuführen, bevor eine schwierige Situation wirklich akut wird. Herr Staatssekretär Meister hat dies mit einem Feuermelder verglichen. Ich teile die Auffassung, dass wir Instrumente haben müssen, bevor eine Krise ausbricht. Wir müssen daher intensiv darüber beraten, wie solche Instrumente aussehen können.
Die BaFin soll handlungsfähig gemacht werden und dafür neue, zielgenaue Instrumente zur Bekämpfung bzw. Bewältigung einer eventuellen Immobilienkrise bekommen. Die BaFin soll Kreditgebern bestimmte Mindeststandards für die Vergabe von Neukrediten für den Erwerb oder den Bau von Wohnimmobilien vorgeben dürfen. Die genauen Festlegungen hierzu sollen aber in einer umfangreichen Verordnung geregelt werden, die noch in der Bearbeitung ist.
Herr Dr. Schick, ich wundere mich, dass Sie den Gesetzentwurf schon verteidigen, obwohl Sie noch gar nicht wissen, was tatsächlich geregelt wird; denn die konkreten Details werden in einer sehr umfangreichen Verordnung dargelegt werden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir haben darum gebeten – ich danke dem Staatssekretär, dass er dem zugestimmt hat –, dass wir noch im Gesetzgebungsverfahren erfahren, was in dieser Verordnung steht; denn erst dann können wir tatsächlich die Auswirkungen auf Banken und Verbraucher beurteilen. Es ist eine Milchmädchenrechnung, zu glauben, wir könnten bei Banken immer weiter regulieren, ohne dass es für die Verbraucher Auswirkungen hätte. Natürlich besteht die Gefahr, dass Kredite für den Verbraucher teurer werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns genau ansehen, was in dieser Verordnung steht.
Aus meiner Sicht muss in dieser Verordnung geregelt sein, was ein vernünftiger Kaufmann sowieso tun würde. Es sind nicht alle Banken der Meinung, dass diese Gesetzgebung ihnen Schwierigkeiten bereiten wird. Ein verantwortungsbewusster Banker würde auf eine Krise reagieren. Wir müssen sicherstellen, dass sich alle Banker verantwortungsbewusst verhalten. Deshalb werden wir am 6. März in einer Anhörung mit den Betroffenen die Verordnungsgegenstände diskutieren und dann feststellen, ob dieser Gesetzentwurf das leistet, was wir uns erhoffen.
Ich persönlich bin der Meinung, dass wir die Bereitstellung dieser Instrumente besser innerhalb Deutschlands regeln, als dies erneut der EU-Kommission zu überlassen. Was passiert um uns herum? In 18 anderen europäischen Staaten gibt es diese Aufsichtsinstrumente schon. Wenn wir nicht handeln, besteht die Gefahr, dass die EU-Kommission eine europäische Regelung vorschlägt, die – diese Erfahrung haben wir schon gemacht – die Besonderheiten des deutschen Kreditmarktes und die gute deutsche Kreditsituation nicht berücksichtigen wird. Es wäre also besser, dies innerdeutsch zu regeln. Deshalb begeben wir uns auf den Weg, diesen Gesetzentwurf zu diskutieren.
Es ist ja nicht so, dass der BaFin keine Instrumente zur Verfügung stehen, um in einer Krise einzugreifen. Natürlich könnte die BaFin einer Bank bestimmte Eigenkapitalvorlagen auferlegen. Aber das hätte den Nachteil, dass davon alle Branchen betroffen wären, obwohl mittelständische Produktionsunternehmen vielleicht gar nicht in Schwierigkeiten sind. Ich glaube, wir sollten uns sehr genau ansehen, ob wir für den Immobiliensektor konkretere und spezifischere Instrumente brauchen. Ob der vorliegende Gesetzentwurf der richtige Weg ist, werden wir nach umfangreichen Beratungen entscheiden. Wir werden uns nach der Anhörung dazu positionieren.
Herr Dr. Meister, wie immer können Sie sicher sein und damit rechnen, dass wir dieses Gesetzgebungsverfahren konstruktiv begleiten. Das beginnen wir heute, und wir werden es zu einem guten Abschluss führen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Danke, Frau Tillmann. – Herr Meister hat sich entschuldigt. Der Mann, der hier sitzt, ist nicht der verjüngte Herr Meister, sondern Herr Spahn. Aber er nimmt all das mit, was Sie gesagt haben, und wird es an den Herrn Staatssekretär weitergeben.
Nächste Rednerin: Nicole Maisch für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7063824 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz |