26.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. EP / Session 215 / Tagesordnungspunkt 4

Sarah RyglewskiSPD - Finanzaufsichtsrechtergänzungsgesetz

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! Ich will die Emotionen jetzt ein bisschen senken und daran erinnern, worüber wir hier eigentlich reden. Der Grund, weshalb die Wohnimmobilienkreditrichtlinie trotz ihres sperrigen Namens eine solche Emotionalität erzeugt, ist der gleiche Grund, weshalb Menschen sich Immobilien kaufen: Für die meisten Menschen ist der Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung die schwerwiegendste finanzielle Entscheidung, die sie im Laufe ihres Lebens treffen, und es ist eine Entscheidung, die die meisten von uns ihr Leben lang begleitet. Das kann man, glaube ich, so sagen.

Die Menschen treffen diese Entscheidung meistens – das hoffen wir – wohlabgewogen, auch wenn die Gründe durchaus emotionaler Natur sind: Man möchte ein schönes Umfeld für sich und seine Familie schaffen, in das einen niemand hereinredet. Man möchte lieber für sich als für seinen Vermieter zahlen. Oder man sagt – dann wird es ein bisschen rationaler –: In Zeiten niedriger Zinsen ist es das Einzige, wo ich die Möglichkeit habe, mein Geld vernünftig anzulegen. Außerdem sind die Zinsen gerade so günstig, dass sich einige Leute eine Finanzierung leisten können, die das vorher nicht konnten.

(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber das ist in den Preisen enthalten!)

– Genau. Darauf komme ich gleich. – Grundsätzlich sagen wir: Eine Immobilie ist eine gute Investition. Aber wir wissen – Herr Kollege Schick hat es in seiner Rede gesagt und mit seinem Zwischenruf bestätigt –: Angebot und Nachfrage – das ist trivial – bedingen sich. Deswegen gibt es in einigen Großstädten und auch in anderen Bereichen unseres Landes mittlerweile deutliche Preissteigerungen, die den Kauf einer Immobilie erschweren.

Viele Leute haben im Zuge dieses Booms das Gefühl: Wenn sie jetzt keine Immobilie kaufen, dann vertun sie eine Chance. Das kann durchaus dazu führen, dass Menschen ihre finanziellen Möglichkeiten optimistischer einschätzen, als sie es tun würden, wenn die Zinsen höher wären, wenn es nicht so einen Boom gäbe. Außerdem führt es dazu – das muss man dazusagen –, dass Banken eher geneigt sind, Kredite für ihre Kundinnen und Kunden möglich zu machen. Für die Banken ist das eine gute Möglichkeit, Kredite zu vergeben, womit sie Gewinne erzielen; das machen sie ja nicht uneigennützig. Deswegen müssen wir da genau hinschauen.

Das Thema 110-Prozent-Finanzierung wurde schon angesprochen. Aber es gibt auch andere Kreditkonstruk­tionen, bei denen wir sehr genau hinschauen müssen. Deswegen ist es richtig, dass wir diese Richtlinie umgesetzt haben. Bisher konnte es dazu kommen, dass auch die Deckung von Nebenkosten auf Pump finanziert wurde oder dass parallel der Dispositionskredit erhöht wurde. Es gibt durchaus Kredite – das ist gar nicht tricky, sondern normales Geschäft – mit einer Tilgung von 1 Prozent, und das bei den niedrigen Zinssätzen, obwohl man weiß, dass die Menschen einen neuen Kredit mit angestiegenen Zinssätzen nicht werden bedienen können. In diesen Fällen ist auch die Sicherheit durch den Wert einer Immobilie nichts, was dem Kunden hilft; das hilft nur der Bank. Die Bank hat die Sicherheit; aber der Kunde steht möglicherweise vor dem finanziellen Ruin. Deswegen, glaube ich, war es richtig, dass wir die Richtlinie umgesetzt haben. Aber es ist auch richtig, dass man sich, wenn man so etwas macht, noch einmal anschaut, welche Auswirkungen das auf die Entwicklung hat.

Von Herrn Hauer kam die Kritik, warum man nicht zügiger reagiert habe. Ich persönlich muss sagen: Ich halte nichts davon, dass wir uns jetzt hier gegenseitig zurufen, wer wie viele Zuschriften bekommen hat und wer dementsprechend wie viele Waschkörbe bei sich im Büro hat.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Ich habe nicht von Waschkörben gesprochen!)

– Na ja, andere aber. – Ich halte es vielmehr für verantwortliche Politik, dass wir von der Kreditwirtschaft, aber auch von den Verbrauchern Informationen einholen.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Welcher Minister hat denn das Gesetz gemacht?)

– Wir haben alle zugestimmt. Es ist schön, dass Sie die unbestimmten Rechtsbegriffe vorhin vorgelesen haben. Aber wenn Sie jetzt so überzeugt sind, hätten wir diese ja auch damals schon aufnehmen können.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Immerhin bin ich selbstkritisch im Vergleich zu Ihrem Minister!)

– Der hat das Gesetz ja eingebracht.

Ich glaube, dass es richtig war, dass wir uns Zeit gelassen haben. Es nützt nichts, wenn wir jetzt Dinge verändern oder Regelungen noch einmal angreifen, die am Ende niemandem etwas bringen, weil sie schlecht und überhastet gemacht sind. Ich weise noch einmal darauf hin, dass wir aufpassen müssen. Wir sollten hier wirklich sehr gründlich arbeiten, weil sich sonst durchaus der Verdacht einschleicht, dass es Banken geben könnte, die sagen: Wir haben jetzt eine gute Begründung, bestimmte Kredite abzulehnen. – Zu einer verantwortlichen Finanzberatung gehört, dass man Leuten vielleicht auch einmal sagt: Ich verstehe, dass du ein Haus haben möchtest, aber diesen Kredit wirst du dir nicht leisten können. Schau, ob du eine kleinere Immobilie findest oder ob du etwas anderes machst. Warte lieber eine Zeit. – Da sagen wir: Das wollen wir mit diesen Regelungen sicherstellen. Insofern halte ich das, was wir hier vorgeschlagen haben, für eine gute Sache.

(Beifall bei der SPD)

Was ich mir persönlich zusätzlich noch wünschen würde – damit komme ich dann auch zum Schluss –, wäre, dass wir in der Tat die Gelegenheit nutzen und uns die Fragen – das ist insbesondere der Punkt – „Was macht man eigentlich mit befristeten Beschäftigungsverhältnissen?“, „ Wie geht man mit solchen Ausnahmen um?“ noch einmal anschauen und auch einmal überlegen: Was ist eigentlich mit einer Gruppe wie den Selbstständigen, die es auch schon vor der Wohnimmobilienkreditrichtlinie schwer hatten, einen Kredit zu bekommen? Wie kann man da möglicherweise Erleichterungen schaffen? Denn natürlich wollen wir, dass jeder, der sich einen Kredit leisten kann und der einen braucht, einen bekommt. Aber wir wollen nicht, dass Leute einen Kredit bekommen, die ihn sich nicht leisten können und bei denen dann am Ende die Bank als Sicherheit das Haus hat, oder dass jemand seine Wohnung renoviert und dann am Ende für die Bank renoviert hat.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen, wo wir alle ganz genau hinschauen werden. Ich glaube, dann haben wir am Ende eine richtige Richtlinie gut angepasst und weiter verbessert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank, Sarah Ryglewski. – Der letzte Redner in der Debatte: Alexander Radwan für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)

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Electoral Period 18
Session 215
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