Jürgen KlimkeCDU/CSU - Zukunftsfähige Unternehmensverantwortung
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Zukunftsfähige Unternehmensverantwortung“, was bedeutet das? Für mich bedeutet es, dass sich Unternehmensmitglieder und die Unternehmen für ihr Tun und Lassen freiwillig verantwortlich erklären und sich auch gemäß dieser Verantwortung verhalten. Für welche Handlungen und Folgen sich ein Unternehmen verantwortlich erklärt und welches die richtigen Grundsätze sind, leitet sich aus der Rechtsordnung, aus den gesellschaftlich definierten ethischen Prinzipien ab, beispielsweise faire Bezahlung, Schulung von Mitarbeitern, Einhaltung von Normen und Standards, Gleichberechtigung der Geschlechter oder meinetwegen auch Richtlinien zum Schutz der Umwelt. Viele deutsche Unternehmen halten sich in vorbildlicher Weise auch im internationalen Kontext an diese Wertmaßstäbe. Jene, die hier Defizite aufweisen, bringen wir durch bestehende Gesetze oder durch neue Maßnahmen der Bundesregierung und der Legislative dazu, ihr Handeln zu überdenken und es anzupassen.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Na dann!)
Meine Damen und Herren, ähnlich wie der Kollege Luczak muss auch ich ein bisschen mit Bedauern feststellen, dass der vorliegende Antrag der Grünen zu den Sanktionen in seinem Duktus zum wiederholten Male die Geschäftspraktiken vieler deutscher Unternehmen mindestens hinterfragt. Ich bedaure dieses Misstrauen und auch den möglicherweise enthaltenen Generalverdacht gegenüber der deutschen Wirtschaft.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Absurd!)
Als Entwicklungspolitiker weiß ich um die Bedeutung der Wirtschaft gerade in diesem Bereich. Deshalb lege ich meinen Fokus bei der Bewertung Ihrer Anträge auch auf die Auswirkungen auf die Entwicklungszusammenarbeit.
Mit ihrem Antrag zu menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten kritisieren die Grünen den Prozess bei der Ausarbeitung des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“, NAP, durch die Bundesregierung. Ja, es ist richtig, dass die Ausgestaltung einige Zeit länger in Anspruch genommen hat, als zunächst einmal angedacht und angekündigt war. Ich möchte aber an dieser Stelle ausdrücklich darauf hinweisen, dass die Bundesregierung den NAP kurz vor Weihnachten letzten Jahres verabschiedet und damit die deutschen Unternehmen zu fairen Produktionsbedingungen in den Entwicklungsländern verpflichtet hat.
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Er lädt dazu ein!)
Das ist, glaube ich, eine ganz wichtige Aussage; denn es ist ein deutlicher, wichtiger und vorbildlicher Schritt für die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten durch deutsche Unternehmen; das müssen wir festhalten.
Mit dem Aktionsplan setzen wir die UN-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte in nationales Gesetz um. Betroffen von der Regelung sind in Deutschland circa 6 000 Betriebe, die dazu verpflichtet werden, soziale und ökologische Standards einzuhalten.
Meine Damen und Herren, in der letzten Woche haben wir hier im Plenum das Thema „Faire Textilproduktion“ debattiert. Beispielhaft steht dieser Sektor für die Anstrengungen, die die Bundesregierung, federführend das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, für zukunftsfähige Unternehmensverantwortung unternimmt.
Kurz erwähnt sei hierzu das im Oktober 2014 gegründete Bündnis für nachhaltige Textilien, auch wenn die Linken das beiseitewischen. Es ist ein wichtiges Bündnis. Es greift die zukunftsfähige Unternehmensverantwortung in einer vorbildlichen Weise auf und arbeitet in der Praxis an der Verringerung von Missständen und Benachteiligungen. Bereits 133 mittelständische Unternehmen und Großkonzerne aus der Textilindustrie und dem Handel sind diesem Bündnis beigetreten und haben in Deutschland eine Marktabdeckung von 55 Prozent erreicht – und das setzt Maßstäbe. Das ist ja nicht nur ein kleiner Teil von 3 oder 4 Prozent, sondern weit über die Hälfte.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Mit diesem Projekt kommen Verbraucher, Wirtschaft und Politik auf freiwilliger Basis zueinander, ohne großen Verwaltungsaufwand zu verursachen. Die Zielsetzungen des Bündnisses, die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit entlang der gesamten Textilkette kontinuierlich zu verbessern, tragen zudem zur Umsetzung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und der sogenannten SDGs bei. Im Kontext von Globallieferketten sind das insbesondere die Ziele Nummer 8 „Menschenwürdige Arbeit und wirtschaftliches Wachstum“, Nummer 12 „Nachhaltige Produktion und nachhaltiger Konsum“ und Nummer 17 „Förderung von Partnerschaften“.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt: Das Textilbündnis kann international ein Vorbild für andere Wirtschaftszweige sein, zum Beispiel für den Rohstoffsektor oder auch für die Fischerei. Es kann beweisen, dass sich hohe Maßstäbe in der Unternehmensverantwortung auszahlen.
Eines muss ich noch einmal deutlich sagen: Nationale Alleingänge sind für uns der falsche Weg. Deshalb ist die Koalition schon einen Schritt weiter. Bereits 2015 hat sich Bundesentwicklungsminister Dr. Müller erfolgreich dafür eingesetzt, dass die Durchsetzung weltweiter Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards auf der Tagesordnung des G-7-Gipfels in Elmau stand. Das war ein Novum. Diesen Weg setzen wir fort.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es muss aber auch mal was passieren! Zwei Jahre kreißte der Berg, und passiert ist nichts! Nicht mal ein Mäuschen ist geboren worden!)
Das Entwicklungsministerium und das Ministerium für Arbeit und Soziales setzen sich maßgeblich dafür ein, die Arbeitsbedingungen in internationalen Lieferketten zu verbessern, ein verantwortliches und transparentes Management von Lieferketten zu fördern und Beschwerde- und Mediationsmechanismen zu stärken. Dazu haben beide Häuser in dieser Legislaturperiode das Positionspapier „Gute Arbeit weltweit“ vorgelegt und verabschiedet.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schön, noch ein Papier!)
Meine Damen und Herren, Deutschland hat am 1. Dezember 2016 die G-20-Präsidentschaft übernommen. Die G 20 sind das zentrale Forum der internationalen Zusammenarbeit der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer in Finanz- und Wirtschaftsfragen und vereinen 80 Prozent des globalen Handels auf sich. Die deutsche Präsidentschaft unter dem Motto „Eine vernetzte Welt gestalten“ läuft bis zum 30. November 2017. Höhepunkt wird das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in meiner Heimatstadt Hamburg am 7. und 8. Juli sein.
Was im Fokus steht – nachhaltige globale Lieferketten, ein Kernthema zukunftsfähiger Unternehmensverantwortung –, wird dabei im Rahmen der G-20-Staaten weiter vorangebracht werden, und damit wird auch an die G-7-Präsidentschaft angeknüpft – und alles unter dem Vorsitz von Deutschland; das möchte ich noch einmal deutlich sagen. Damit kommt von uns sozusagen ein starkes Signal für mehr Verantwortung in globalen Lieferketten.
Gemeinsam mit den G-20-Partnerländern sollen dazu konkrete Schritte entwickelt und beschlossen werden. Wichtige Bezugsrahmen dafür sind die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen und die Abschlusserklärung des G-7-Gipfels von Elmau; ich habe ihn schon erwähnt.
Meine Damen und Herren, wenn Sie eine Analyse der Lage vornehmen, dann können Sie erkennen, dass es eine Vielzahl von Initiativen und bestehenden Regelungen zur Sanktion von Unternehmen gibt, wenn diese gegen Maßstäbe, Gesetze und Normen verstoßen. Das Vorhandene nochmals mit einem Gesetz zu regeln, schafft lediglich Doppelstrukturen und benachteiligt einseitig deutsche Unternehmen im Wettbewerb, und genau das wollen wir nicht.
Bevor ich zum Ende meiner Rede komme, möchte ich es nicht versäumen, auf einen ganz wichtigen Punkt in diesem Zusammenhang aufmerksam zu machen: Zukunftsfähige Unternehmensverantwortung tragen vor allen Dingen der Verbraucher und die Verbraucherin. In vielen Bereichen des Lebens stellen wir eine kontinuierliche Veränderung des Verbraucherverhaltens fest. Damit einher geht die Weiterentwicklung der Unternehmensverantwortung. Kein Textilhändler kann es sich leisten, dass an der Kleidung, die er produziert, Blut klebt,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man es nicht sieht! Deshalb wollen sie ja keine Deklaration und Kennzeichnung haben!)
kein Stromanbieter in Deutschland wirbt mehr mit Atomstrom, und kein Autohersteller bringt mehr ein neues Modell mit einem Spritverbrauch von über 15 Litern pro 100 Kilometer auf den Markt.
Dies sind nur einige Beispiele dafür, wie das veränderte Bewusstsein der Verbraucherinnen und Verbraucher die Verantwortung von Unternehmen mitgestaltet.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war jetzt das Wichtige?)
Wir dürfen uns jedoch nicht auf dem Erreichten ausruhen. Die Aufgabe der Politik ist es, weiter zu sensibilisieren und zu gestalten sowie das eine oder andere Gesetz in diesem Zusammenhang zu verabschieden.
Mit einem tiefen Durchblick für den Verbraucher in Bezug auf die Durchsetzung von internationalen, sozialen und Umweltstandards erreichen wir mehr als mit nationalen Gesetzgebungsprozessen, die deutsche Unternehmen benachteiligen und Arbeitsplätze kosten. Deshalb dürfen wir es nicht unterlassen, die Verbraucherinnen und Verbraucher ständig und stärker als in der Vergangenheit über die Sozialstandards zu informieren. Das kommt auch den Entwicklungsländern in ihrer schwierigen wirtschaftlichen Situation zugute, und das müssen wir gerade in diesen Zeiten sehen.
Danke sehr.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Jürgen Klimke. – Nächster Redner: Uwe Kekeritz für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Zukunftsfähige Unternehmensverantwortung |