26.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 215 / Tagesordnungspunkt 7

Elisabeth MotschmannCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mich beschäftigt im Zusammenhang mit dem Bundeswehreinsatz in Mali heute ein einziger Punkt. Es geht mir um einen vermeintlichen Widerspruch, um eine Forderung auf der einen Seite und einen Vorwurf auf der anderen Seite. Die Forderung lautet: Fluchtursachen müssen endlich konsequent bekämpft werden. So titelte auch heute wieder der Weser-Kurier. Der Vorwurf lautet: Unter dem Vorwand der Bekämpfung der Fluchtursachen verfolgt ihr egoistische Ziele. Es geht euch eigentlich nur darum – das hat auch Herr Movassat wieder gesagt –, Abschottungspolitik zu betreiben, Flüchtlinge davon abzuhalten, nach Europa, nach Deutschland zu kommen, oder Rohstoffe zu sichern. – Dieser Widerspruch zieht sich durch viele Diskussionen. Der Vorwurf lautet, dass wir nicht den Mensch in den Mittelpunkt unserer Überlegungen stellen.

Meine Rede befasst sich daher mit der Frage: Steht der Mensch im Mittelpunkt oder unser Egoismus? Ich sage ganz klar: Es geht natürlich um den Menschen. Es geht um die Menschen in Mali. Sie sollen in ihrer Heimat eine Zukunft haben. Sie sollen Überlebenschancen haben. Sie sollen Sicherheit haben und vor Terrorismus geschützt werden. Für sie sollen natürlich auch die Menschenrechte gelten, die für uns so selbstverständlich sind.

Genau deshalb brauchen wir die Mission MINUSMA. Sie ist wichtig für Mali. Dies möchte ich an drei Punkten – es sind keine kleinen Punkte, aber ich muss mich kurzfassen – darlegen. Durch den vernetzten Einsatz ziviler und militärischer Kräfte kann der Hunger bekämpft werden, können Krankheiten bekämpft werden und können Bildung, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit sichergestellt und gewährleistet werden. All das ist nur möglich, wenn es Sicherheit gibt, wenn es Schutz vor Terroristen gibt.

Zur Bekämpfung von Hunger. 180 000 malische Kinder leiden unter Mangelernährung. Nur 77 Prozent der Bevölkerung haben regelmäßig Zugang zu Trinkwasser. Deutschland sorgt mit dem Schwerpunkt Landwirtschaft, Trinkwasserversorgung und Abwasser für eine Verbesserung dieser Situation.

(Henning Otte [CDU/CSU]: Das ist den Linken völlig egal!)

Die „Aktion gegen den Hunger“ der Deutschen Welthungerhilfe half 2014 über 800 000 Menschen. Dies ist und war ohne die Schaffung von Sicherheit und Ordnung, ohne den Einsatz unserer Truppen bzw. der Truppen der Vereinten Nationen nicht möglich.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Auch die Bekämpfung von Krankheiten wäre nicht möglich, wenn es keine Sicherheit gäbe. Die Lebenserwartung in Mali liegt bei 58 Jahren. Besonders wichtig ist der Kampf gegen Malaria. Ärzte ohne Grenzen gelang es 2015, 190 000 Kindern Antimalariamedikamente zu verabreichen. All das wäre nicht möglich, Herr Movassat, wenn wir das täten, was Sie möchten. Sie denken, Sie seien schlauer als die 16 Nationen, die sich an diesem Einsatz beteiligen.

Auch örtliche Krankenhäuser müssen natürlich unterstützt werden, Impfungen müssen durchgeführt werden. Dabei muss es einen Schutz vor Gewaltausbrüchen geben. Deswegen ist der Einsatz der Hubschrauber auch so wichtig; denn nur so kann man im Notfall Verletzte ausfliegen und Hilfskonvois begleiten.

Außerdem brauchen wir gerade in einem solchen Land – das ist das Gute an diesem vernetzten Einsatz – Bildung, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Da beteiligt sich Deutschland an einem Kommunalentwicklungsfonds und stellt den Bau von Schulen und Infrastruktur sicher. All das könnte nicht gemacht werden, Herr Movassat, wenn es nach Ihnen ginge. Ich möchte einmal wissen, worin eigentlich Ihre Alternativen zu diesem Bundeswehreinsatz liegen.

Das Kinderhilfswerk Dritte Welt hat seit 1995 immerhin 20 Schulen gebaut. Noch besuchen 60 Prozent der schulpflichtigen Kinder keine Grundschule. Der Bau von Schulen ist also wichtig, und wenn wir es nicht tun, dann besteht die große Gefahr der weiteren Radikalisierung. Wir wissen, wie diese voranschreitet. Es ist ja schon beschrieben worden, wie sich der Terror in diesem Land zurzeit darstellt.

Ich will schließen – die Präsidentin macht mich auf die Redezeit aufmerksam – mit einem Zitat von UN-Generalsekretär Guterres, der nach dem dramatischen Anschlag in Gao, bei dem es über 70 Tote gab, Folgendes sagte:

Nach dieser verabscheuungswürdigen Tat sind wir noch entschlossener, die malische Bevölkerung, die Regierung und die Unterzeichner der nichtstaatlichen bewaffneten Gruppen bei ihrem Einsatz für Frieden, ihrem Kampf gegen den Terrorismus und dem Friedensabkommen zu unterstützen.

Deshalb halten wir fest: Ohne Sicherheit keine Strukturen, ohne Strukturen keine Schulen, ohne Schulen keine Bildung, und ohne Bildung haben Terrorismus und Islamismus weiterhin ein leichtes Spiel. Diesen Teufelskreis müssen wir durchbrechen, und deshalb brauchen wir die Mission. Wir sollten die Soldaten nicht verunsichern, sondern ihnen an dieser Stelle danken, dass sie bereit sind, in diesen gefährlichen Einsatz zu gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dirk Vöpel hat als nächster Redner für die SPD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7063898
Wahlperiode 18
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
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