Dirk VöpelSPD - Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir entscheiden gleich nicht nur darüber, ob wir die deutsche Beteiligung an der MINUSMA-Friedensmission der Vereinten Nationen um ein weiteres Jahr verlängern. Wir entscheiden auch darüber, ob wir das Mandat der Bundeswehr in Mali zum zweiten Mal in Folge substanziell erweitern, in quantitativer, aber vor allem in qualitativer Hinsicht. Mit der Aufstockung der Personalobergrenze von 650 auf 1 000 Soldatinnen und Soldaten, der Übernahme der Rettungskette von unseren niederländischen Freunden sowie der Verlegung von vier Kampfhubschraubern wird dies dann der aktuell bedeutendste Auslandseinsatz der Bundeswehr sein.
Derzeit kommen viele schlechte Nachrichten aus Mali. Wir erleben in den letzten Monaten ein Wiederaufflammen des Terrors, auch im vermeintlich sicheren Süden und in der Mitte Malis. Seit Januar 2016 zählt die Gesellschaft für bedrohte Völker 411 Terroropfer, darunter 209 Zivilisten. Seit Juli letzten Jahres wurden 16 MINUSMA-Angehörige getötet und 57 verletzt. Ende November kam es am Flughafen von Gao bereits zu einer Autoexplosion, bei der glücklicherweise niemand zu Schaden kam. Zum bisher blutigsten Höhepunkt kam es in der letzten Woche, als ein Selbstmordanschlag auf ein malisches Militärcamp in Gao mindestens 77 Tote und 115 Verletzte forderte.
Standen bisher vor allem Soldaten der malischen Armee, UNO-Blauhelme oder französische Soldaten der Operation Barkhane im Fadenkreuz der Terroristen, zielte der Anschlag in Gao direkt auf eine der Säulen des Friedensvertrages von 2015. In dem Abkommen wurde die Aufstellung neuer Truppenverbände zur gemeinsamen Durchführung von Patrouillen im Norden Malis vereinbart. Diese sogenannten MOC-Bataillone sollen zu je einem Drittel aus Soldaten der malischen Armee, Angehörigen regierungsnaher Milizen und ehemaliger Tuareg-Rebellen gebildet werden.
Ziel ist nicht nur eine wirksamere Bekämpfung der Terroristen in ihren Hochburgen im Norden Malis durch ortskundige Kämpfer. Durch die miteinander geteilte Ausbildungs- und Einsatzerfahrung soll zwischen den bisher verfeindeten Gruppen Vertrauen entstehen. Langfristig sollen diese Bataillone in die regulären malischen Streitkräfte überführt werden. Lange Zeit wurde die Aufstellung dieser Verbände insbesondere von den Tuareg boykottiert. Erst gegen Ende des letzten Jahres konnten sich die Exrebellen endlich dazu durchringen, die gemeinsamen Patrouillen aufzunehmen.
Der schreckliche Autobombenanschlag der letzten Woche richtete sich exakt gegen das Militärlager und die Angehörigen des ersten neuen Bataillons, das jetzt mit dem Einsatz beginnen sollte. Ziel, Zeitpunkt und Ort des Angriffes waren mit großer Präzision und vermutlich auch Insiderwissen gewählt. Er galt einem noch wenig belastbaren Tragpfeiler des Friedensabkommens, erfolgte nur wenige Tage nach dem Frankreich-Afrika-Gipfel in Bamako und wurde in der malischen Stadt mit der stärksten Militärpräsenz verübt.
Die Dschihadisten haben Schlagkraft demonstriert. Aber sie haben mit dem gleichen Blut zu Protokoll gegeben, dass sie die neuen gemeinsamen Patrouillen für eine reale Bedrohung halten. Die internationale Gemeinschaft muss deshalb darauf drängen, dass dieses Projekt jetzt noch entschlossener weiterverfolgt wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundeswehr beteiligt sich in Mali erstmals in so großem Umfang an einer landgestützten UNO-Friedensmission. Mit dem Einsatz der Aufklärungssysteme LUNA und Heron 1 sowie der befristeten Übernahme der luftgestützten Rettungskette stellt Deutschland Hochwertfähigkeiten zur Verfügung, auf die eine Mission wie MINUSMA elementar angewiesen ist.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Das personelle Rückgrat der UN-Friedensmissionen bilden nach wie vor die vielen Blauhelmsoldaten aus Entwicklungsländern wie beispielsweise Bangladesch. Diese verfügen aber nicht über die für solche Einsätze erforderlichen Hochtechnologiekomponenten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer eine starke UNO will, der muss auch seinen Beitrag leisten. Wir werden dem Antrag der Bundesregierung zustimmen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Als letzter Redner in dieser Debatte spricht Dr. Reinhard Brandl für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen gleichzeitig, ihre Gespräche einzustellen und dem Kollegen zuzuhören.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Das lohnt sich! – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Da kann man noch etwas lernen!)
Das ist auch ein Gebot der Fairness, des Umgangs untereinander. – Herr Brandl, Sie haben das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7063902 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA) |