Florian PostSPD - Bundeseinheitliche Netzentgelte für Strom
Verehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es stimmt, dass eine ungleiche Belastung der einzelnen Bundesländer bei den Kosten der Energiewende gegeben ist. Gerade durch den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien in den neuen Bundesländern ist hier der Netzausbaubedarf stark gestiegen. Zugleich werden diese Kosten in ländlich geprägten Regionen auf vergleichsweise wenige Verbraucher umgelegt. Dies hat zu deutlichen Steigerungen der Netzentgelte vor allem in der Regelzone von 50Hertz geführt. Auch Bayern hatte in TenneTs Regelzone überdurchschnittliche Erhöhungen der Netzentgelte zu verkraften.
Ich möchte kurz aus dem Koalitionsvertrag zitieren:
Die Koalition wird das System der Netzentgelte auf eine faire Lastenverteilung bei der Finanzierung der Netzinfrastruktur überprüfen.
Die Frage dieser bundesweiten Neuverteilung der Belastungen ist sicherlich keine Frage, die man allein mit Blick auf den Kompass beantworten kann. Bei den Netzentgelten geht es auch um Anreize für die Betreiber, um technische Weiterentwicklungen für die neuen Herausforderungen der Energiewende und darum, inwieweit wir Leistungskomponenten für diese Weiterentwicklung brauchen. Auch das wird im Koalitionsvertrag adressiert. Man muss aufpassen, dass man Anreize für Effizienzmaßnahmen gibt und gleichzeitig eine ungerechte Kostenverteilung vermeidet. Natürlich muss man immer berücksichtigen, dass die Energiewende eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist.
Wir haben in dieser Wahlperiode bereits viele Maßnahmen ergriffen, um dieses Gerechtigkeitsproblem bei der Verteilung der Stromkosten zu bewältigen. Wir haben eine bundesweite Wälzung der Kosten, die bei der Anbindung der Offshorewindparks entstehen, eingeführt. Auch die Kosten für den Bau der benötigten Gleichstromübertragungsleitungen, um die Netzengpässe schrittweise zu beseitigen, werden bundesweit umgelegt werden. Ebenso wird die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung deutschlandweit gewälzt. Mit der Einrichtung von Netzausbaugebieten verhindern wir zudem weitere regionale Kostensteigerungen für die Redispatch-Maßnahmen. Darüber hinaus sorgen wir mit der Novellierung des EEG für mehr Berechenbarkeit und Kostenkontrolle beim Ausbau weiterer erneuerbarer Energien. Aber wir dürfen das alles nicht in einem Hauruckverfahren umsetzen.
Mit dem Entwurf für das Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur gehen wir nun eine weitere Baustelle an, die der vermiedenen Netznutzungsentgelte. Würden wir diese aber erst einfrieren und dann schrittweise abschmelzen, würden wir hier weder mehr Transparenz noch mehr Gerechtigkeit herstellen. Das ursprüngliche Ziel dieser Regelung war ja gerade, dass wir dezentrale Erzeugungsanlagen durch die Auszahlung der vermiedenen Netzentgelte dafür belohnen wollten, dass sie durch eine lastnahe Erzeugung und dezentrale Einspeisung die Kosten für den Ausbau der Übertragungsnetze einsparen. Dieses Ziel wird zum Teil nicht mehr erreicht. Aber auch hier heißt es für uns: Lieber gewissenhaft zu arbeiten, als schnell Fehler zu machen.
Inwieweit eine Abschmelzung der vermiedenen Netznutzungsentgelte gerade bei nicht volatiler Versorgung sinnvoll ist, müssen wir im parlamentarischen Verfahren hier noch dringend klären. Die vermiedenen Netzentgelte tragen bei vielen Betreibern von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in ähnlich hohem Maße zur Kostendeckung wie die KWK-Förderung selbst bei, die wir hier ja erst vor kurzem gemeinsam beschlossen haben.
Wenn die Wirtschaftlichkeit dieser klimaschonenden Technologie durch das NEMoG nun wieder gefährdet werden würde, könnten wir das wirklich niemandem vermitteln, insbesondere nicht den vor allem in Ostdeutschland ansässigen betroffenen Betreibern von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen. Gerade deshalb glaube ich, dass die Beteiligung der Länder und eine gründliche parlamentarische Prüfung dieses Gesetzesvorhabens von besonderer Bedeutung sind.
Eine umfassende Neugestaltung der Netzentgelte- und Umlagesystematik ist geboten. Eine Umverteilung mit der Gießkanne kann aber sicherlich nicht die Lösung sein. Ein gewissenhaft ausgestaltetes NEMoG ist ein wichtiger Schritt für eine gerechte Verteilung der Lasten in Deutschland; eine blinde Wälzung wäre es hingegen nicht.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner für die Fraktion Die Linke ist der Kollege Roland Claus.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7063951 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Bundeseinheitliche Netzentgelte für Strom |