26.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 215 / Tagesordnungspunkt 16

Helga Kühn-MengelSPD - Patientenberatung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf der Besuchertribüne! Wir beraten ein wichtiges Thema, auch wenn es nur einen kleinen zeitlichen Rahmen erhält. Aber hier geht es um einen Aspekt der Versorgung, nämlich den Patienten und die Patientin im Gesundheitssystem besser zu informieren. Wir haben immer gesagt – ich habe es hier immer wieder für meine Fraktion gesagt und will es wiederholen –: Die gut informierten Patienten und Patientinnen bewegen sich nicht nur selbstbewusster im System, sondern auch ökonomischer. Alle profitieren davon, wenn man Wissen verstärkt.

Im Jahre 2000 – Frau Präsidentin, Sie wissen das noch – wurde die Unabhängige Patientenberatung Deutschland beschlossen und in das Gesetz aufgenommen; zunächst als Modellprojekt, weil man sich noch nicht richtig vorstellen konnte, wie es funktionieren sollte. Es gab damals vieles von dem, was wir heute haben, noch nicht. Es gab kein IQWiG, ein Institut, das mehr Transparenz in die Versorgung bringen sollte, bezogen auf Arzneimittel. Es gab kein IQTIG, eine Institution, die Transparenz in die Krankenhausabläufe bringen sollte. Es gab noch keine strukturierten Behandlungsprogramme, die definierten, was zu einer guten Versorgung gehört. Es gab übrigens auch noch keinen Patientenbeauftragen. Vieles andere, was in der Folgezeit in Sachen Qualität entwickelt worden ist, war auf dem Weg, aber noch nicht beschlossen.

Es gab aber ein Gesundheitssystem, das sich als ein System mit Über- und Unter- und Fehlversorgung darstellte. Es gab sehr viel Undurchsichtiges, wenig Koordination und Kooperation. Stark ausgeprägte Sektoren gibt es heute noch, und an den Sektorengrenzen gehen immer Informationen für die Patienten und auch Geld verloren. All das hat dazu geführt, dass gesagt wurde: Wir brauchen so etwas wie eine unabhängige Patientenberatung. Zunächst war es, wie gesagt, ein Modellprojekt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

– Ja, das verdient einen Applaus.

Ich habe mich in einigen Ländern in Europa ein wenig umgesehen und festgestellt: Etwas, was mit der Patientenberatung, die wir hier hatten, vergleichbar ist, gibt es nicht. Es gibt so etwas in Ansätzen in skandinavischen Ländern, auch in den Beneluxstaaten. Vergleichbares hatte England im Rahmen des National Health Service. Dort hat man aber irgendwann stattdessen ein Callcenter eingesetzt, und seitdem ist keiner mehr damit glücklich.

Unsere UPD hat sich aber gut entwickelt. Am Anfang hatte sie übrigens auch noch keine beeindruckende Qualität, aber sie wurde mit wirklich viel Engagement stetig verbessert. Das war schon ein sehr gutes Angebot für die Nutzer und Nutzerinnen des Systems.

(Beifall der Abg. Hilde Mattheis [SPD] und Kathrin Vogler [DIE LINKE])

– Frau Mattheis, Sie sind heute fast alleine damit, aber Sie überzeugen mich sehr mit Ihrem Beifall.

(Beifall bei der SPD – Tino Sorge [CDU/CSU]: Das ist qualitativer Beifall!)

Der Kollege von der CDU/CSU hat es deutlich gemacht: Nach und nach wurde das System immer weiter ausgebaut: Erhöhung der Zahl der Beratungsstellen auf 31, der Mittel von 5 auf 9 Millionen Euro; im Jahre 2011 wurde das Angebot zur Regelleistung. All das waren wichtige Schritte – ebenso die Verlängerung der Förderdauer; denn wir wollten eine Verstetigung erreichen,

(Hilde Mattheis [SPD]: Ja!)

damit die Mitarbeiter wussten, dass sie bleiben und ihre Kompetenz weiterentwickeln konnten.

Ich sage ganz offen – es ist ja auch gegen Ende einer Legislatur durchaus sinnvoll, dass man mal sagt, ob alles richtig war –: Ich hätte nicht gedacht, dass ein solcher Anbieter mit der Patientenberatung beauftragt würde. Wir alle haben sozusagen im Common Sense gedacht, der Auftrag könne ja nur weiter an den bisherigen Anbieter gehen.

(Mechthild Rawert [SPD]: Ein Teil hat das gedacht!)

– Ich will jetzt gar nicht streng sein. Ich sage nur, was viele gedacht haben, nämlich dass die Patientenberatung bei denen verbleibt, die den Qualitätsaufbau, die Qualitätssicherung und auch die Evaluation wirklich immer weiter verstärkt haben.

Jetzt war ein Auditor beim neuen Träger. Natürlich waren durchaus einige Punkte festzustellen: Die Erreichbarkeit wurde verbessert, nicht räumlich, sondern telefonisch, aber alle Zahlen, die vorgegeben worden sind, wurden noch nicht erreicht – das muss man sehen. Aber das Allerwichtigste – das sage ich auch im Namen meiner Fraktion – ist und bleibt die Unabhängigkeit der Patientenberatung.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Kathrin Vogler [DIE LINKE])

Deswegen sollte in der nächsten Legislatur doch noch einmal darüber nachgedacht werden, wie dieses Angebot ausgestaltet werden kann. Auch die Experten und Expertinnen haben das bei der Anhörung deutlich gemacht und eine Neuordnung gefordert. Wir von der SPD sagen: Das muss Bestandteil neuer Verhandlungen sein.

(Beifall bei der SPD)

Darüber muss man diskutieren. Das ist jetzt keine große Kritik, sondern ein Hinweis auf eine Notwendigkeit.

Ihrem Antrag können wir nicht zustimmen. Man kann nicht alles Mögliche infrage stellen und mal eben eine Finanzierung der Patientenberatung mit Steuermitteln und die Einrichtung des Amts des Patientenbeauftragten des Deutschen Bundestages fordern. Das muss man mit Ruhe machen. Man muss sehen, was sich bewährt hat und was nicht. Und ich sage es noch einmal: Dass eine solche Stelle Patienten und Patientinnen berät, ist gut. Die Unabhängigkeit müssen wir als noch höheres Gut ansehen.

(Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Und die Qualität nicht vergessen!)

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Reiner Meier [CDU/CSU])

Vielen Dank. – Jetzt spricht für Bündnis 90/Die Grünen Maria Klein-Schmeink.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7064648
Wahlperiode 18
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Patientenberatung
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