Erich IrlstorferCDU/CSU - Ausbildung und Arbeit in der Pflege
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Anträge der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen mit den Titeln „Gute Ausbildung – Gute Arbeit – Gute Pflege“ und „Integrative Pflegeausbildung – Pflegeberuf aufwerten, Fachkenntnisse erhalten“ enthalten inhaltlich viele Punkte, die Dr. Nüßlein, Erwin Rüddel und ich in unserem Kompromissvorschlag erarbeitet haben. Deshalb sehen wir keine Notwendigkeit, diesen beiden Anträgen hier zuzustimmen.
Uns eint die Überzeugung, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass in die Pflegeausbildung investiert werden muss, dass sie zukunftsfest gemacht werden muss, und hier sind wir übereinstimmend unterwegs. Ich bin überrascht, wie massiv und nahezu nicht fähig, einen Kompromiss einzugehen, sich Befürworter und Gegner der Generalistik hier gegenüberstehen.
(Mechthild Rawert [SPD]: Es gibt eine Kabinettsvorlage! Das ist schon ein Kompromiss!)
Aus meiner Sicht würden wir mit diesem Kompromiss sowohl den Befürwortern als auch den Gegnern der Generalistik eine Perspektive aufzeigen.
(Petra Crone [SPD]: Ich kann mich an keinen Kompromissvorschlag erinnern!)
Ich darf den entsprechenden Passus aus dem Koalitionsvertrag hier noch einmal verlesen, weil er einigen, die ihn mit verhandelt haben, offenbar nicht mehr geläufig ist – ich zitiere –:
Wir wollen die Pflegeausbildung reformieren, indem wir mit einem Pflegeberufegesetz ein einheitliches Berufsbild mit einer gemeinsamen Grundausbildung und einer darauf aufbauenden Spezialisierung für die Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege etablieren.
So steht es hier im Koalitionsvertrag.
Ich möchte in diesem Zusammenhang betonen, dass meine Fraktion und auch ich eine sinnvolle generalistische Einbindung der Elemente in die neue Pflegeausbildung durchaus befürworten. Viele pflegebedürftige Menschen, die in unseren Altersheimen und Einrichtungen wohnen, sind multimorbid mit Krankheitsbildern, die spezifische Pflege benötigen. Umgekehrt haben Menschen, die ins Krankenhaus kommen, oftmals einen speziellen altenpflegerischen Unterstützungsbedarf. Es ist also durchaus angebracht und wünschenswert, dass sich die verschiedenen Fachzweige hier auch gegenseitig befruchten.
Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir weiterhin die klassischen Spezialisierungen brauchen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Genau!)
Deshalb gibt es hier, meine sehr geehrten Damen und Herren, unseren Vorschlag dieses Modells „zwei plus eins“: zwei Jahre gemeinsame generalistische Ausbildung und ein Jahr Spezialisierung. Wenn dann diese Spezialisierung vollzogen ist, kann man zusätzlich einen weiteren Abschluss mit einem weiteren halben Jahr Ausbildung noch dazu wählen.
Wir wollen auch die Möglichkeit schaffen, leichter zwischen den Berufen zu wechseln. Zudem plädieren wir dringend für eine Abschaffung des Schulgeldes. Außerdem sind wir für die Angleichung der Gehälter in der Altenpflege an die Gehälter in anderen Pflegebereichen.
(Beifall des Abg. Heinz Wiese [Ehingen] [CDU/CSU])
Hierfür haben wir bereits die Rahmenbedingungen im PSG I und III miteinander geschaffen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, glauben Sie mir aber auch Folgendes, das wir nicht unter den Tisch kehren dürfen: Die Beschäftigten der Kinderkrankenpflege, aber auch die deutschen Kinderärzte sind vehement gegen die generalistische Ausbildung. Sie befürchten, dass die Kompetenzen und Fähigkeiten der Auszubildenden, die einmal für die Versorgung von Säuglingen und insbesondere von Frühchen zuständig sein werden, und die Qualität der Ausbildung massiv leiden werden.
Eine Petition an den Deutschen Bundestag, die fordert, dass die Kinderkrankenpflege als eigenständiger Beruf erhalten bleibt, wurde von 134 000 Menschen unterzeichnet. In einer repräsentativen Umfrage sprachen sich 90 Prozent der Betroffenen für einen Erhalt ihres Berufes aus. Auch große Teile der Altenpflege sind gegen eine generalistische Ausbildung. Es sind bei weitem nicht nur die Leitungen und Pflegeeinrichtungen, die sich zu 80 Prozent gegen sie ausgesprochen haben.
Meine Bitte und Aufforderung geht hier vor allem an die SPD und ihre Ministerin Frau Schwesig, die sicherlich für den Bereich der Altenpflege mitverantwortlich ist:
(Heike Baehrens [SPD]: Für die Zukunft wollen wir Wege gestalten und nicht rückwärts!)
Versuchen Sie nicht, die Pflegeszene zu täuschen, vor allem die Altenpflege. Wer unter dem Deckmantel von beruflicher Durchlässigkeit, Qualitätssicherung und verbesserter Bezahlung am liebsten durch die Hintertür einen dualen Ausbildungsberuf akademisieren will, handelt fahrlässig, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Mechthild Rawert [SPD]: Sie bieten der Altenpflege keine Zukunft!)
Ich möchte Ihnen auch klar sagen: Wir brauchen jeden Auszubildenden hier an den Pflegebetten, egal welchen Schultyps.
(Heike Baehrens [SPD]: Vor allem die Männer, genau!)
Deshalb ist es notwendig, dass wir heute, aber auch in Zukunft nicht ausgrenzen, sondern verbinden. Wir werden auch die Schülerinnen und Schüler aus der Mittel- und Hauptschule benötigen.
(Zuruf von der SPD: Das ist doch allen klar!)
Der Vorschlag Ihrer Kollegin Müller ist zukunftsweisend. Wir werden ihn prüfen. Wir hoffen, dass wir schnell zu einer guten Lösung kommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heike Baehrens [SPD]: Das ist die Meinung der Union? – Zuruf von der SPD: Das ist echt eine Rolle rückwärts der CDU/CSU!)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Kathrin Vogler, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7064665 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 215 |
Tagesordnungspunkt | Ausbildung und Arbeit in der Pflege |