26.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 215 / Tagesordnungspunkt 18

Bettina MüllerSPD - Ausbildung und Arbeit in der Pflege

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, die Stimmung, die aufgekommen ist, wieder etwas zu beruhigen. Ich bin weder mit dem, was Herr Irlstorfer vorgetragen hat, einverstanden, noch kann ich der Frau Kollegin Vogler folgen. Aber ich bin absolut der Meinung, dass wir schon vor dem Hintergrund eines riesigen Zeitdrucks ganz schnell zu einer Konsenslösung in diesem Bereich kommen müssen; denn allen Fraktionen – davon gehe ich aus – liegt die Pflege am Herzen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein gutes Wort!)

Wir haben in diesem Bereich in dieser Legislaturperiode mit den Pflegestärkungsgesetzen I bis III vieles geschafft. Wir haben wesentliche Leistungs- und Qualitätsverbesserungen auf den Weg gebracht; aber die Qualität der Versorgung wird auch maßgeblich von der Qualität der Ausbildung bestimmt. Daher wäre die Reform der Pflegeberufe natürlich der krönende, aber auch zwingend nötige Abschluss einer erfolgreichen Pflegepolitik.

(Beifall bei der SPD)

Es freut mich – um einmal etwas Positives zu sagen –, dass die beiden Oppositionsfraktionen dies ebenso sehen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Schon immer!)

Beide Anträge stellen zu Recht erheblichen Reformbedarf fest, analysieren die Situation auch korrekt, benennen die Herausforderungen: zu wenige Fachkräfte, schlechte Bezahlung, bescheidene Berufsperspektiven, kaum Aufstiegsmöglichkeiten und teilweise noch Schulgeldpflicht; ein sehr wichtiges Thema. Weder Alten- noch Krankenpflege sind für die demografischen Veränderungsprozesse ausreichend gewappnet, liebe Kolleginnen und Kollegen. Kranken- und Altenpflege wachsen zwar praktisch immer mehr ineinander, aber in der Ausbildung geht man weiter getrennte Wege.

Wir haben alle gemeinsam die Probleme erkannt, aber die Opposition setzt hier leider, wie ich sagen muss, Herr Irlstorfer, auf die falschen Lösungen.

(Beifall bei der SPD)

Der sogenannte integrierte Ansatz, die integrierte Ausbildung mit weiterhin getrennten Abschlüssen, löst viele Probleme nicht. Die Altenpflegeausbildung hätte zum Beispiel weiterhin keine EU-Anerkennung, unabhängig davon, dass wir das in dieser Wahlperiode gar nicht mehr gebacken bekommen würden, weil wir einen völlig neuen Finanzierungshintergrund ausverhandeln müssen. Sie wissen, dass die Länder mit der Generalistik an diesem Punkt einverstanden sind – ebenfalls ein ganz wichtiges Thema, bei dem wir weit gekommen sind und zu dem wir kein völlig neues Konzept auf den Tisch legen können.

Linke und Grüne waren ja schon einmal wesentlich weiter; das will ich einmal in Erinnerung bringen. Beide Fraktionen haben 2003 die Zusammenlegung der Ausbildung in der Kranken- und der Kinderkrankenpflege mitgetragen.

(Beifall bei der SPD – Dr. Harald Terpe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Fehler!)

Ihre Fachpolitiker haben damals die Reform als Schritt hin zur Generalistik – das kann man in den Reden noch nachlesen – bezeichnet und die spätere Einbeziehung der Altenpflege ausdrücklich gefordert und begrüßt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann auch aus Erfahrung lernen, Frau Müller! Man kann aus Erfahrung klug werden!)

Das Altenpflegegesetz von 2001 war ein Projekt der damals rot-grünen Bundesregierung.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man kann trotzdem aus Erfahrung lernen!)

Es wurde von der ersten grünen Bundesgesundheitsministerin auf den Weg gebracht. Leider haben sich die Grünen und die Linken dann wieder aus diesem gemeinsamen Prozess ausgeklinkt. Schade; denn angesichts der wirklichen geforderten Kraftakte, die wir hier in den nächsten Jahren leisten müssen, wäre natürlich eine breit getragene Reform besonders wichtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben; denn mit dem Gesetzentwurf sind wir doch in vielen Punkten auf Kritiker zugegangen, fast über die Grenze dessen hinaus, was ich für mich persönlich für vertretbar halte.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was ist denn die Lösung für die Kinderkrankenpflege?)

Dieser Gesetzentwurf ist doch nicht mehr die reine generalistische Lehre. Er ist ja bereits eine Mischform aus integrierter Ausbildung und generalistischem Ansatz; das müssen Sie ja zugestehen. Wir sind dabei gar nicht so weit auseinander.

Oft sind es nur sprachliche Feinheiten. So entspricht etwa der Vertiefungseinsatz in einem der drei wählbaren Schwerpunkte weitgehend der Spezialisierung des integrierten Modells, und diese Schwerpunkte werden dann auch mindestens 50 Prozent der praktischen Ausbildungszeit einnehmen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber wer ist der Träger dieser Ausbildung?)

Damit ist man den Betrieben doch schon bewusst sehr weit entgegengekommen,

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

und der Kompromiss, die Annäherung an das integrierte Modell, ist doch schon längst da.

Ich denke, der Gesetzentwurf ist auch für die Grünen und die Linken zustimmungsfähig. Hier gilt nämlich auch das Struck’sche Gesetz, das hier immer wieder bemüht wird. Vielleicht ist eine Annäherung ja nicht völlig ausgeschlossen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist die Lösung für die Kinderkrankenpflege?)

Wir dürfen – das will ich hier auch noch einmal sagen – nicht denjenigen Kräften nachgeben, die eine Reform der Pflegeberufe aus ganz anderen Gründen komplett verhindern wollen, und die Opposition sollte sich hier auch nicht vor den falschen Karren spannen lassen.

(Beifall bei der SPD – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tut ja auch keiner!)

Der Arbeitgeberverband für die private Pflegewirtschaft mit Rainer Brüderle an der Spitze gemeinsam mit Linken und Grünen: Das wäre eine Allianz! Sie müssen zugeben: Das wäre eine verkehrte Welt.

(Beifall bei der SPD – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine so dumme Unterstellung, Frau Müller!)

Frau Müller, das war jetzt ein schönes Schlusswort.

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Schönes Schlusswort“!)

Lassen Sie uns daher in der verbleibenden Zeit gemeinsame Lösungen suchen. Der Entwurf der Koalition für die Reform der Pflegeberufe ist, denke ich, eine gute Grundlage.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit so einer Unterstellung stellt man aber keinen Konsens her! Wo ist die Lösung für die Kinderkrankenpflege? Gibt es nicht!)

Vielen Dank. – Als Nächstes hat Kordula Schulz-Asche, Bündnis 90/Die Grünen, das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7064673
Wahlperiode 18
Sitzung 215
Tagesordnungspunkt Ausbildung und Arbeit in der Pflege
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