27.01.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 216 / Tagesordnungspunkt 29

Bernd WestphalSPD - CETA-Abkommen

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst herzlichen Glückwunsch an die neue Bundeswirtschaftsministerin. Viel Erfolg, viel Kraft und viel Glück in Ihrem neuen Amt!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Aufforderung, dass die Debatte hier weitergehen soll, ist völlig richtig; aber es kann ruhig etwas niveauvoller sein.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Klaus Ernst [DIE LINKE]: Das Niveau haben wir gestern gemerkt!)

Neue Argumente, die wirklich schlagkräftig sind, und eine seriöse Auseinandersetzung habe ich vonseiten der Linksfraktion hier noch nicht erlebt.

In dieser Woche haben wir hier in diesem Hause und auch im Wirtschaftsausschuss über den Jahreswirtschaftsbericht 2017 diskutiert. Im Zentrum dieser Debatte stand die Bedeutung, die Wichtigkeit des globalen Handels, den wir brauchen. Unsere exportorientierte Wirtschaft ist Voraussetzung dafür, dass wir Zugang zu Märkten haben. Sie sichert nicht nur die Zukunft unserer Wirtschaft, sondern auch den Wohlstand unseres Landes.

Wenn man verfolgt, was die Regierungschefin May in Großbritannien zurzeit auf ihrer politischen Agenda hat, fällt auf, dass sie in erster Linie Gespräche darüber führt, wie sie den Zugang zu Märkten sichern kann; denn sie muss Freihandelsabkommen aushandeln, um die Perspektiven der britischen Wirtschaft abzusichern.

Jetzt liegt hier dieser Antrag vor, um CETA zu verhindern; es ist nicht der erste Antrag zu diesem Thema. Das ist Ihr gutes Recht. Allerdings gehen Sie diesmal noch einen Schritt weiter. Sie formulieren, dass Sie CETA als europa- und verfassungsrechtlich problematisch einstufen. Dabei sind die Linken bereits mit Eilanträgen vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, mit denen sie die vorläufige Anwendung von CETA verhindern wollten. Ich war selbst bei den Verhandlungen vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe dabei und habe die Argumentation der Richter sehr genau verfolgt. Hören Sie endlich auf, das zu bekämpfen, was unserem Land nutzt!

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Widerspruch bei der LINKEN)

Seit genau drei Jahren diskutieren wir hier an dieser Stelle über immer mehr Anträge mit immer weniger Argumenten. Sie zaubern immer wieder neue Argumente aus dem Hut, die von Gerichten widerlegt werden. Nun fordern Sie in Ihrem Antrag ein ausführliches Gutachten des Europäischen Gerichtshofs, bevor über die vorläufige Anwendung Fakten geschaffen werden. Warum wird diese Forderung nicht an Ihre Kollegen im Europaparlament gestellt? Warum muss sich der Deutsche Bundestag überhaupt mit dieser Fragestellung befassen, wenn erst einmal das Europaparlament zuständig ist?

(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Ratifizierung!)

– Die Ratifizierung kommt danach. Erst einmal muss das Europaparlament beschließen. – Das wäre der Platz für die Forderung nach solch einem Gutachten gewesen. Dort gibt es diese Forderung allerdings nicht. Ich will Sie fragen: Warum haben Sie sich nicht mit Ihren Kollegen im Europaparlament in einem Dialog über diese Dinge ausgetauscht?

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Haben wir doch!)

Diese wurden bereits im November 2016 im Europaparlament mit satter Mehrheit abgelehnt. Jetzt beantragen Sie das Gleiche hier im Deutschen Bundestag. Keine wirklich originelle Idee!

Ihre politische Ablehnung von CETA soll juristisch aufgewertet und mit angeblichen schwierigen europa- und verfassungsrechtlichen Problemen in Verbindung gebracht werden. Man mag zu CETA stehen, wie man will, aber ich bin grundsätzlich nicht der Meinung, dass die Legitimität europäischer Abkommen und Institutionen deshalb hinterfragt werden kann, weil gewisse Entscheidungen, zum Beispiel im Handelsbereich, nicht gefallen sind.

Sie fordern die Bundesregierung auf, die Notifizierung an Kanada zur Inkraftsetzung der vorläufigen Anwendung von CETA zu verhindern. Damit sollen die vorläufige Anwendung und auch CETA insgesamt verhindert werden. Sie bezweifeln in Ihrem Antrag die Möglichkeit Deutschlands zur einseitigen Beendigung der vorläufigen Anwendung; allerdings hat das Bundesverfassungsgericht genau das in seinem Beschluss am 7. Dezember 2016 eindeutig festgestellt.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die Europäer sagen was anderes!)

Ich denke, das sollten Sie berücksichtigen. Die Bundesregierung hat eine entsprechende Erklärung in völkerrechtlich erheblicher Weise abgegeben. Die Juristischen Dienste der Kommission und auch des Europäischen Parlaments gehen davon aus, dass das Investitionsschutzsystem, wie in CETA vorgeschlagen, EU-rechtskonform ist. Das ist also eine klare juristische Bewertung, die zu einem anderen Ergebnis kommt als dem, das Sie in Ihrem Antrag zum Ausdruck bringen.

(Klaus Ernst [DIE LINKE]: Die Europäer sehen das anders!)

Das Bundesverfassungsgericht hat schon am 13. Oktober 2016 CETA behandelt und klargestellt, dass die Bundesregierung CETA im Rat zustimmen und sich auch für die vorläufige Anwendung aussprechen kann. Es gilt also auch weiterhin: Eilanträge, die vor dem Bundesverfassungsgericht – zuletzt vor zwei Wochen – verhandelt wurden, blieben erfolglos. Die Antragsteller hatten erneut gegen die vorläufige Anwendung geklagt und hatten damit keinen Erfolg.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Deutsche Bundestag hat am 22. September 2016 – es gab auch eine namentliche Abstimmung dazu – über den CETA-Vertragstext debattiert. In der Plenardebatte wurde die Notwendigkeit von Handelsabkommen nochmals unterstrichen. Es wurde darauf hingewiesen, dass sie eine Bereicherung für die Weltwirtschaft sind und welche Bedeutung die Standards haben, die dort definiert wurden. Inzwischen haben sich vier Ausschüsse des Europaparlaments mit CETA befasst und darüber beraten. Die Zustimmung des Europaparlaments steht kurz bevor und ist Voraussetzung für die Ratifizierung. Am 15. Februar wird sich das Parlament damit beschäftigen.

Wir als SPD haben uns immer für fortschrittliche und faire Handelsabkommen ausgesprochen. Gerade Sigmar Gabriel hat auf europäischer Ebene wie auch mit der kanadischen Seite mit Politik auf wirklich höchstem Niveau eine ganze Reihe von Verbesserungen in den ausgehandelten Text einbringen können. Wir haben immer gesagt, dass wir mit globalem Handel nicht nur freien Handel, sondern auch faire Bedingungen wollen. Genau diese sind hier verankert. Helmut Schmidt hat einmal gesagt: „Märkte sind wie Fallschirme: sie funktionieren nur, wenn sie offen sind.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linken, gerade vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen – die USA sind hier einige Male genannt worden – sind Sie mit Ihrem Antrag auf dem Holzweg. Deshalb werden wir ihn ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Vielen Dank, Bernd Westphal. – Die nächste Rednerin: Bärbel Höhn für Bündnis 90/Die Grünen.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7064815
Wahlperiode 18
Sitzung 216
Tagesordnungspunkt CETA-Abkommen
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta