Volkmar VogelCDU/CSU - Umsetzung einer EU-Richtlinie im Städtebaurecht
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal daran erinnern: Wir bringen heute das Gesetz zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt ein. Die Diskussion, die eben stattgefunden hat, zeigt mir, dass wir da auf einem guten Weg sind und sicherlich eine gemeinsame Position finden werden. Wir setzen damit eine EU-Richtlinie um, aber unter dem Strich kann man sagen: Wir ändern in dieser Legislaturperiode auch das Baugesetzbuch, insbesondere das Planungsrecht.
Frau Ministerin, unabgesprochen habe ich auf meinem Spickzettel auch vermerkt, dass es wichtig ist, dass wir schnell zu einem Ergebnis kommen. Deswegen vielen Dank auch an Ihr Haus, dass wir mit der Einbringung nicht im Verzug sind. Es kommt jetzt darauf an, dass sich der Bundesrat schnell – am 10. Februar – damit beschäftigt, dass wir unsere Anhörung konstruktiv durchführen und noch im März hier zu einem Ergebnis kommen. Die Menschen und die Kommunen warten aus mehreren Gründen darauf. Die Kommunen warten darauf, damit Rechtsklarheit bei der Anpassung im Bereich Ferienwohnungen herrscht. Klar ist, wir wollen nicht die sogenannten Rollladensiedlungen, sondern wollen Wohnen möglich machen. Aber wir brauchen auch Rechtsklarheit für die Bestände. Das ist für diejenigen wichtig, die in diesem Bereich tätig sind.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Wohnungssituation ist vor allem in den Ballungsräumen und in den sogenannten Schwarmstädten schwierig. Wir müssen hier zwei Strategien fahren, eine kurzfristige und eine, die langfristig wirken kann. Was die kurzfristige Strategie angeht, ist es richtig, dass wir unter bestimmten Voraussetzungen auch ein vereinfachtes Planungsrecht zulassen und dies – das möchte ich noch einmal ausdrücklich betonen – zeitlich begrenzen.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vereinfachte Handlungsfähigkeit ohne Bürgerbeteiligung, ohne Umweltprüfung!)
Wir sollten die Zeit aber auch nutzen, langfristig wirkende Instrumente auf den Weg zu bringen. Dazu gehört meiner Meinung nach insbesondere – wir hatten Mittwoch ein Expertengespräch dazu –, dass es möglich ist, in den Kommunen – auch mit Unterstützung des Bundes und der Länder – Brachflächen zu erschließen – ob Brachflächen der Bahn oder Militärkonversionsflächen sei dahingestellt –, um auf diese Art und Weise zusätzliches Bauland zu schaffen. Denn wie sollen wir ansonsten jungen Familien erklären, die aus ihrer Mietwohnung herauswollen und sich Wohneigentum bilden wollen – sei es durch ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung –, dass wir dem durch die ungenügende Bereitstellung von Bauland – noch dazu zu überhöhten Preisen – einen Riegel vorschieben? Deswegen ist es auch wichtig – das ist zwar nicht unser Thema –, dass wir bei der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eine Änderung auf den Weg gebracht haben. Auch das wird uns sehr dabei helfen.
Aber das Kernstück, wenn es um das bessere Leben in der Stadt geht, ist das urbane Gebiet. Ich kann mich daran erinnern, wie wir vor drei Jahren in unserer Fraktion darangingen, die Baunutzungsverordnung zu ändern. Da war die Diskussion noch eine ganz andere. Aber ich denke, wir haben es gut auf den Weg gebracht, dass die urbanen Gebiete hier eingeführt werden. Dadurch können wir zum einen Abstandsflächen verändern, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen, und zum anderen auch dafür sorgen, dass unsere Städte lebenswerter und attraktiver werden.
Ich will hier ausdrücklich sagen: Es geht nicht darum – denn auch die Diskussion hatte ich –, Wohnen in Gewerbegebieten zuzulassen. Damit würde man neue Konflikte verursachen. Es geht darum, Wohnen und Arbeiten zu verbinden; denn die Arbeitswelt hat sich verändert. Sie ist nicht mehr mit derjenigen von vor 50 Jahren zu vergleichen – so alt ist die jetzige Baunutzungsverordnung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn das nicht unsere Aufgabe ist, bitte ich doch darum, dass wir sehr sorgfältig vorgehen, wenn es um Veränderungen von Verwaltungsvorschriften geht. Ich meine hier insbesondere die TA Luft und die TA Lärm, die die Grundlage für das Verwaltungshandeln bilden. Bei diesem Thema dürfen wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern müssen sehr sorgfältig vorgehen.
Lassen Sie mich noch ein Wort zum ländlichen Raum sagen. Mir ist sehr daran gelegen, dass wir bei dem, was wir jetzt für die Städte auf den Weg gebracht haben – Stichwort „urbanes Gebiet“ –, auch an die kleinen Städte und an die Dörfer denken. Die kleinen Städte und Dörfer haben sich gewandelt. Die Industrieentwicklung der letzten 70 Jahre hat dazu geführt, dass sie oftmals nur noch Schlafdörfer sind. Aber Dörfer waren eigentlich etwas anderes. Dörfer waren eigentlich, im übertragenen Sinne, Gewerbegebiete, wo Landwirtschaft, wo Handwerk, wo Mittelständler, wo kleine Betriebe auf engem Raum des dörflichen Lebens zusammengearbeitet haben. Ich bin der festen Überzeugung, dass so etwas in Zukunft wieder besser möglich sein muss.
Ich glaube, das urbane Gebiet, das wir jetzt für Ballungszentrum und große Städte auf den Weg gebracht haben, ist ein gutes Beispiel. Das sollten wir auch in den Dörfern anwenden, damit der Schmied wieder im Ort arbeiten kann. Die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsumfeld für einen Schmied und einen Schlosser haben sich enorm gewandelt, genauso wie für einen Tischler oder einen Bäcker. Manch ein Bäcker möchte seine Bäckerei vielleicht aus praktischen Erwägungen heraus erweitern, weil zwei, drei Asylsuchende da sind, die gute Falafel backen. Das würde zu einem größeren Angebot führen, und die Asylsuchenden würden integriert und könnten hier arbeiten.
Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Satz sagen: Wir wollen das Baugesetz erneut novellieren; das haben wir in der vergangenen Legislatur auch getan. Ein wesentlicher Punkt, der damals eine Rolle gespielt hat, ist die Privilegierung landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich. Ich bitte darum, dass wir da sehr sorgfältig vorgehen und, wenn es um den Bau neuer Ställe geht, die landwirtschaftlichen Betriebe im Außenbereich von rein gewerblichen Ansiedlungen unterscheiden, weil ein Landwirt, dessen Familie den Hof vielleicht schon seit Generationen betreibt und die vor Ort notwendige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, zu unterscheiden ist von jemandem, der als Fremder kommt, um eine gewerbliche Tätigkeit auszuüben. Deswegen sollten wir zwischen denen unterscheiden, die da sind, und denen, die dazukommen. Die, die da sind, sollten wir nicht verteufeln.
Herr Vogel.
Wir sollten aber dafür sorgen, dass die schwarzen Schafe, die die Regelungen in irgendeiner Art und Weise ausnutzen, zur Rechenschaft gezogen werden.
Vielen Dank.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7064849 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 216 |
Tagesordnungspunkt | Umsetzung einer EU-Richtlinie im Städtebaurecht |