15.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 217 / Zusatzpunkt 1

Sabine ZimmermannDIE LINKE - Aktuelle Stunde zur wachsenden Gefahr der Altersarmut in Deutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bekämpfung von Altersarmut ist ein wichtiges Thema für die Linke. Deshalb lassen Sie mich gleich zum Kern dieser Debatte kommen: Immer mehr Menschen in Deutschland im Alter von 55 Jahren und älter sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Ihre Zahl stieg von 4,9 Millionen im Jahr 2010 auf 5,7 Millionen im Jahr 2015 an. Damit waren 2015  20,8 Prozent aller über 55-Jährigen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Das wird die Linke nicht hinnehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das sind die Fakten. Das ist keine Realitätsverweigerung, wie der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Herr Grosse-Brömer, jüngst in einem Gastbeitrag in der Welt behauptet hat, verbunden mit dem Vorwurf, die Linke trage immer die gleiche Armutsleier vor.

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Tun Sie ja auch!)

Herr Grosse-Brömer selbst präsentiert, wie nicht anders zu erwarten, neben politischen Giftpfeilen in seinen Aussagen leider keine weiteren Fakten zur Thematik. Ich sage Ihnen eins: Wenn Sie das Thema Altersarmut noch länger ignorieren, dann wird sich bald ein Chor von 5,7 Millionen Betroffenen Gehör verschaffen. Spätestens das wird Sie dann aus Ihrer Ignoranz wecken. All diesen Menschen zu sagen, sie existieren überhaupt nicht, finde ich herablassend und unverschämt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das hat sich die Linke auch nicht ausgedacht. Das sind die harten Daten von Eurostat, dem statistischen Amt der Europäischen Union. Ich finde, es ist eine grundlegende Frage des Anstandes in unserer Gesellschaft, dass die ältere Generation, die lange Jahre und Jahrzehnte schwer gearbeitet hat, für ihre Lebensleistung Anerkennung erfährt. Die Linke fordert: Im Alter muss man ein Leben in Würde führen können.

(Beifall bei der LINKEN)

Um es Ihnen anschaulich zu machen: Armutsgefährdung liegt laut Eurostat bei einem Einkommen bis 1 033 Euro netto im Monat vor. Wir reden also von Millionen Menschen in Deutschland, die nicht mehr als 1 000 Euro im Monat zum Leben haben. Wer hier im Parlament möchte behaupten, dass man damit ein sorgenfreies Leben führen kann? In München kann man davon kaum die Miete zahlen, und in Ballungszentren steigen die Mieten enorm. Strom, Wasser, Lebensmittel – alles wird teurer.

Diese Woche kam die Meldung, dass 6 Millionen Menschen der Strom abgedreht wurde – doch nicht, weil sie gern im Kerzenschein sitzen oder sich mit kaltem Wasser duschen wollen, nein, weil sie einfach kein Geld haben, um die Stromrechnung zu bezahlen. Das darf so nicht weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viele Ältere kommen in meine Bürgersprechstunde und berichten mir, dass sie im Winter nur einen Raum beheizen – den auch nur so wenig wie möglich –, sich lieber eine dicke Strickjacke oder einen dicken Pullover anziehen, um die Heizkosten zu sparen. Merken Sie eigentlich gar nicht, wie die Armut in Deutschland zunimmt? 5,7 Millionen ältere Menschen sind von Armut bedroht, und Ihnen fällt nichts anderes ein, als die Zahlen schönzureden, die Realität zu verdrängen oder diese Zahlen in Zweifel zu ziehen. Ihr Zynismus in dieser Debatte ist wirklich schwer zu ertragen. Sie sollten sich schämen.

(Beifall bei der LINKEN)

In der zunehmenden Armut Älterer spiegelt sich aber auch die gesamte Problemlage im Bereich Arbeit und Soziales wider: hoher Anteil von Niedriglöhnen, hohe Erwerbslosigkeit von Älteren, immer mehr Armutsrenten. Armut breitet sich zunehmend in Deutschland aus. Sie ist da, und man kann sie nicht in Gastbeiträgen wegschreiben, wie es der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion gerne macht.

Wir brauchen eine armutsfeste soziale Absicherung bei Erwerbslosigkeit, eine gesetzliche Rente, die zum Leben reicht, und wir brauchen einen Mindestlohn, der wirklich seinen Namen verdient. Er muss rauf auf 12 Euro.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer sich weigert, die Fakten zur Kenntnis zu nehmen, dass die Armut in Deutschland zunimmt, kann auch Armut nicht bekämpfen. Eine konsequente Bekämpfung der Armut geht nur mit der Linken.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Kollege Karl Schiewerling hat für die CDU/CSU-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7073048
Wahlperiode 18
Sitzung 217
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur wachsenden Gefahr der Altersarmut in Deutschland
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