Astrid FreudensteinCDU/CSU - Integrationspolitik
Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, es ist ja nicht sehr schwer, zu erkennen, was Sie hier machen: Sie nehmen die Themen Integration und Zuwanderung zum Vorwand, um uns hier schon einmal Ihr Bundestagswahlprogramm aufzutischen und eine kleine Generaldebatte vom Zaun zu brechen. Die Flüchtlingsthematik ist für solche durchsichtigen Wahlkampfspielchen eigentlich zu ernst und zu wichtig; aber Sie wollen es so.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ach, das können Sie besser! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Angesichts dessen, was Ihre Kollegen bei Amri im Innenausschuss veranstalten, gibt es auch noch andere ernsthafte Themen, die gerade instrumentalisiert werden!)
Sie wollen uns weismachen, dass im Zuge der Flüchtlingskrise erst so richtig offenkundig wurde, wie desolat unser Staatswesen ist. Ich sage Ihnen: Genau das Gegenteil ist der Fall. Im Zuge der Flüchtlingskrise wurde deutlich, wie stark unser Land ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wie kein anderes Land dieser Erde haben wir in Deutschland geholfen, wie kein anderes Land dieser Erde haben wir Humanität bewiesen, wie kein anderes Land dieser Erde haben wir soziale Verantwortung gezeigt.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Es scheint momentan unter Rechtspopulisten ebenso wie unter Linkspopulisten aber wieder schick zu sein, den Untergang Deutschlands zu propagieren. Dass die Ränder des politischen Spektrums eng beieinander liegen, konnten wir am vergangenen Wochenende bei der Bundesversammlung sehen.
(Beifall der Abg. Sabine Weiss [Wesel I] [CDU/CSU])
Es war ja fast schon beklemmend, mit ansehen zu müssen, wie ähnlich Ihr Verhalten in diesem Raum ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Einschließlich Seehofer!)
Sie von der ganz Linken und von der ganz Rechten haben offenbar Freude daran gefunden, unseren Rechts- und Sozialstaat in diesem Wahlkampf als marodes Gebilde darzustellen, das unfähig ist, seine Aufgaben zu erfüllen, aber immer noch fidel genug, um uns alle in den Untergang zu treiben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In Ihrem linkspopulistischen Manifest basteln Sie sich eine ganz schlichte Welt zusammen, eine Welt aus Gut und Böse, aus Schwarz und Weiß, und entsprechend einfach fallen Ihre Antworten aus.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Schwarz-weiß sind nur Sie, Frau Kollegin!)
Sie müssen selbst wissen, ob Sie das in Ordnung finden. Mir wäre nicht ganz wohl dabei.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Erlauben Sie mir ein paar Bemerkungen zu Ihren Ausführungen; denn blankem Linkspopulismus kommt man vielleicht am besten mit Fakten bei:
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)
Die Arbeitslosenquote ist seit 2005, also seit die Union Regierungsverantwortung trägt, von 11,7 auf 6,1 Prozent gesunken; sie hat sich fast halbiert. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist in dieser Zeit von 26 Millionen auf 32 Millionen gestiegen. Das Durchschnittseinkommen stieg von 29 000 Euro auf jetzt 36 000 Euro. Das führt unter anderem dazu, dass Deutsche noch nie in ihrer Geschichte so wenige Stunden arbeiten mussten wie heute, um sich einen Fernseher leisten zu können, nämlich im Schnitt 26 Stunden. Vielleicht auch aus diesem Grund sind laut einer Studie von TNS Infratest 92 Prozent der Bundesbürger sehr oder ziemlich zufrieden mit dem Leben in unserem Land. Seit zehn Jahren hat die Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland nicht weiter zugenommen.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ist aber auch nicht gesunken!)
Wir stehen beim Gini-Koeffizienten, der die Einkommensungleichheit anhand des verfügbaren Einkommens bemisst, besser da als der OECD-Durchschnitt.
Liebe Linksfraktion, ich weiß, dass all diese Fakten ungünstig sind, wenn man sich erst einmal vorgenommen hat, einen Wahlkampf dahin gehend zu führen, dass man den Untergang des Abendlandes propagiert.
(Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das macht doch Seehofer! Sie verwechseln uns mit Seehofer!)
Deshalb liefere ich Ihnen gleich noch ein paar mehr dieser für Sie so ungünstigen Fakten.
Ich möchte mich der Beschreibung unseres Sozialstaates widmen, nachdem Sie den Menschen jetzt weismachen wollen, dass es den in unserem Land so gut wie gar nicht mehr gibt:
Es gibt beispielsweise eine wichtige Kennzahl, die aussagt, welchen Anteil am Bruttoinlandsprodukt ein Staat für soziale Zwecke ausgibt. Seit Angela Merkel 2005 Bundeskanzlerin geworden ist, hat sich diese Sozialleistungsquote erhöht, und das, obwohl wir weniger Arbeitslose haben. Das heißt, weniger Bedürftige haben mehr bekommen. Unter Angela Merkel wurde der Sozialstaat eben gerade nicht ausgehöhlt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Geschliffen wurde er! – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Märchenstunde bei der CDU/CSU!)
Erst gestern hat das Kabinett Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner beschlossen. Ich halte diese Maßnahmen für wichtig.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Davon kann man gar nicht leben!)
Wir haben ein Bundesteilhabegesetz beschlossen, das wesentliche Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen bringt.
(Corinna Rüffer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt ist wieder Märchenstunde!)
Wir werden diesen Weg weitergehen. Auch hier haben wir gezeigt, dass wir Sozialstaat können.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Linksfraktion, ich will Ihnen einmal sagen, wo offenbar die grundlegenden Unterschiede in unserem Sozialstaatsverständnis liegen:
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Wir sind sozial!)
Sie sind der Meinung, dass man mit Geld alles richten kann. Ich sage Ihnen: Das kann man nicht, weil wir es mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun haben.
Sie sind für Gleichmacherei und bezeichnen das als Gerechtigkeit. Ich sage Ihnen aber: Menschen sind Individuen, und man wird ihnen eben nicht durch Gleichmacherei gerecht, sondern nur durch Fördern und Fordern, damit sie selbst das Beste aus ihrem Leben machen können.
Sie wollen 100 Milliarden Euro jährlich mehr in den Sozialhaushalt pumpen und glauben, das ließe sich dauerhaft finanzieren, indem man sich das Geld von den Reichen und Superreichen holt.
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Sie wollen sie ja in die Rüstung geben! Das unterscheidet uns!)
Ich aber sage Ihnen: Wir sind eine Solidargemeinschaft und keine Räuberbande mit ausgeprägter Selbstbedienungsmentalität, die sich einfach beim Bürger holt, was sie braucht.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sie wollen einen Mindestlohn von 12 Euro, das Ende von Hartz IV,
(Sabine Zimmermann [Zwickau] [DIE LINKE]: Genau!)
eine Rückkehr zur Rente mit 65 und eine Grundsicherung von mehr als 1 000 Euro. Damit würden Sie unseren Sozialstaat frontal gegen die Wand fahren, und für unsere Kinder und Kindeskinder bliebe nichts mehr übrig. Wenn es der Bundestagswahl im Herbst dient, ist Ihnen aber offenbar jedes Mittel recht. Ich sage Ihnen: Wir werden diesen Sozialstaat vor solchen Fantasien schützen, weil wir nicht die Letzten sind, die hier stehen, und weil auch die, die nach uns kommen, eine Grundlage brauchen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Noch ein paar Sätze zu dem Thema, das Sie als Vorwand für die heutige Debatte genommen haben, nämlich zur Integrationspolitik. Ihre Fraktionschefin und Oppositionsführerin hier im Bundestag hat bereits erkannt – was nicht so schwer ist –, dass man Zuwanderung begrenzen muss, um integrieren zu können. Davon steht in dem uns vorliegenden Antrag nichts. Wahrscheinlich haben Sie einfach vergessen, es hineinzuschreiben. Im Antrag steht nur, was Sie als Linksfraktion den Zuwanderern alles zugestehen wollen, unter anderem einen vollen Zugang zu allen Sozialleistungen. Das wären nach Ihren Vorstellungen für jeden Asylbewerber vom ersten Tag an 1 050 Euro netto im Monat. Ich will Ihnen sagen: Damit hätten wir einen solchen Pull-Faktor geschaffen, dass nie wieder ein Asylbewerber auf die Idee käme, in einem anderen Land als in Deutschland einen Asylantrag zu stellen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es gäbe eine explosionsartige Zuwanderung in unsere Sozialsysteme mit allen Folgen.
Ich sage Ihnen auch: Man muss für gute Integration tatsächlich Geld in die Hand nehmen. Um zu sehen, wie man das richtig macht, können Sie nach Bayern schauen. Dort schaffen wir Stellen bei der Polizei, Stellen bei der Justiz und natürlich auch Stellen in den Schulen. Da können Sie lernen, wie Integration funktioniert. Richten Sie das einmal Ihren Parteifreunden in Thüringen aus!
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nur weil ein Asylbewerber mehr Geld vom deutschen Staat überwiesen bekommt, so wie Sie sich das vorstellen, wird er sich garantiert nicht besser integrieren. Um zum Beispiel die deutsche Sprache zu lernen, braucht es Willen, Fleiß und Disziplin. Wenn man Begabung für Sprache hat, macht das das Ganze deutlich einfacher. Damit sind wir aber wieder bei dem grundlegenden Unterschied zwischen Ihrem und meinem Menschenbild. Jeder Mensch ist anders. Auch in einem Sozialstaat haben wir es mit Individuen zu tun.
Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil dessen Umsetzung unseren Sozialstaat innerhalb kürzester Zeit ruinieren würde. Möge der Wähler dafür sorgen, dass Sie mit Ihren Ideen nicht zum Zuge kommen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Daniela Kolbe [SPD] – Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Das werden wir erst mal sehen!)
Vielen Dank, Astrid Freudenstein. – Nächster Redner: Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn für Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7073491 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 218 |
Tagesordnungspunkt | Integrationspolitik |