16.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 218 / Tagesordnungspunkt 8

Marian WendtCDU/CSU - Präventionsstrategie gegen gewaltbereiten Islamismus

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vorbeugen ist besser, als das Nachsehen zu haben. Schön, dass auch der Opposition dieser Grundsatz der inneren Sicherheit mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Wichtig ist bei der Vorbeugung vor allem der präventive Gedanke – das ist richtig –, aber auch ein repressiver Ansatz,

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie gerne!)

der eine abschreckende Wirkung hat.

Ich möchte deswegen noch auf ein paar Punkte im Bereich Repression eingehen, die wir, glaube ich, im Bereich innere Sicherheit ausbauen müssen, um uns noch besser vor gewaltbereiten Islamisten zu schützen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was haben Sie denn die letzten drei Jahre gemacht?)

Dabei ist vor allem wichtig, zu prüfen: Wer kommt nach Europa? Wer reist in Deutschland ein? Wir müssen klar feststellen, dass die Hälfte – ungefähr jeder zweite Islamist, der in Deutschland lebt – einen ausländischen Pass hat. Deswegen sind folgende Punkte für mich wichtig, die auch dazu beitragen, uns vor gewaltbereiten Islamisten zu schützen:

Es geht um ein zentrales Ein- und Ausreisemanagement in der Europäischen Union und im Schengen-Raum. Es geht um eine bundeseinheitliche Definition des Begriffs „islamistischer Gefährder“. Und wir müssen vor allen Dingen die Nachrichtendienste weiter stärken und besser ausstatten, damit sie die islamistischen Strukturen im Inland, aber vor allen Dingen auch in Kooperation mit unseren Partnern im Ausland entsprechend aufklären und uns warnen können.

Wir beraten morgen in erster Lesung über die Einführung der Fußfessel für islamistische Gefährder; auch das ist ein wichtiger Schritt, um den gewaltbereiten Islam zu bekämpfen.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Über die Fußfessel und den Islam reden wir noch! – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wider besseres Wissen argumentieren Sie!)

Dieser Aspekt fehlt in Ihrem Antrag leider komplett.

Aber ich darf auf den Gedanken, den Sie hier vorbringen, eingehen. Es geht neben den repressiven Maßnahmen, die nötig sind, natürlich auch um Prävention. Hier verkennen Sie, Frau Mihalic, dass es bereits eine Präventionsstrategie der Bundesregierung im Bereich Extremismus gibt.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh, jetzt bin ich mal gespannt!)

Dieser Bereich befasst sich vorwiegend mit dem Rechts- und dem religiösen Extremismus; das begrüße ich nicht voll und ganz, Sie kennen meine Position zum Bereich Linksextremismus. Aber das ist vielleicht ein Thema für eine Debatte an einem anderen Tag.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir wollen, dass die Strategie funktioniert!)

Die Koalitionsfraktionen haben seit Sommer 2016 die einheitliche Extremismusstrategie mit den Programmen der Länder, der Kommunen und des Bundes gebündelt. Denn es ist uns wichtig, dass wir die Ressourcen effizient einsetzen – da sind wir ja bei Ihnen – und verhindern, dass sich weitere gewaltbereite Extremisten entwickeln, sich aus der Mitte unserer Gesellschaft etablieren. Deshalb begrüße ich auch ausdrücklich die Beschlüsse von CDU/CSU und SPD vom 6. Februar 2017 über ein nationales Präventionsprogramm gegen islamistischen Extremismus. Ich empfehle diese Lektüre sehr herzlich; ich kann sie Ihnen nachher gern geben.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie erst einmal unseren Antrag!)

Darin haben wir vier Bereiche bzw. Orte definiert, die im Kampf gegen den Islamismus für uns von Bedeutung sind und wo wir ansetzen müssen. Das sind zum einen Kommunen und dort ansässige Bildungseinrichtungen, Vereine, Verbände sowie muslimische Gemeinden. Das sind zum Zweiten das Internet und die vielfältigen Plattformen, auf denen Radikalisierung stattfindet. Ein dritter Aspekt sind der Strafvollzug und die Bewährungshilfe. Ein vierter Aspekt ist die Integration durch Beruf und Arbeit. Dieses Programm wird unter Federführung des Innenministeriums und des Familienministeriums gesteuert, und das macht Ihren Antrag überflüssig wie einen Kropf.

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, ganz sicher nicht!)

Leider musste ich beim Lesen des Antrags feststellen, dass es immer wieder in die gleiche Richtung geht:

(Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, in Richtung Prävention!)

Immer mehr Stellen im Sozialbereich, immer wieder mehr Geld!

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht nicht nur um Geld!)

Meine Damen und Herren, am Geld liegt es nicht. Wir geben als unionsgeführte Bundesregierung bereits 400 Millionen Euro pro Jahr für die allgemeine Extremismusprävention aus. Von Geldmangel kann also überhaupt keine Rede sein.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Geld auf Probleme zu schmeißen, ist ohnehin nicht alles. Gute Rahmenbedingungen sind meiner Meinung nach der effektivere Weg. Das fängt mit einer guten Umgebung für die Integration an. Mit dem neuen Integrationsgesetz sollen bessere Bedingungen für die Integration in unsere Gesellschaft geschaffen werden.

Die Menschen, die zu uns gekommen sind und hier leben wollen, dürfen wir nicht von einem Alibiprogramm ins nächste schieben; wer ein Bleiberecht hat, muss hier auch konsequent integriert werden. Der schnellste Weg der Integration ist nun einmal der durch Arbeit und nicht durch Stuhlkreise mit einem Sozialpädagogen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden! Sozialarbeit ist kein Stuhlkreis!)

Deswegen ist der Punkt Integration bei der Bekämpfung des islamistischen Extremismus der wichtigste; denn Integration ist die beste Prävention gegen den islamistischen Extremismus. Die bereits integrierten Muslime müssen meiner Meinung nach ganz deutlich Zeichen gegen Islamisten setzen. Sie müssen sich sichtbar und hörbar von Gewalt und Extremismus distanzieren, damit sie nicht in Verruf kommen, den Terrorismus zu unterstützen. Das ist wichtig für die Einheit unserer Gesellschaft.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie einfach strukturiert sind Sie denn!)

Weiße Salbe wie Ihren Antrag müssen wir nicht beschließen. Das Programm der Bundesregierung, gebündelt mit Maßnahmen der Länder und Kommunen und in Verbindung mit dem in Vorbereitung befindlichen Papier, ist der nächste richtige Schritt, um den gewaltbereiten Islamismus in Deutschland zu bekämpfen.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege Wendt, gestatten Sie zum Abschluss Ihrer Redezeit noch eine Zwischenfrage der Kollegin Brantner?

Gerne.

(Ulla Jelpke [DIE LINKE]: Die Rede war doch schon zu Ende!)

– Es waren noch zehn Sekunden.

Danke, dass Sie die Frage zulassen. – Ich möchte die Art und Weise, wie Sie gerade über die Präventionsarbeit vor Ort gesprochen haben, gerne zurückweisen. Sie haben Sozialarbeit mit einem Stuhlkreis gleichgesetzt. Dass Sie die Präventionsarbeit vor Ort, auf deren Funktionieren wir in essenziellem Maße angewiesen sind, als Stuhlkreisarbeit abtun, ist unterirdisch für jemanden, der die Sicherheit dieses Landes als Ziel hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN)

Offensichtlich wissen Sie nicht, wovon Sie sprechen. Sonst würden Sie nicht so reden. Meine Frage an Sie lautet: An wie vielen Orten waren Sie schon, an denen diese Arbeit geleistet wird, und warum diskreditieren Sie diese Arbeit so?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich antworte auf Ihre Frage ganz konkret: Ja, ich selber habe solche Orte besucht. In meinem Wahlkreis gibt es das Programm „Demokratie leben!“, für das 100 000 Euro im Landkreis zur Verfügung gestellt werden. Ich finde den angesprochenen Aspekt auch wichtig. Aber in Ihrem Antrag fordern Sie lediglich, den entsprechenden Mittelansatz zu erhöhen. Wir möchten neben der Sozialarbeit einen weiteren Weg gehen. Wir wollen vor allen Dingen Integration durch Arbeit, um so den Weg der Radikalisierung zu verschließen.

(Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen Sie erst einmal unseren Antrag! Er ist im Übrigen in Deutsch geschrieben und nicht auf Arabisch!)

Das Wichtige ist, dass wir die Menschen, die hier leben und vielleicht in der Gefahr sind, in extremistische Strömungen abzudriften,

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Ganz dünnes Eis!)

in der normalen Alltagsumgebung auffangen und kennenlernen. Wir sollten nicht versuchen, parallele gesellschaftliche Strukturen zu schaffen. Aus meiner Sicht sind die beste Umgebung für die Integration insbesondere im ländlichen Raum der Arbeitsplatz, Sportvereine und örtliche Feuerwehren. Wie die Erfahrungen in den Bereichen Links- und Rechtsextremismus zeigen, kann man dann den Problemen am besten Herr werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben den Antrag leider nicht gelesen!)

Nächste Rednerin ist die Kollegin Ulla Jelpke, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7073601
Wahlperiode 18
Sitzung 218
Tagesordnungspunkt Präventionsstrategie gegen gewaltbereiten Islamismus
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