16.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 218 / Tagesordnungspunkt 24

Astrid GrotelüschenCDU/CSU - Regionale Wirtschaftspolitik

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörer! Nachdem wir im letzten Jahr einen Antrag zur GRW gestellt hatten, den wir nicht öffentlich, zumindest nicht hier im Plenum, debattieren konnten, freue ich mich darüber, dass wir heute die Gelegenheit haben, uns zu diesem wichtigen Thema auszutauschen. Möglicherweise können wir diesen Antrag der Regierungskoalition, obwohl Herr Tressel die Punkte ein bisschen konträr angerissen hat, einstimmig verabschieden.

Regionale Wirtschaftsförderung ist wie das ERP-Vermögen bzw. die KfW regelmäßig Thema bei uns im Unterausschuss. Auch ich darf mich herzlich dafür bedanken, bei Ihnen, Frau Staatssekretärin, aber auch bei meinen Kollegen und Kolleginnen,

(Beifall des Abg. Bernhard Daldrup [SPD])

dass wir in diesem Ausschuss sehr gut zusammenarbeiten und die Themen, die wir hier diskutieren, gut vorbereiten. Einerseits geht es um den Weg der Neuausrichtung der GRW, andererseits aber auch um das ERP-Vermögen und die positiven Veränderungen bei der KfW im Bereich Wagniskapital und Risikobeteiligung. Das ist und bleibt spannend. Ich bin froh, dass wir diese wichtigen Aufgaben begleiten können.

Regionale Wirtschaftspolitik ist mit Blick auf die umfangreiche Mitberatung ein ganz facettenreiches Thema. Es betrifft die Bereiche Finanzen, Kommunales, Angelegenheiten der Europäischen Union, Verkehr, Digitales, Haushalt, Umwelt, Ernährung, Landwirtschaft, all das, was von den Kollegen bereits angeschnitten worden ist. Es handelt sich um einen integrierten Ansatz. Wir müssen diesen Ansatz noch verstärken, wenn es um die regionale Wirtschaftsförderung geht.

In unserem Koalitionsantrag geht es um den Weg, den wir einschlagen wollen. Oberstes Ziel der GRW ist es, bestehende Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen nicht mehr – das wissen wir längst – nach Bundesländern, nach Ost und West zu unterteilen. Wir suchen vielmehr einen Weg, gleichwertige Lebensverhältnisse zu erreichen. Ein Aspekt muss dabei immer im Fokus bleiben, nämlich Arbeitsplätze zu schaffen oder neu anzusiedeln. Diesbezüglich ist übrigens die Wirksamkeit der Unternehmensförderung, die über die GRW bereits geleistet worden ist, in Zahlen belegbar: In der Regel ist die Zahl der Arbeitsplätze nach einer Förderung um 3,3 Prozent gewachsen.

Gleichzeitig wird mit unserem Antrag klar, dass es im Zuge sich wandelnder Strukturen darum geht, dieses Ziel auch in Zukunft zu erreichen. Das geht natürlich nur, wenn wir Antworten auf die sich verändernden Rahmenbedingungen finden und rechtzeitig vor einer neuen Förderperiode die richtigen Impulse setzen. Insofern kann ich Herrn Tressels Argumentation nur zustimmen.

Ich betone: Wir brauchen unbedingt zeitgemäße Lösungen und angepasste Parameter zur Identifizierung von möglichen Förderregionen. Mit Blick zum Beispiel auf stark unterschiedliche durchschnittliche Arbeitslosenquoten – Frau Poschmann hat ein Beispiel aus ihrem Wahlkreis genannt; die Arbeitslosenquote ist derzeit ein stark zu gewichtender Faktor –, kombiniert zum Beispiel mit der Lebenssituation im ländlichen Raum, in dem auch ich zu Hause bin, wird sehr schnell deutlich, dass wir in Zukunft zusätzliche Kennziffern oder möglicherweise auch andere Gewichtungen oder gar beides in Kombination benötigen werden.

Ich sehe mit Sorge, dass gerade Kommunen im ländlichen Raum wegen Abwanderung schrumpfen, sich teilweise mit Leerstand von Gebäuden und Ladenlokalen oder auch mit dem Abbau von Infrastrukturen – ich nenne nur das Stichwort „Hausarztversorgung“ – auseinandersetzen müssen. Dieser Prozess ist in einigen Regionen bereits in vollem Gange, und den müssen wir stoppen.

Wir brauchen also ein deutlich verbessertes Fördersystem. Die GRW kann das nicht alleine leisten. Das ist, glaube ich, unbestritten. Das heißt, wir brauchen erstens eine Anpassung der Gelder für die Wirtschaftsförderung an diese neuen Herausforderungen, damit sie letztendlich vor Ort ankommen und dort zielgenau helfen können.

Zweitens muss ein verstärktes Augenmerk auf dem verbesserten Mittelabfluss in den Ländern liegen; auch dieser Punkt ist bereits angesprochen worden. Es ist sehr wichtig, dass alle Bundesländer rechtzeitig in die Gänge kommen, damit die Gelder abgerufen werden können und nicht wie in der jetzigen Förderperiode verspätet zur Verfügung stehen.

Drittens – ich werde nicht müde, dieses Thema anzusprechen – geht es auch um eine einfache und unbürokratische Antragstellung. Die Geschäftsführer meiner drei Wirtschaftsfördergesellschaften, die seit Jahren die GRW-Mittel begleiten, stöhnen jedes Jahr – wie ich finde, berechtigterweise; ich habe mir die Anträge auch angeschaut – ob der Kompliziertheit und auch der Anzahl der Formulare.

Die Höhe der Kofinanzierung und auch die Koordination – das sind beides Länderaufgaben – stehen ebenso in der Kritik. Hier gibt es im Sinne der kleinen und mittleren Unternehmen sicherlich noch viel zu verbessern. Aus meiner Sicht sind da die Wirtschaftsfördergesellschaften und vielleicht auch andere zentrale Ansprechpartner oder auch die sogenannten Single Points of Contact, die auch in unseren Antrag Eingang gefunden haben, eine wichtige Unterstützung. So können Anfragen am besten gebündelt und Informationsunterschiede zwischen den Kommunen, Landkreisen oder größeren Einheiten verringert und damit das Förderspektrum bedürfnisgerecht und unbürokratisch an die kleinen und mittleren Unternehmen angepasst werden.

Zusammenfassend möchte ich sagen: Dreh- und Angelpunkt bleibt nach wie vor – das macht der Antrag sehr deutlich – das klare Bekenntnis zur Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Sie ist seit 1969 das zentrale Instrument. Allein von 1995 bis 2014 wurden Fördermittel in Höhe von fast 41 Milliarden Euro bewilligt. Aus meiner Sicht ist die GRW schlicht und ergreifend das einzige wirtschaftspolitische Instrument, mit dem Bund und Länder gemeinsam den Abbau der regionalen Disparitäten gezielt fördern können. Deshalb sollte dieser strategische Ansatz der GRW auch in einer neuen Förderperiode ausdrücklich beibehalten werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, die Disparitäten – das wurde schon angesprochen – sind nach wie vor sichtbar oder entwickeln sich auch neu. Deshalb war es auch in der Vergangenheit ein wichtiger Schritt, dass wir die ungefähr 600 Millionen Euro an Fördergeldern seit drei Jahren konkret für die regionale Strukturförderung nutzen. Aus meinem Flächenwahlkreis mit einer Nord-Süd-Ausdehnung von fast 200 Kilometern weiß ich, dass die GRW-Förderung ganz klar ein Schlüsselinstrument zum Abbau ebendieser Unterschiede und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit ist.

Bei einer Weiterentwicklung der GRW geht es daher um direkte Investitionen, um eine wirtschaftsnahe Infrastruktur und um Maßnahmen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, und zwar nicht nur auf neue Arbeitsplätze bezogen, sondern insbesondere auch auf die Stabilisierung bereits bestehender Arbeitsplätze. Das heißt natürlich, dass wir noch mehr Raum für Innovationen brauchen und gezielt eine verstärkte Mittelstandsförderung angehen müssen. Gerade im ländlichen Raum ist die GRW damit auch aktive Demografiepolitik, wie ich es einmal nennen will. Prognosen gehen davon aus – das wissen wir alle –, dass unsere Bevölkerung ab 2020 weiter stark schrumpfen wird. Deshalb ist neben dem Thema Arbeitsplatzbeschaffung und deren Erhalt auch das wichtige Thema der Digitalisierung bei weiteren Fördermaßnahmen in den Vordergrund zu stellen.

Ich komme zum Schluss. Es geht insgesamt darum, übergeordnete gesellschaftspolitische Ziele zu erreichen und wichtige Wachstumsimpulse zu setzen. An den genannten Beispielen wird klar: Regionale Disparitäten führen nicht nur wirtschaftspolitisch zu Ungleichgewichten, sondern stehen der gesellschaftlichen Stabilität entgegen. Dies gilt es aus Sicht der Union zu verhindern. Wir haben ein Instrument dazu in den Händen und werden unseren Beitrag zur Weiterentwicklung der GRW in den kommenden Jahren leisten.

Ich darf mich ganz herzlich für Ihre Aufmerksamkeit bedanken.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Zum Abschluss dieser Antragsberatung hat der Kollege Bernhard Daldrup für die SPD das Wort.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7073661
Wahlperiode 18
Sitzung 218
Tagesordnungspunkt Regionale Wirtschaftspolitik
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta