16.02.2017 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 218 / Tagesordnungspunkt 14

Ute Finckh-KrämerSPD - Bekämpfung von Fluchtursachen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf den Tribünen! Es ist immer spannend, über Anträge, die vor über einem Jahr gestellt wurden, hier im Plenum auf Basis der Beschlussempfehlung zu diskutieren,

(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Er ist noch immer aktuell!)

weil sich einerseits manches als nach wie vor aktuell erweist – da haben Sie recht – und weil sich andererseits bestimmte Dinge verändert haben und der Fokus auf anderen Dingen liegt als noch vor über einem Jahr. Als Beispiel dafür, was nach wie vor aktuell ist, dienen in beiden Anträgen, über die wir heute diskutieren, die globalen Aspekte von Flucht, Vertreibung und Migration. Daran wird sich so schnell auch nichts verändern, weil hier langfristige Entwicklungen – wie es im Erläuterungsteil der beiden Anträge dargestellt wird; darüber sind wir uns alle im Großen und Ganzen einig – eine entscheidende Rolle spielen.

Da, wo es um kurzfristige Entwicklungen ging, zum Beispiel um die Frage, wie viel wir für humanitäre Hilfe ausgeben müssen, wenn sich die Zahl der Flüchtlinge, die sich auf den Weg nach Europa machen, dramatisch erhöht, hat sich im Vergleich zu der Situation vor über einem Jahr einiges verändert. Einige Herausforderungen, auf die in den Anträgen hingewiesen wird, haben wir inzwischen bewältigt. Dabei bestand manchmal die Notwendigkeit, die CDU/CSU-Kollegen zu überzeugen; das ist uns gelungen. Wir haben die Mittel für humanitäre Hilfe drastisch aufgestockt, und zwar über den Betrag hinaus, der in den beiden Anträgen gefordert wird, nämlich auf 1,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr. Es ist uns zudem dank der Zuarbeit der Haushälter gelungen, diesen hohen Betrag für humanitäre Hilfe in diesem Jahr zu verstetigen. Dementsprechend haben wir die Zusammenarbeit mit den internationalen Organisationen, die Menschen, die direkt von Krieg und Bürgerkrieg betroffen sind, in Nachbarländer geflohen sind und in Flüchtlingslagern leben, humanitäre Hilfe leisten, deutlich verstärkt. UNHCR und World Food Programme bekommen nun deutlich mehr Geld aus dem Bundeshaushalt als noch vor zwei Jahren.

(Beifall bei der SPD – Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das war dringend notwendig!)

Entwicklungen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht sichtbar waren, gab es im Bereich der internationalen Diskussion über humanitäre Hilfe und Flüchtlinge. Im letzten Jahr haben zwei Gipfel stattgefunden, an denen sich Deutschland intensiv beteiligt hat. Der eine war der World Humanitarian Summit in Istanbul. Der andere war ein Gipfel zur Flüchtlingshilfe in New York im Herbst letzten Jahres. Man kann, glaube ich, mit gutem Gewissen sagen, dass sich die deutsche Bundesregierung und ganz besonders das Auswärtige Amt als federführendes Ministerium intensiv beteiligt haben. In Istanbul war die Kanzlerin eine der wenigen Regierungschefs, die dort teilgenommen haben. Auch das finde ich gut und richtig. Das ist eine Konsequenz aus den Diskussionen, die wir hier im Plenum immer wieder geführt haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es stellt sich die Frage, wie wir mit den längerfristigen Entwicklungen umgehen. Einige der großen Entwicklungen sind in Ihren Anträgen genannt, die auch und gerade Afrika betreffen, obwohl ein Großteil der Flüchtlinge, die in den letzten Jahren Europa erreicht haben, gar nicht aus Afrika kommt, auch wenn die Bilder von den Seelenverkäufern, die in Afrika starten, und die Zahlen über die ertrunkenen Flüchtlinge uns allen zu schaffen machen.

Ein Großteil der Flüchtlinge kam aus den Bürgerkriegsregionen des Nahen Ostens, und ein Teil kam vom Balkan. Das heißt, da ist humanitäre Hilfe in den Nachbarländern Syriens und des Irak gefragt. Inzwischen ist die Frage viel aktueller, wie wir die Flüchtlinge, die jetzt für mehrere Jahre hier bleiben werden, vielleicht sogar auf Dauer, in unsere Gesellschaft integrieren, wie wir sie unterstützen, wie sie Ausbildungsplätze bekommen, wie ihre Ausbildung, wenn sie schon ausgebildet sind, anerkannt wird, wie diejenigen, die ihre Schule noch im Heimatland abgeschlossen haben, hier in die Universitäten kommen usw. Das heißt, wir diskutieren inzwischen über andere Themen.

Aber in Bezug auf Afrika diskutieren wir immer noch dasselbe. Ich möchte einen Punkt ansprechen, der auch aufgrund der Debatte, die wir seit zwei Jahren über Flucht und Migration führen, jetzt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erwähnt wird, nämlich die Frage, wie eigentlich innerhalb Afrikas nicht nur mit der Afrikanischen Union und den Regierungen diskutiert wird, sondern auch mit denen, die gezwungenermaßen oder weil sie keine Lebensperspektive in ihrem eigenen Land sehen, ihr Heimatland verlassen.

Das ist einer der Punkte, den ich Ihnen und euch noch mitgeben möchte. Wir müssen in der Diskussion darauf dringen, dass nicht nur über Flüchtlinge und Migranten geredet wird, nicht nur von außen Vorschläge gemacht werden, wie mit ihnen umgegangen werden kann oder soll, sondern auch gemeinsam mit der Europäischen Union und gemeinsam mit der Afrikanischen Union eine Debatte darüber begonnen wird, was eigentlich die Wünsche, die Erwartungen und die Hoffnungen der Menschen sind, die sich auf direkter Flucht vor Krieg und politischer Verfolgung oder auf der Suche nach besseren Lebensperspektiven befinden.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Heike Hänsel, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7073935
Wahlperiode 18
Sitzung 218
Tagesordnungspunkt Bekämpfung von Fluchtursachen
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